Bronze für deutsche Biathlon-Staffel:Erleichterung bei den Wackelkandidaten

Es war nicht wirklich besser am Schießstand - dennoch reichte es für Bronze: Die deutsche Männer-Staffel ist zufrieden mit dem dritten Rang hinter Weltmeister Norwegen und Frankreich. In der Ruhpoldinger Loipe hatte sich das deutsche Team stark präsentiert, eine bessere Platzierung vergab das Quartett mit dem Gewehr.

Joachim Mölter, Ruhpolding

Die Vorfreude auf das WM-Rennen am Freitagnachmittag war groß gewesen unter den 28 000 Biathlon-Fans in der Chiemgau-Arena von Ruhpolding. "Dann schauen wir mal, was die Neuner macht", sagte ein Zuschauer auf dem Weg zur Strecke zu seiner Begleiterin. Das Paar wird wohl ziemlich enttäuscht den Heimweg angetreten haben.

Pfeiffer from Germany skies to third palce in the men 4 x 7.5 km relay race at the Biathlon World Championships in Ruhpolding

Ruhpolding feiert: Schlussläufer Arnd Peiffer kurz vor dem Zieleinlauf

(Foto: REUTERS)

Denn die Neuner, Magdalena mit Vornamen, machte an diesem Tag gar nichts, sie schaute sich im Mannschaftshotel vor dem Fernseher an, wie Norwegen nach 1:17:26,8 Stunden die Männer-Staffel über 4x7,5 Kilometer gewann und Frankreich (29,7 Sekunden zurück) sowie Deutschland (53,0) die weiteren Medaillenränge belegten. Im vorletzten Wettbewerb dieser Titelkämpfe schafften es die deutschen Skijäger also endlich aufs Siegerpodium - die Erleichterung im deutschen Team war mindestens so groß wie die Freude der Fans.

Nachdem Magdalena Neuner am Mittwoch im Einzelrennen über 15 Kilometer erstmals keine Medaille bei dieser Biathlon-WM ergattert hatte, erwog sie zwar eine Teilnahme bei ihren Kollegen - aber nur im Scherz. "Sechs Medaillen werde ich nicht mehr gewinnen, der Traum ist ausgeträumt", schrieb sie auf ihrer Homepage im Internet: "Es sei denn, ich darf in der Herren-Staffel mitlaufen."

Das durfte natürlich nicht mal sie, die Ausnahme-Biathletin des Deutschen Skiverbandes (DSV). Die Trainer nominierten wie gehabt ausschließlich Männer für die Männer-Staffel: Simon Schempp (Uhingen), Andreas Birnbacher (Schleching), Michael Greis (Nesselwang) und Arnd Peiffer (Clausthal-Zellerfeld).

Das waren zwar die namhaftesten Sportler, welche die Trainer im Aufgebot finden konnten. Aber die Aufstellung war nicht ohne Risiko: Startläufer Schempp hatte zuletzt im Einzelrennen als 90. mit sieben Fehlschüssen nicht den sichersten Eindruck gemacht und Schlussmann Peiffer bei dieser WM schon zweimal eine mögliche Goldmedaille beim letzten Schießen verfehlt.

"Ich traue ihm wegen seiner grundsätzlichen Gelassenheit zu, dass er die Ruhe am Schießstand bewahrt", sagte Michael Greis, der zu seinen besten Zeiten stets als letzter Mann ins Ziel geskatet war, unter anderem beim WM-Erfolg 2004 in Oberhof und beim Olympiasieg 2006 in Turin. Das sind die bis dato letzten Triumphe deutscher Männer-Staffeln.

Trainer Mark Kirchner, der vor 20 Jahre in Albertville mithalf, das erste olympische Staffelgold für Deutschland zu holen, hatte vor allem dem 23 Jahre alten Schempp sein Vertrauen ausgesprochen: "Er hat schon in Vancouver gezeigt, dass er unter großem Druck eine bravouröse Leistung zeigen kann." Bei Olympia 2010 hatte es dennoch zu nicht mehr als dem fünften Platz gereicht.

Strafrunde für Björndalen

An diesem Freitag übergab Schempp an sechster Stelle liegend an Andreas Birnbacher, knapp zwölf Sekunden nach dem Führungstrio Russland, Ukraine und Frankreich. "Der Abstand ist okay, wir sind in Schlagdistanz", fand Schempp, der erleichtert war, dass er nur einmal hatte nachladen müssen: "Das geht noch." Besser machten es an diesem Tag seine Teamkollegen aber auch nicht.

Selbst der prominenteste Startläufer, der Rekord-Weltmeister Ole Einar Björndalen aus Norwegen, hatte das Schießen nicht fehlerfrei hinter sich gebracht, er musste sogar eine Strafrunde drehen, was die Titelverteidiger fast eine Minute zurückwarf - aber angesichts seiner laufstarken Nachfolger Tarjei Bö und Emil Hegle Svendsen nicht aussichtslos.

Von den Medaillenanwärtern waren nach dem ersten Läufer nur die Schweden schon chancenlos ins Hintertreffen geraten - Ted Armgren hatte drei Scheiben stehenlassen. Das war Pech für ihren zweifachen Medaillengewinner Carl Johan Bergman: Der war in dieser Woche Vater geworden und nach einem kurzen Heimaturlaub erst kurz vor dem Staffelrennen nach Ruhpolding zurückgekehrt.

Andreas Birnbacher hatte die DSV-Staffel dann auf einen Medaillenrang gebracht, obwohl er viermal nachladen musste. "Ich muss zugeben, dass ich heute Druck gespürt habe", sagte der einzige Einheimische im deutschen Team: "Aber ich dachte mir - jetzt reiß' Dich mal zusammen!"

Auf der dritten Etappe schälten sich dann die späteren Medaillengewinner heraus, als der Russe Jewgeni Garanitschew wegen einer Strafrunde aus dem Kampf um die vorderen Plätze fiel. Von da an war klar: Franzosen, Norweger und - dank des sicheren Stehendschützen Michael Greis - die Deutschen würden die Entscheidung unter sich ausmachen. "Ich bin gut mitgekommen, das hat gepasst", fand der Routinier.

Die Entscheidung fiel beim letzten Schießen: Frankreichs Doppel-Weltmeister Martin Fourcade musste zweimal nachladen, was der fehlerlose Svendsen nutzte, um davonzuziehen. Arnd Peiffer sicherte letztlich die Bronzemedaille für die DSV-Männer, allerdings nicht ohne die 28 000 Fans auf der Tribüne noch mal kurz auf die Folter zu spannen: Er kam erst nach zweimaligem Nachladen vom Schießstand davon.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: