Brasiliens Mittelstürmer:Fred hat sein Tor - endlich!

World Cup 2014 - Group A - Cameroon vs Brazil

Freut sich über sein Tor: Fred.

(Foto: dpa)

Im Eröffnungsspiel erschummelt er einen Elfmeter, auch danach wird Brasiliens Mittelstürmer massiv kritisiert. Gegen Kamerun krabbelt er auf allen Vieren - ehe er doch noch sein Tor bekommt. Das ganze Land ist erleichtert.

Von Thomas Kistner, Brasília

Der Vorstoß der Seleção ins Achtelfinale war fest eingeplant im WM-Land, für einen aber war die Partie gegen Kamerun als Endspiel deklariert worden: Fred, der glücklose Stürmer mit der großen Gravitationskraft, musste treffen in Brasília, um weitere Nominierungen zu rechtfertigen. Mit ihm steckte ja nun auch Coach Felipe Scolari bis zum Schnurrbartrand in der nationalen Kritik, wegen dieser Nibelungentreue zu seiner Sturmspitze. Die Frage war: Wann, wenn nicht gegen die schon ausgeschiedenen Kameruner, will Fred endlich treffen?

Die Operation Schusstherapie ließ sich ganz gut an. Eine Angriffswelle nach der anderen schickte die Seleção auf das von Itandje bewachte Gehäuse, Kameruns Keeper fängt sonst bei Konyaspor im türkischen Irgendwo seine Bälle. Nun segelten sie herein, als wäre dies noch der Confed-Cup im vergangenen Sommer, bei dem die Jungs um den fünffachen Schützen Fred Tore am Fließband produzierten.

Ausgerechnet Joel Matip, sein Bewacher, zeigt ihm, wie man Tore schießt

In den Minuten drei und sechs hat Fred die Chance, schnell abzudrücken. Beide Male blockiert ihn der Schalker Joel Matip. Als Neymar dann beim 1:0 mit zirzensischer Leichtigkeit vormacht, wie Toreschießen geht, jubelt Fred schon nicht mehr so ausgelassen wie sonst. Nach 20 Minuten die nächste Chance, jetzt sucht er sein Glück auf dem Bauch liegend, was in Normalform zu seinen Spezialitäten zählt; Im Confed-Cup-Finale hat er sein Team so spektakulär in Führung gebracht. Hier aber missrät die Sache zur Comedy-Nummer, am Ende krabbelt Fred gemeinsam mit Itandje auf allen Vieren umher.

Geht's schlimmer? Ja. Ausgerechnet Matip zeigt ihm, wie man Tore schießt; der Bewacher trifft zum Ausgleich. Freds Unruhe ist mit Händen zu greifen. Kein Ball kommt an, den er zum Mitspieler prallen lässt, jedes Zuspiel ist zu lang. Vor Ärger hüpft Fred auf der Stelle, als nicht mal der flinke Neymar einen Pass von ihm erreicht. Er spürt es, er wird jetzt vom Statisten zum Störfaktor. Dann Neymars 2:1, das erneut schmerzlich zeigt, wie einfach es ist, den braven Itandje zu überwinden.

Fred lebt nur noch vom Sozialverhalten der Seleção, in der der 30-Jährige abseits des Rasens eine wichtige Rolle spielt. Ein Routinier, der vieles draufhat; wie er bei seiner Elfmeter-Schwalbe im Eröffnungsspiel gezeigt hat. Alle wollen, dass endlich der Knoten platzt. Einer wie Fred kann ja von einem Moment zum anderen in Tritt kommen: Er braucht nur ein Tor.

Zur Pause wechselt Scolari Paulinho aus, es kommt Fernandinho. Fred weiß: Die Einschläge rücken näher, alte Verdienste zählen nicht mehr. Er muss was tun, und er tut endlich was: Lässt sich hinter die Strafraumgrenze zurückfallen, nimmt sich ein Zuspiel von Dani Alves und hält aus 20 Metern drauf - ein Schrei fliegt durchs Stadion, Itandje wehrt ab.

Und dann ist er da - ist er endlich da: Dieser verdammte Ball, im idealen Augenblick. David Luiz flankt von links, Fred rammt ihn aus drei Metern ins leere Netz. Ein dreckiges Tor, wie es im Spielerjargon heißt, unbedrängt, sogar aus abseitsverdächtiger Position. Aber der Ball ist drin. Und Fred entkommt der schreienden Spielertraube nicht, die ihn fast erdrückt.

Jetzt geht es sich ein ganzes Stück leichter spazieren, da vorn in der Mitte. Fred hat geliefert, und an Fernandinhos 4:1 wirkt er auch noch mit. Es wird ihn bis ins Viertelfinale tragen.

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