Werder Bremen gegen RB Leipzig:Der Once-in-a-lifetime-Moment reicht nicht

Werder Bremen gegen RB Leipzig: Unermüdlich, aber diesmal ohne Fortune: Bremens Stürmer Niclas Füllkrug (Mitte) im Dreikampf mit den Leipzigern Josko Gvardiol (links) und Willi Orbán.

Unermüdlich, aber diesmal ohne Fortune: Bremens Stürmer Niclas Füllkrug (Mitte) im Dreikampf mit den Leipzigern Josko Gvardiol (links) und Willi Orbán.

(Foto: Kokenge/Nordphoto/Imago)

Christian Groß schießt mit 33 Jahren sein erstes Bundesliga-Tor, aber Bremen verliert dennoch knapp gegen Leipzig. RB setzt damit seinen Lauf fort und klettert auf den zweiten Tabellenplatz.

Von Ralf Wiegand, Bremen

Als über dem Weserstadion die Sonne dieses fantastischen Herbsttages ihren letzten Zweikampf gegen das elektrische Licht der Flutlichtmasten verloren hatte, kehrte noch einmal diese magische Stimmung zurück, die Werder Bremen über weite Teile dieser Saison getragen hat. Die Spannung, die Euphorie, das Gefühl, dass alles möglich ist. Die Bremer Fans, ganz Bremen, möchte man sagen, haben den Rückkehrer in die Bundesliga ohnehin mit viel Liebe und Dankbarkeit durchs lange Jahr geschoben; Liebe, weil die ja ohnehin unerschütterlich ist, und Dankbarkeit für viele schöne Momente und die Gewissheit, dass die Mannschaft wieder für etwas steht, was wie Fußball aussieht.

Doch leider hatte der Spielplangestalter der DFL die letzten beiden Paarungen vor der Winterpause im Stile eines Klassenlehrers angesetzt, der Mathe und Deutsch an den letzten zwei Tagen vor den Ferien schreiben lässt. Deswegen gehen die Bremer nun mit dem Eindruck von zwei Niederlagen in die längste Winterpause der Bundesligageschichte, dem 1:6 gegen Bayern München folgte am Samstag ein 1:2 gegen RB Leipzig. Für Resignation besteht dennoch kein Anlass, auch wenn Marco Friedl "sehr enttäuscht" war, nichts mitgenommen zu haben.

RB Leipzig, eine der formstärksten Mannschaften der Liga, hatte in Bremen allerdings schwer zu kämpfen, ehe sie ein chancenreiches und kampfbetontes Spiel auf ihre Seite gezogen hatte. In der Schlussphase rollte noch einmal Welle um Welle auf das Tor der Sachsen. Die Bremer wurden mal wieder ihrem Ruf gerecht, die besten Gäste auf einer Party zu sein: Wenn alle anderen müde werden, drehen sie nochmal richtig auf. Doch reingehen wollte einfach kein Ball mehr zum Ausgleich, ob Niclas Füllkrug köpfte, der WM-Fahrer, oder ein Leipziger in höchster Not auch mal aufs eigene Tor. Leipzigs Trainer Marco Rose rumpelstilzte an der Linie, Werders Ole Werner wedelte mit den Armen, beide Trainer sahen gelbe Karten. Was für eine Schlussphase.

RB-Trainer Marco Rose ist zufrieden: "Wir haben uns verdient in eine Position gebracht, die gut für uns ist."

Der Moment des Spiels freilich gehörte einem Spieler, der in Bremen umstritten ist, seitdem er dort für die erste Mannschaft kickt. Christian Groß, 33, schoss bei seinem 50. Einsatz in der Bundesliga sein erstes Tor, und es war eines, das seinen Namen trug - groß eben. Von der linken Strafraumkante ins linke Torwarteck flog der Ball auf wunderbare Weise und angemessen schön für den Once-in-a-lifetime-Moment des Christian Groß (57. Minute).

Mit 30 Jahren erst war der damalige Drittligaspieler Groß vom damaligen Werder-Trainer Florian Kohfeldt in die erste Elf und Liga befördert worden, seitdem reiben sich die Bremer Fans an keinem Spieler mehr als an ihm. Der Wunsch nach einem schnelleren, jüngeren, aufmerksameren Sechser liegt bei ihnen jedes Jahr im Winter unterm Weihnachtsbaum und im Sommer auf der Sonnenliege, aber Groß hat mit seiner Umsicht und seiner Ruhe auch noch jeden Trainer nach Kohfeldt überzeugt. Das Tor dürfte ihm, wie man so schön sagt, dennoch gut getan haben, auch wenn Leipzigs Verteidiger Willi Orbán den Ball noch minimal abgefälscht hatte.

Es war der zwischenzeitliche Ausgleich in einem Spiel, das zu diesem Zeitpunkt längst ein offenes war. Die Bremer hatten "die ersten 15 Minuten verpennt", sagte Marco Friedl, denn da spielten die Leipziger recht unbedrängt jenen Fußball, der sie nach miesem Saisonstart vorübergehend wieder zum Tabellenführer der Restbundesliga gemacht hat. Also von allen außer den Bayern. "Wir haben uns verdient in eine Position gebracht, die gut für uns ist und wo wir uns auch selber sehen", sagte RB-Trainer Rose später.

Turban-Orbán köpft fast alleine alle Bälle aus dem Strafraum

Logische Folge der Überlegenheit war das 1:0 durch André Silva (16. Minute) und die Sorge, Werder würde nach der Klatsche in München den nächsten High Potential der Liga zum munteren Toreschießen einladen. Die Sorge war unbegründet. Die Leipziger, die optisch aussahen wie Vertreter eines Sanitätshauses - Nkunku trug eine Bandage am lädierten rechten Handgelenk, Gvardiol eine Maske über der gebrochenen Nase und nach gut einer halben Stunde Orbán auch noch einen Turban auf dem angeditschten Kopf -, ließen den Bremern nach der frühen Führung mehr Platz, ohne selbst über die Maßen gefährlich zu bleiben. Schon Füllkrug, den das Publikum bereits beim Einlaufen mit herzlichem Applaus zur verhassten WM nach Qatar verabschiedet hatte, hätte den Ausgleich erzielen können. Leipzigs Torwart Janis Blaswich stand im Weg (22. Minute).

Und nach der Pause, in der nun sehr stimmungsvollen Twilightzone des Weserstadions, entwickelte sich ein Spiel, das Werders Ruf als einem der besten Aufsteiger seit RB Leipzig selbst zumindest nicht beschädigte. Die Mannschaft ging noch einmal das hohe Risiko ein, das ihr offensives Spiel so mit sich bringt. Xaver Schlager erzwang in die Bremer Bemühungen hinein das 2:1 (71.), dann rollte bis in die Nachspielzeit hinein noch einmal die späte Werder-Welle, die diese Saison bisher geprägt hat. Zweimal erreichten die vielen Flanken in den Strafraum Füllkrugs Kopf, zweimal parierte Blaswich. Den Rest köpfte Turban-Orbán fast alleine aus dem Strafraum, nur die gute Stimmung im Weserstadion dank eines letzten guten Spiels, die blieb. "Es war ärgerlich für heute", sagte Werder-Trainer Ole Werner, "nach einem aber guten halben Jahr."

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