Süddeutsche Zeitung

Brose Bamberg:Rechtzeitig vielseitig

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Trotz eines turbulenten Saisonverlaufs hat Bamberg den Pokal gewonnen. In den Playoffs wollen sich die Routiniers wieder beweisen.

Von Ralf Tögel

Zwei freie Tage sind zur Zeit ein seltener Luxus für einen Basketball-Profi. Schon allein deswegen ist Elias Harris sehr entspannt, und sagt: "Ich glaube ich habe das Antwerpen-Wochenende mittlerweile auch verkraftet." Dort musste der Vize-Kapitän von Brose Bamberg zwei üble Pleiten verdauen. Der neunmalige deutsche Meister hatte sich für das Final Four der Champions League qualifiziert, der Wettbewerb gilt hinter Euroleague und Eurocup als das dritthöchste Format des Kontinents und angesichts des Halbfinalgegners Bologna war das Finale durchaus drin. "Es hat nichts geklappt", sagt Harris. Auch das kleine Finale gegen Antwerpen ging nach miserabler Leistung klar verloren. "Das hat uns schon zugesetzt", sagt der 27-Jährige, aber nun sei man neu fokussiert und bereit für die Playoffs um die deutsche Meisterschaft. Bamberg spielt am Sonntag (20.30 Uhr) beim Überraschungsteam Rasta Vechta, der Aufsteiger hat sogar Heimrecht, denn Brose hat die Hauptrunde hinter den Niedersachsen auf dem fünften Platz abgeschlossen.

Unerhört eigentlich, denn die Ansprüche im Umfeld sind traditionell hoch. Harris ist der dienstälteste Profi in Bamberg, er war Teil jener Mannschaft, die von 2015 bis 2017 nicht nur dreimal in Folge Meister wurde, sondern die Liga dominierte. "Das kommt halt mit dem Erfolg, das haben wir uns über die Jahre aufgebaut, daran gewöhnt man sich als Fan und hat uns gegenüber eine gewisse Erwartungshaltung." Dabei ist Bamberg der einzige Bundesligist, der diese Saison im Pokal gegen Berlin bereits einen Titel gewonnen hat. Auch das Endrunden-Ticket für die Champions League ist nicht leicht zu lösen und überhaupt, die Playoffs stehen ja noch an.

Auch wenn die Hauptrunde der Liga nicht nach Wunsch verlief und trotz des Antwerpen-Wochenendes: Bamberg sollte nicht abgeschrieben werden. Daran hat die Mannschaft mit dem 97:65-Kantersieg gegen Würzburg zum Hauptrundenabschluss erinnert. Harris hat weitere Argumente: "Gott sei Dank sind alle Spieler fit", denn Trainer Federico Perego musste im Saisonverlauf oft auf Stammpersonal verzichten, was nicht zuletzt für Elias Harris galt. Der 2,03 Meter große Flügelspieler, der seit sechs Jahren für Bamberg aufläuft und davor unter anderem kurz für die LA Lakers in der NBA gespielt hat, präsentiert sich rechtzeitig wieder in prächtiger Form. Harris ist einer der Schlüsselspieler, er hat einen sicheren Distanzwurf, vermag mit großer Physis zum Korb zu ziehen, ist als Passgeber wertvoll - Perego weiß seine Vielseitigkeit zu schätzen. Das Team ist insgesamt sehr routiniert, Spieler wie Nikolaos Zisis, Augustine Rubit, Ricky Hickman oder Bryce Taylor sind alles exzellente Könner, wie auch Tyrese Rice. Der korbgefährliche Spielmacher wurde soeben zum wertvollsten Spieler der Champions League gekürt. Gleichwohl wird es für sie in dieser Besetzung wohl die letzte große Herausforderung.

Es gab indes nicht nur auf dem Spielfeld turbulente Zeiten zu überstehen, Trainer, Sportdirektor und Geschäftsführer mussten im Laufe der Saison gehen. Gerade wurde im Belgier Leo De Rycke ein neuer Sportdirektor verpflichtet. Auch Perego sitzt dem Vernehmen nach nicht gerade fest im Sattel. "Man bekommt das natürlich mit, aber unser Job ist, Basketball zu spielen. Das sind nicht meine Kämpfe", sagt Harris. Und Basketballspielen kann die Mannschaft nach wie vor ausgezeichnet, Bamberg ist eines von wenigen Teams das in Vechta gewinnen konnte. Der Gegner muss überdies in Clint Chapman und Center Seth Hinrichs auf wichtiges Personal verzichten, Harris sieht vor allem im Spiel unter dem Korb einen Vorteil. Dennoch: "Vechta spielt schnell, aggressiv, leidenschaftlich, einfach sehr guten Basketball". Weder die Verletzten noch die Tatsache, dass Vechta Endrunden-Neuling ist, will Harris zudem überbewerten.

Das Halbfinale sei nur über eine Teamleistung zu erreichen, "vor allem müssen wir defensiv konstant spielen". Und dann? "Ist alles drin. Jeder will Meister werden."

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SZ vom 18.05.2019
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