Boxer Marco Huck im Gespräch:"In Amerika wäre ich ein Star!"

Am Samstagabend boxt Marco Huck in Stuttgart gegen Alexander Powetkin um die Weltmeisterschaft im Schwergewicht. Im Interview spricht er über seinen anstrengenden Wechsel aus dem Cruisergewicht, seine Außenseiter-Rolle gegen Powetkin - und die Vergleiche mit dem großen Max Schmeling.

Jürgen Schmieder

Marco Huck gilt als einer der besten deutschen Boxer. Momentan ist er WBO-Weltmeister im Cruisergewicht - gerade wechselte er jedoch ins Schwergewicht. Am Samstag boxt "Käpt'n Huck" als Außenseiter gegen Alexander Powetkin um die WBA-Weltmeisterschaft. Im Interview spricht er über seine Gewichtszunahme, Absprachen im Ring und Vergleiche mit Max Schmeling.

Boxer Marco Huck im Gespräch: "Powetkin und ich sind keine Freunde": Boxer Marco Huck (links).

"Powetkin und ich sind keine Freunde": Boxer Marco Huck (links).

(Foto: AFP)

SZ.de: Herr Huck, wann waren Sie zuletzt auf der Waage?

Marco Huck: Vor ein paar Tagen. Ich wiege derzeit ungefähr 100 Kilo.

SZ.de: Ist das nicht schön, wenn man Gewicht zulegen darf oder gar muss?

Huck: Es erleichtert die Trainingsarbeit ungemein. Früher musste ich jeden Tag aufpassen, nicht zu viel Muskelmasse aufzubauen, vor Kämpfen musste ich Gewicht verlieren und stand mehrmals täglich auf der Waage.

SZ.de: Sie boxen gleich um den Titel. Evander Holyfield und David Haye haben erst einmal Aufbaukämpfe absolviert, als sie aus dem Cruisergewicht nach oben kamen. Warum Sie nicht?

Huck: Das ist doch das Schöne, dass es gleich ums Ganze geht. Ich bin seit mehr als zwei Jahren Weltmeister im Cruisergewicht, ich habe den Titel acht Mal verteidigt. Aufbaukämpfe sind nichts für mich! Ich will die Sensation schaffen und meinen Traum verwirklichen.

SZ.de: Aber es wäre eine Möglichkeit, sich an die neue Gewichtsklasse zu gewöhnen.

Huck: Die Umstellung war nicht so groß, wie ich gedacht habe. Mein Trainer Ulli Wegner hat einen Plan ausgearbeitet, und der war gar nicht so unterschiedlich zu dem, was wir vorher gemacht haben. Im Kampf wird das sicherlich anders sein.

SZ.de: Viele halten Ihren Wechsel für verfrüht, manche bezeichnen den Schritt gar als verrückt oder größenwahnsinnig.

Huck: Es gibt viele Leute, die nicht an mich glauben. Das war aber schon immer so. Ich möchte zeigen, dass diese Leute Unrecht haben. Das wollen die Zuschauer doch sehen: einen Kampf, bei dem man nicht weiß, was passieren wird.

SZ.de: Mancher Boxfan unkt: Es boxt der Sauerland-Mann Huck gegen den Sauerland-Mann Powetkin. Da denken viele: "Die sind ja im gleichen Boxstall, womöglich trainieren sie sogar miteinander."

Huck: Das ist Quatsch. Ich habe mit Powetkin überhaupt nichts zu tun. Ich bin ihm ein paar Mal über den Weg gelaufen, dann gab's ein "Hallo" und das war es. Wir haben keine Gemeinsamkeiten und kennen uns auch nicht.

SZ.de: Es gibt also auch keine Absprache, wer als Sieger aus dem Ring gehen soll?

Huck: Natürlich nicht. Der Sauerland-Boxstall ist der Sieger des Abends, weil er sicher einen Schwergewichts-Weltmeister in seinen Reihen hat. Es wird ein spannender und spektakulärer Kampf, das kann ich versprechen. Aber noch mal: Powetkin und ich sind keine Freunde und werden es auch nicht. Er trainiert in Russland ...

SZ.de: ... und hat gerade seinen Trainer Teddy Atlas gefeuert. Wie haben Sie reagiert?

Huck: Ich habe zwei Tage lang geweint! (lacht) Im Ernst: Das interessiert mich nicht, von wem der trainiert wird.

SZ.de: Powetkin ist in 23 Kämpfen ungeschlagen, er ist ein natürliches Schwergewicht, technisch versiert und gilt als Favorit. Haben Sie keine Angst, dass es schiefgehen könnte?

