Breno beim FC Bayern:Fünf Stunden Fußball für die Zukunft

Jailed Breno back at Bayern on day release

Breno: Soll bald wieder beim FC Bayern trainieren

(Foto: dpa)

Der Häftling Breno bekommt etwas Freiheit. Wochentags kann er dann fünf Stunden zum FC Bayern. Damit gehört der Fußballer Breno, der sein Haus angezündet hat, wieder dazu. Irgendwie.

Von Michael Neudecker

Die Kameramänner sind schon da, als Breno kommt, natürlich ist das ein gutes Zeichen, die Kameramänner sind ja immer schon da, wenn jemand von Interesse auf das Gelände des FC Bayern an der Säbener Straße einbiegt. Der moderne Fußball ist vor allem ein moderner Unterhaltungsbetrieb, und die einfachste Regel der Unterhaltungsbranche lautet: Wer gefilmt wird, gehört dazu. Breno, der Fußballer, der sein Haus angezündet hat, gehört jetzt auch wieder dazu.

Irgendwie.

Es gibt auch Fotos von Brenos Ankunft beim FC Bayern am Montagvormittag, Breno in einem FC-Bayern-Auto, als Beifahrer, er hat ja keinen Führerschein; und es gibt Fotos von seiner Abfahrt, in Stadelheim, Justizvollzugsanstalt. Und dann: Breno, auf dem Podium im Presseraum des FC Bayern, neben ihm Uli Hoeneß, über ihm leuchten die Scheinwerfer, er trägt ein hellblaues, kurzärmeliges Hemd, die Oberarme sind kräftiger geworden, die Tattoos zumindest nicht weniger.

"Erst einmal danke", sagt Breno, an die JVA und den FC Bayern "für diese Chance", er redet nicht viel, "meine Deutsch ist nicht so gut", er lächelt. Er sei, Entschuldigung, "bisschen nervos".

In der Erklärung der JVA, die zu Beginn der Pressekonferenz verlesen wird, steht, "Herr Breno" trete nun seine Resozialisierungsmaßnahme an, er ist, so heißt das, Freigänger: Von 8.30 bis 13.30 Uhr ist er beim FC Bayern, bei Wolfgang Dremmler, dem Leiter des Nachwuchszentrums. Dremmler sagt, Breno arbeite bei ihm "in der Administration", was immer das auch heißen mag, und im Trainerstab der U23-Mannschaft. Dremmler und der Co-Trainer der U23, Rainer Ullrich, werden sich vor allem um Breno kümmern, Dremmler sagt, es sei wichtig, "den Kopf frei zu kriegen von dieser Knast-Mythologie". Uli Hoeneß sagt, es gehe darum, Breno "fit zu machen" für die Zeit nach der Haft, er werde trainieren beim FC Bayern, mit wem und wie, wird man sehen. Fußballspielen darf er nicht, als Nicht-EU-Bürger bekommt er keine Arbeitserlaubnis.

Im Gefängnis hat der Häftling Breno in der Wäscherei gearbeitet, jetzt bekommt er fünf Stunden Freiheit, immer wochentags. Danach, so sagt es Dremmler, "wird er wieder eingeschlossen".

Es handle sich hier, das steht auch in der Erklärung der JVA, um "eine besondere Ausnahmesituation eines inhaftierten Profisportlers", und das stimmt schon so: Breno Vinicius Borges aus São Paulo wurde im Juli 2012 wegen schwerer Brandstiftung zu drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt, der Prozess wurde damals bundesweit verfolgt, ein Profifußballer aus einer höheren Liga, der für so lange Zeit in den Knast muss, das gab es zuletzt in den Achtzigern, als der Fußballer Ralf von Diericke in Wuppertal eine Spielhalle ausraubte.

Von Diericke ist danach als Freigänger resozialisiert worden, in Berlin gibt es gerade den Deutsch-Türken Süleyman Koc, der als Freigänger beim Viertligisten Babelsberg unter Vertrag steht, aber die Fallhöhe ist nicht die gleiche wie bei Breno. Als Breno nach Deutschland kam, galt er als Juwel, er unterschrieb beim FC Bayern, die Ablösesumme soll zwölf Millionen Euro betragen haben.

Neuer Vertrag beim FC São Paulo

Als Breno beim FC Bayern damals vorgestellt wurde, war der Presseraum voll gestopft mit Reportern und Kameras, es war stickig, und vorne stand der Vater und filmte, es war so aufregend.

Aber es lief nicht so, wie sie sich das vorgestellt hatten, Breno, seine Eltern und der FC Bayern. Breno verletzte sich, wurde nach Nürnberg ausgeliehen, zog sich einen Kreuzbandriss zu, wurde operiert. Das Knie war kaputt, er war noch keine 22.

Was genau passierte in der Nacht, in der Breno zum Brandstifter wurde, ist nie ganz geklärt worden, die Rollen der Ehefrau und des Managers sind undurchsichtig, Breno sei "das schwächste Glied einer Dreierbeziehung" gewesen, das wurde im Gerichtssaal gesagt; jedenfalls war viel Alkohol im Spiel, und am Ende war die teure Villa in Grünwald ausgebrannt.

Renata Borges, Brenos Ehefrau, gab vor ein paar Monaten ein Zeitungsinterview, in dem sie ihre Sicht dieser Nacht darstellte: Breno sei verzweifelt gewesen, weil er am nächsten Tag schon wieder am Knie hätte operiert werden sollen, da habe er Portwein und anderes getrunken, dann sei er wie im Wahn aus dem Fenster im ersten Stock gesprungen, habe versucht, sich umzubringen, da habe sie die Kinder geweckt und sei mit ihnen herumgefahren, "bis ein Uhr nachts", um sie zu beschützen. Als sie wiederkam, brannte das Haus. Angezündet von Breno, so steht es in den Akten.

Sewarion Kirkitadse sagt, es habe sich damals um "eine persönlichkeitsfremde Spontantat" gehandelt, nicht weniger, aber auch nicht mehr. Sewarion Kirkitadse aus Planegg hat in Richtershows immer wieder mal den Staatsanwalt gespielt, bei "Alexander Hold" zum Beispiel, jetzt ist er Brenos Anwalt; der dritte seit dem Prozess vor einem Jahr, Renata Borges war mit den anderen unzufrieden, sie sei misstrauisch gewesen, weil der FC Bayern sie vermittelt hatte, heißt es.

Kirkitadse ist zuversichtlich, was die Resozialisierung angeht, innerhalb der nächsten Wochen und Monate werde Breno auch mal einen ganzen Tag oder sogar ein Wochenende Hafturlaub bekommen, und im Januar oder Februar will er eine sogenannte Halbstrafe beantragen: Brenos Strafe würde dann halbiert, er würde nach Brasilien abgeschoben. Die Chancen stünden gut, sagt Kirkitadse, die Justiz müsse ja erkennen, "dass mit zunehmender Haftdauer seine Chancen auf eine Rückkehr in seinen Beruf schwinden".

Und einen neuen Arbeitgeber habe er auch schon: "Breno hat einen Vertrag mit dem FC São Paulo", sagt Kirkitadse, sobald er nach Brasilien zurückkehre, könne er bei seinem Heimatverein wieder anfangen. Nicht in der Administration, nicht in irgendeinem Trainerstab, sondern als Fußballprofi.

Als Fußballprofi? Ja, sagt Breno, er glaube fest daran, "natürlich". Mit dem Knie, sagt Breno, habe er ja keine Probleme mehr.

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