Süddeutsche Zeitung

Bundesliga:Rückschlag für Werder

Die Bremer verlieren das Nachholspiel gegen Frankfurt mit 0:3 - und verpassen den Sprung auf den Relegationsplatz. Die Eintracht beseitigt Zweifel am Klassenerhalt.

Von Ralf Wiegand, Bremen

Als Fin Bartels zum letzten Mal in einer Startelf des SV Werder stand, war Weihnachten nicht mehr weit - Weihnachten 2017. Am 15. Dezember jenes Jahres, bei einem 2:1-Auswärtssieg der Bremer, riss beim Außenstürmer die Achillessehne der linken Ferse. Für einen Spieler, der damals die 30 schon überschritten hatte, der von seiner Schnelligkeit lebt und vom Antritt, kann eine solche Verletzung das Karriere-Aus bedeuten. Immer wieder erlitt Bartels, inzwischen ein wenig grau geworden und nun 33 Jahre alt, Rückschläge auf dem Weg zum Comeback. Aber jetzt, 902 Tage nach dem Unfall von Dortmund, gehörte er wieder zur ersten Elf, der Werders Trainer Florian Kohfeldt die schwere Aufgabe anvertraute, durch einen Erfolg im Nachholspiel gegen Eintracht Frankfurt die direkten Abstiegsplätze zu verlassen. Nun, an Bartels lag es nicht, dass Werder am Ende mit 0:3 die finsterste Heimserie der Vereinsgeschichte verlängerte.

Dass so eine Rückkehr wie die von Bartels normalerweise mit warmherzigen Ovationen im Weserstadion gefeiert worden wäre, versteht sich von selbst, aber von "normal" ist der Fußball noch weit entfernt. Vor allem für die Bremer ist es durch die Pandemie, die die Stadien leergefegt hat, allerdings nur graduell schlimmer geworden, die Seuche hatten sie schon vor Corona. Bartels war ja nur einer von phasenweise einem Dutzend verletzter Spieler, erst jetzt kann Werders Trainer Kohfeldt sich wieder den Luxus leisten, Stammspieler wie Rashica oder den zuletzt zweimaligen Torschützen Bittencourt von der Bank zu bringen. Mit Bartels hat er wieder eine Variante mehr.

Die Bremer brauchten zehn Minuten, um zu der Art von Spiel zu finden, das zuletzt sieben Punkte aus drei Partien eingebracht hat. Die Frankfurter, denen der jüngste Sieg in Wolfsburg den größten Druck schon genommen hatte, hatten die erste Chance durch André Miguel Valente da Silva, einen Namen, den man durchaus in voller Länge hinschreiben darf, weil - erstens - weitere Frankfurter Chancen nicht zu verzeichnen waren und - zweitens - der Frankfurter Angreifer noch wichtig wurde. In der 11. Minute hielt Werder-Torwart Pavlenka zunächst aber stark.

Silva und zwei Mal der eingewechselte Ilsanker treffen

Nach dieser Szene übernahmen die Bremer weitgehend die Regie, Bartels leitete einen vielversprechenden Angriff ein, den Klaassen direkt abschloss und Trapp im Frankfurter Tor parierte (15.). Werder wirkte fortan entschlossener, provozierte die Gäste zu einer Menge Fouls - und hoffte in der 35. Minute auf einen Elfmeter. Abraham hatte den Ball mit der Hand gespielt, aber der Videobeweis zog sich drei Minuten hin. Den Elfmeter würde er geben, ließ Schiedsrichter Patrick Ittrich die Beteiligten auf dem Rasen und die Tauben auf dem Dach wissen, aber in Köln würde auch noch eine vorherige Abseitsposition geprüft: "Das Abseits ist ganz, ganz wichtig", sagte Ittrich. Die kalibrierten Linien bestätigten den Verdacht, das Klaassen dem Frankfurter Tor zu nahe gekommen war. Kein Elfmeter, die Bremer mussten sich über die siebte Halbzeit ohne Gegentor hintereinander freuen.

Die Partie gegen Frankfurt stammt noch vom 24. Spieltag, sie hätte am 1. März ausgetragen werden sollen, jedoch hatte ein Orkan, der nie kam, zu einer Verlegung des vorherigen Europacupspiels der Frankfurter in Salzburg geführt. So war nach Ansicht der DFL die Pause für die Eintracht bis zur Reise nach Bremen zu kurz, sie verlegte das Spiel auf ein unbekanntes Datum. Dann kam Corona. Nach dem Neustart hat sich der Heimvorteil in der Bundesliga bekanntlich in Nichts aufgelöst, auch das allerdings ist für die Bremer nichts Neues, weil sie auch mit Publikum schon die schlechteste Heimmannschaft stellten. Der Kopfballtreffer von Silva - genau, André Miguel Valente da - leitete die bereits zehnte Heimniederlage der Bremer ein. Kostic hatte sich auf der linken Seite davongemacht und zu präzise für die Bremer Abwehr geflankt (60. Minute).

Den Bremern gelang es nicht mehr, das Spiel zu drehen, obwohl Kohfeldt nun Stürmer auf Stürmer türmte. Zu unpräzise spielten sie die seltenen Konter, zu selten erreichte der Ball die gefährliche Zone - ein Problem, das Werder auch in der zuletzt besseren Phase treu begleitet. Frankfurt hingegen nutzte auch die nächsten Chancen, Stefan Ilsanker entschied mit dem 2:0 und 3:0 (81./90.) die Partie. Frankfurt hat damit alle Zweifel am Klassenerhalt beseitigt, für die Bremer aber wird es noch eine lange Saison.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4926008
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 04.06.2020/chge
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.