Huck: Powetkin war nicht umsonst Olympiasieger und Amateur-Weltmeister - und den Profi-Titel gewinnt man auch nicht mal eben so. Aber ich habe auch einige Stärken. Am Samstag wird derjenige gewinnen, der den größeren Willen hat.

Huck über seinen Trainer Ulli Wegner und die Klitschkos

SZ.de: Sie agieren auch im Ring überlegter und nicht mehr so wild wie früher. Sie verlieren weniger häufig die Balance und lassen weniger Treffer zu. Woran liegt das?

Huck: Das hat viel mit Routine zu tun. Ich habe gesehen, dass ich erfolgreicher bin, wenn ich disziplinierter agiere. Außerdem ist es gesünder.

SZ.de: Welchen Anteil hat Ulli Wegner an dieser Entwicklung?

Huck: Er redet ständig auf mich ein und beruhigt mich. Wenn es nach ihm gehen würde, dann wäre ich doppelt so zahm. Ich will immer noch spektakulär boxen und meine Gegner k. o. schlagen.

SZ.de: Sie könnten der erste Deutsche nach Max Schmeling sein, der Weltmeister im Schwergewicht wird ...

Huck: Es ist für mich eine riesengroße Ehre, in einem Atemzug mit einer Legende genannt zu werden. Was Schmeling für den Boxsport in Deutschland und für das Land getan hat, ist unvorstellbar. Ich bin stolz, dass ich diese Chance bekomme, und ich werde alles geben, um als sein Nachfolger genannt zu werden.

SZ.de: Das sind für Ihre Verhältnisse ziemlich zurückhaltende Worte. Was ist los mit Ihnen?

Huck: Ich habe gemerkt, dass es in Deutschland nicht so gut ankommt, wenn man sein Selbstbewusstsein offen zur Schau stellt und sagt, dass man gut ist und gewinnen wird.

SZ.de: Ist das in Ihrem Heimatland Serbien anders? (Marco Huck wurde 1984 in einem Dorf im südwestserbischen Sandschak als Muamer Hukić geboren)

Huck: Nein, da ist es ähnlich. In Amerika dagegen, da wäre ich ein Star.

SZ.de: Amerika ist auch das Land der boxenden Sprücheklopfer ...

Huck: Man darf dort selbstbewusst sein - und als Boxer muss man selbstbewusst sein. Es ist anders als bei anderen Sportarten: Da kann man sich eine Niederlage erlauben, das geht im Boxen nicht. Es ist und bleibt das Duell zweier Männer im Ring. Wenn man beim Fußball müde wird, spielt man einfach den Ball ab. Wenn man im Boxen müde wird, dann wird es erst richtig lustig. Dann muss man seinen Mann stehen.

SZ.de: Nehmen wir mal an, Sie schaffen die Überraschung und gewinnen - dann wären Sie Weltmeister im Schwergewicht und im Cruisergewicht, denn kurioserweise haben Sie Ihren Titel nicht ablegen müssen. Was passiert dann?

Huck: Das weiß ich nicht. Dann mache ich "Ene mene muh".

SZ.de: Haben Sie den Kampf zwischen Klitschko und Chisora verfolgt. Wie beurteilen Sie das Getöse um den Kampf?

Huck: Ich bin sicher auch als Sportler nicht gerade auf den Mund gefallen. Und ein bisschen Trash-Talk gehört manchmal im Vorfeld eines Kampfes schon dazu. Aber dann muss es auch genug sein. Gerade das, was nach dem Fight passiert ist, war nicht gut für den Boxsport.

SZ.de: Sie könnten im Schwergewicht eventuell die Klitschkos herausforden. Sie wären WBA-Weltmeister, Superchampion dieses Verbandes ist aber immer noch Wladimir.

Huck: Ich habe größten Respekt vor den Erfolgen der Klitschkos, sie sind Topathleten, und sie können nichts dafür, dass viele ihrer Gegner Angst vor ihnen haben. Sie haben sich diesen Respekt hart erarbeitet. Normalerweise muss ein Kämpfer jahrelang warten, um einen Kampf gegen sie zu bekommen. Freilich gibt es noch das Problem, dass die Klitschko-Kämpfe bei RTL laufen und meine bei der ARD.

SZ.de: Als Weltmeister käme eine Einigung schneller zustande?

Huck: Womöglich. Aber erst einmal muss ich Weltmeister werden.

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