Brose Bamberg:Keine Zeit zum Grübeln

Dominic Lockhart (Brose Bamberg) im Zweikampf mit Elias Harris (MHP Riesen Ludwigsburg), Brose Bamberg vs. MHP Riesen Lu

Bambergs Topscorer beim Saisonauftakt: Zugang Dominic Lockhart erzielte gegen Hamburg in der Bundesliga am Sonntag 20 Punkte.

(Foto: Memmler/imago)

Zum Saisonstart fehlt es in Bamberg an Konstanz und Feinabstimmung.

Von Ralf Tögel

Bayern gegen Vechta? Berlin gegen Frankfurt? Weder noch, den interessantesten Vergleich zum verspäteten Saisonstart in die Basketball-Bundesliga (BBL) versprach die Paarung der Hamburg Towers gegen Brose Bamberg. Das Duell zweier Teams, deren vergangene Saison nicht nur wegen der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Unterbrechungen und Änderungen als verkorkst anzusehen war. Auf der einen Seite die gastgebenden Hanseaten, die es als Aufsteiger ausgerechnet dem vermaledeiten Virus zu verdanken hatten, dass sie nicht gleich wieder zurückgestuft wurden - es gab bekanntlich keine Absteiger. Auf der anderen Seite der ehemalige Serienmeister, dessen glorreiche Zeiten durch eine Reihe an Entlassungen von Spielern, Trainern, Sportdirektoren oder Geschäftsführern in jüngerer Vergangenheit vorbei zu sein schienen.

Doch in dieser Saison haben beide Klubs das Zeug für positive Nachrichten, auch die Partie hielt was sie versprach. Die erste Erfolgsmeldung freilich darf Hamburg für sich beanspruchen: In der vor allem im finalen Viertel spannenden Begegnung dominierten über weite Strecken die Bamberger Gäste, die acht Minuten vor dem Ende noch mit elf Punkten führten. Doch die entscheidenden Würfe in der nervenaufreibenden Schlussphase trafen die Gastgeber und gewannen mit 78:75 Punkten - letztlich angesichts der hohen Fehlerquote der Bamberger nicht unverdient.

Die wichtigsten Zugänge standen bei beiden Teams neben dem Spielfeld, Hamburg konnte sich die Dienste des umworbenen Vechta-Trainers Pedro Calles sichern, bei den Oberfranken steht der Niederländer Johan Roijakkers an der Seitenlinie, der aus Göttingen gekommen ist. Beide Coaches eint, dass sie in ihren bisherigen Vereinen trotz limitierter Vorgaben, was sich zuvorderst auf die finanziellen Möglichkeiten bezieht, sehr erfolgreiche Arbeit geleistet haben. Dies sollen sie nun bei den neuen und ungleich potenteren Arbeitgebern fortsetzen. Dafür haben sowohl die Towers wie auch Brose den sportlich Verantwortlichen bei der Zusammenstellung des jeweiligen Kaders reichlich Spielraum gelassen und auch einiges Geld in die Hand genommen.

Roijakkers brachte aus Göttingen die Neu-Nationalspieler Bennet Hundt und Dominic Lockhart mit, Michele Vitali ist Kapitän der italienischen Nationalmannschaft und zuletzt wurde in Devon Hall ein Guard verpflichtet, der bei den Oklahoma City Thunder sogar NBA-Erfahrung sammelte. Hall feierte in Hamburg sein Debüt für die Franken und war hinter Topscorer Lockhart (20 Punkte) mit 13 Zählern auf Anhieb zweitbester Werfer. Vielleicht steht der Amerikaner ja beispielhaft für das, was den Bambergern noch fehlt: die Feinabstimmung. Ein Führungsspieler, der im ersten Pflichtspiel sein Debüt im neuen Umfeld gibt, kann noch nicht vollends integriert sein und lebt allein von seiner Klasse. Ein Defizit indes, das sich von Spiel zu Spiel verbessern dürfte. Auch das Fehlen von Kenneth Ogbe, der in die deutsche Auswahl berufen wurde und wegen bevorstehenden Vaterglücks zu Hause geblieben war, hat sich sicher nicht allzu positiv auf die Leistung des Teams ausgewirkt. So fehlte es im Brose-Team einmal mehr an Konstanz, sehenswerten Phasen folgten unerklärliche kollektive Aussetzer. Roijakkers hatte dies schon in der Vorbereitung bemängelt, nie war es dem Team gelungen, über die volle Spielzeit eine stabile Leistung zu zeigen - so auch in Hamburg.

Nach einem flotten Schlagabtausch zu Beginn, bei dem beide Kontrahenten die Defensivarbeit vernachlässigten, steigerte sich Bamberg und erspielte sich zur Halbzeit eine zweistellige Führung (50:40). Und offenbarte zu Beginn der zweiten Halbzeit die typische Wankelmütigkeit. Brose produzierte leichte Fehler, nahm schlechte Würfe und brachte Hamburg zurück in den Rhythmus. Das ging nach diesem Muster weiter: Bamberg legte wieder zweistellig vor, leistete sich unerklärliche Schwächephasen - und verlor. "In der zweiten Hälfte haben wir offensiv nicht mehr stattgefunden, wir haben die Ballbewegung einfach vergessen", sagte Roijakkers.

Viel Zeit zum Grübeln bleibt dem Coach nicht, er verlangt schlichtweg weniger Vergesslichkeit beim Champions-League-Gastspiel am Dienstagabend bei Bilbao Basket. In diesem Wettbewerb hat Brose das bisher einzige Mal eine über 40 Minuten stabile Leistung gezeigt, beim Saisonauftakt vor zwei Wochen: Brose gewann das Spiel bei Fortitudo Bologna mit 100:63 Punkten.

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