Boxer Arthur Abraham:Rückkehr des Schlumpfs

Boxer Arthur Abraham kämpft gegen den Argentinier Pablo Oscar Natalio Farias um den Aufstieg in der Rangliste - und um die Chance, noch einmal Weltmeister zu werden. Trotz der klaren Niederlagen beim Super-Six-Turnier ist eine Rückkehr ins Mittelgewicht keine Option.

Benedikt Warmbrunn

Am Dienstag hat Hagen Doering in Berlin einen Vortrag vor 30 Konzernvorständen gehalten, der Matchmaker des Sauerland-Boxstalls hat erklärt, wie das so abläuft im Profiboxen, mit all den Verbänden, Titeln, Ranglisten, Pflichtverteidigungen, freiwilligen Verteidigungen. Danach stellten die Konzernvorstände Fragen, ganz besonders interessierte sie, wie es um Arthur Abraham stehe und ob dieser wieder Weltmeister werde.

Training von Arthur Abraham

Arthur Abraham trifft am Samstag auf den Argentinier Pablo Oscar Natalio Farias.

(Foto: dapd)

Das war eine feine Frage der Konzernvorstände. Denn die Sache mit Abraham und einem WM-Kampf hängt ja so wunderschön zusammen mit dem, wie es so abläuft im Profiboxen, mit all den Verbänden, Titeln, Ranglisten, Pflichtverteidigungen, freiwilligen Verteidigungen.

An diesem Samstag (22.45 Uhr/ARD) boxt Abraham in Offenburg gegen den Argentinier Pablo Oscar Natalio Farias; Abrahams Auftritt wird beworben als: das Comeback - obwohl er eigentlich nie weg war. Die Rückkehr soll eine Rückkehr in die Weltspitze sein, nach einem Sieg gegen Farias würde Abraham in den Ranglisten der Verbände aufrücken, er käme einem WM-Kampf näher, ob als Herausforderer in einer freiwilligen oder in einer Pflichtverteidigung.

Ein siegender Abraham ist weiter ein Produkt, das sich gut verkauft, und darum geht es ja im Profiboxen. "Mitte, spätestens Ende dieses Jahres", sagt Abraham, wolle er um die WM im Supermittelgewicht boxen. Er weiß, dass es in diesem Jahr - also auch gegen Farias - darum geht, wie seine Karriere einmal bewertet wird. Denn hinter Arthur Abraham, 31, liegen zwei Jahre, in denen es sportlich nicht gut für ihn lief, überhaupt nicht gut.

Über schlechte Dinge denke ich nicht nach", sagt Abraham. Ulli Wegner, sein Trainer, sagt: "Arthur ist in den vergangenen Jahren nicht stehengeblieben. Er ist rückwärts gegangen." Als Abraham im Sommer 2009 ins Supermittelgewicht wechselte, war er in Deutschland nach den Klitschko-Brüdern der bekannteste Boxer, er hatte als Weltmeister im Mittelgewicht sehr gute Einschaltquoten, gelegentlich trat er in Unterhaltungssendungen auf.

Da ein Duell gegen Felix Sturm, den anderen deutschen Mittelgewichts-Weltmeister, nicht zustande kam, war Abrahams Potential in Deutschland so ziemlich ausgereizt, und daher träumte er von dem Land, von dem alle Boxer träumen, deren Sehnsüchte keine Grenzen kennen: Er träumte von Amerika. Sein Promoter Wilfried Sauerland träumte mit und schickte Abraham ohne Aufbaukampf in der neuen Gewichtsklasse in das Super-Six-Turnier. Er galt als Turnierfavorit, wegen seiner so legendären Schlagkraft.

Den ersten Kampf des Turniers gegen Jermain Taylor gewann Abraham, durch einen bleiernen Knockout 15 Sekunden vor Ende der letzten Runde. Doch es folgten Niederlagen gegen Andre Dirrell, Carl Froch und Andre Ward, in denen offensichtlich wurde, was jene Wucht nicht kompensieren kann: Sobald Abraham unter Druck gesetzt wird, sobald der Gegner Abraham erst gar nicht die Chance lässt, seine legendäre Schlagkraft wirken zu lassen, fehlen diesem die Optionen.

Keine Rückkehr ins Mittelgewicht

Gerade gegen Froch lehnte Abraham hilflos in den Seilen, er klemmte den Kopf zwischen die Fäuste, konnte keinen einzigen Konterschlag setzen, kassierte, kassierte, kassierte. "Arthur hat das nach dem Taylor-Kampf sicherlich alles überschätzt", sagt Wegner, er meint die Strategie, sich auf den einen gewinnbringenden Schlag zu verlassen, "und ich selber vielleicht auch".

Im Juli hieß es, Abraham kehre ins Mittelgewicht zurück, er hatte wieder eine Perspektive: Weltmeister werden, Sturm besiegen. Inzwischen hat sich Wegner vehement gegen diese Pläne ausgesprochen. Abraham könne nicht mehr das geforderte Gewicht fürs Mittelgewicht (72,574 Kilogramm) aufbringen, "selbst wenn er sich vergiftet". Abraham sagt, "zu 90 Prozent" bleibe er im Supermittelgewicht (bis 76,203 Kilogramm). Er sieht auch dort diese Perspektive: Weltmeister werden.

Und um Blamagen wie die gegen Froch oder Ward zu vermeiden, will er seinen Kampfstil ändern, weniger in den Seilen hängen, sich weniger hinter der Doppeldeckung verstecken, weniger auf seine Schlagkraft vertrauen, mehr mit den Füßen ausweichen, mehr mit der Führhand arbeiten. So soll Abraham weniger das Phantom im Ring sein, das sich nur gegen Rundenende mit wuchtigen, ansatzlosen Schlägen zeigt. "Er soll seine Streuung stabilisieren", sagt Wegner.

Beim Sauerland-Stall sind sie davon überzeugt, dass die Weltspitze an einem schlagstarken und beweglichen Abraham nicht vorbeikomme, trotz der drei jüngsten Niederlagen. Im Dezember haben sie daher Abrahams Vertrag bis 2014 verlängert. Momentan wäre für Abraham am wahrscheinlichsten ein Duell mit dem Sieger des Kampfes zwischen WBO-Weltmeister Robert Stieglitz und Mikkel Kessler im April; Kessler ist ebenfalls ein Sauerland-Boxer, mit Stieglitz' Promoter Ulf Steinforth pflegt der Sauerland-Stall gute Kontakte.

Boxen

Aber bei Sauerland wissen sie auch, dass Abraham sowohl gegen den smarten Stieglitz als auch gegen den kantigen Kessler Außenseiter wäre. So sagt Wegner zu Abrahams Chancen auf einen WM-Titel: "Ich habe an keinen Jungen so geglaubt wie an diesen, und wenn du dann so enttäuscht wirst, bist du vorsichtig mit einer Prognose."

Es sind nicht nur die 30 Konzernvorstände bei Hagen Doerings Vortrag, die sich fragen, wie es um den Jungen steht - und ob er wieder Weltmeister werden kann.

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