Boxen: Vitali Klitschko - Odlanier Solis:Vorbereiten aufs Karriereende

Vitali Klitschko boxt am Samstag gegen Odlanier Solis. Aufgrund seiner Erfahrung sollte der ältere Klitschko den Kampf locker gewinnen, weshalb die Frage lautet: Was passiert danach?

Jürgen Schmieder

Man kann Odlanier Solis nun wirklich nicht vorwerfen, nicht alles getan zu haben zur Vermarktung seines Kampfes gegen Vitali Klitschko - er benahm sich ganz einfach so wie alle anderen vergangenen Kontrahenten der Klitschkos. Unter der Woche zeigte er sich mit Devotionalien des Austragungsortes (eine 1.-FC-Köln-Mütze), er gab ein paar markige Sprüche ab ("Ich werde in der zwölften Runde gewinnen. Wenn es früher passiert, umso besser.") und brachte auch eine beeindruckende Lebensgeschichte mit, die sich medial prima ausschlachten lässt.

Pressetraining von Odlanier Solis

Training mit der Mütze des 1. FC-Köln: Odlanier Solis.

(Foto: dapd)

Vor vier Jahren hatte sich Solis gemeinsam mit seinen Kollegen Yuriorkis Gamboa und Yan Barthelemy vom kubanischen Nationalteam abgesetzt, um dem Sozialismus zu entfliehen und dem Lebensstil eines erfolgreichen Boxers zu frönen. Der Promoter Ahmed Öner half den drei Boxern bei der Flucht und nahm sie anschließend unter Vertrag. Bezeichnet man das Profiboxen als halbseidene Gesellschaft, dann kleidet sich Öner nur mit den feinsten Tüchern.

Solis hat sich hochgeboxt, er hat alle 17 Profikämpfe gewonnen, 13 davon vorzeitig. Nun bekommt er seine WM-Chance. er ist der Pflichtherausforderer von Vitali Klitschko des Verbandes WBC, seit er im Dezember den Amerikaner Ray Austin besiegt hatte.

Er ist kein schlechter Boxer, dieser Odlanier Solis, wahrlich nicht. Er kann auf eine beeindruckende Amateurbilanz (227 Siege, 14 Niederlage) und eine schöne Sammlung an Amateurtiteln von Weltmeisterschaften bis hin zum Olympiasieg 2004 verweisen, vor zehn Jahren besiegte er im Finale der Weltmeisterschaft David Haye vorzeitig - jenen Briten, der in wenigen Monaten gegen Wladimir Klitschko antreten wird.

Er gilt als feiner Techniker mit großem Schlagrepertoire und einer überaus harten rechten Geraden. Allerdings hat er seit seinem Wechsel ins Profilager mehr als 15 Kilogramm zugelegt. Das alleine ist nicht ungewöhnlich, doch hat Solis dieses Gewicht weniger in seine Oberarme investiert als vielmehr in den Umfang seiner Hüften.

Er ist langsamer geworden, das flinke Ausweichen oder Auswackeln mit dem Oberkörper ist seine Sache nicht, auch konditionell weist er Mängel auf. Den Ausscheidungskampf gegen Ray Austin im Dezember dominierte Solis zwar, tapste in den späten Runden allerdings erschöpft durch den Ring.

Solis ist damit ein idealer Gegner für Vitali Klitschko, der zwar behauptet, in der Form seines Lebens zu sein - doch war bei den letzten Kämpfen das Knirschen der mittlerweile 39 Jahre alten Gelenke nicht zu überhören. Klitschko ist jedoch ein Meister der taktischen Vorbereitung, zudem einer der konditionell stärksten Boxer im Schwergewicht. "Ich habe mir während des Trainingslagers seine Kämpfe sehr oft angesehen", sagt Klitschko.

Was passiert nach dem Kampf?

Solis ist ein interessanter und bisweilen spektakulärer Gegner, wirklich gefährlich dürfte er dem erfahrenen Vitali Klitschko nicht werden. Klitschko wird den Kampf gegen den neun Jahre jüngeren und 15 Zentimeter kleineren Solis wohl dominieren - und wenn es ihm gelingt, den Kubaner auf Distanz zu halten, dann wird er diesen Kampf deutlich gewinnen. Klitschko selbst tippt auf einen Niederschlag: "Es wird viele Emotionen geben, viel Dramaturgie und einen klaren Sieg."

Pressekonferenz Klitschko / Solis

Ein Titel auf dem Tisch: Vitali Klitschko möchte, dass er und sein Bruder die Titel aller Verbände auf sich vereinen.

(Foto: dpa)

Die spannendere Frage lautet deshalb vielmehr: Was passiert mit Vitali Klitschko nach diesem Kampf? Es ist bekannt, dass sich seine Frau Natalia kaum etwas sehnlicher wünscht, als dass ihr Ehemann seine Karriere als Boxer beendet. Es ist auch bekannt, dass sich die boxenden Brüder Vitali und Wladimir kaum etwas sehnlicher wünschen, als alle bedeutenden Titel im Schwergewicht auf sich zu vereinen.

Um dieses Ziel zu erreichen, muss Vitali seinen WBC-Titel am kommenden Samstag verteidigen - und sein Bruder Wladimir in wenigen Monaten den Briten David Haye besiegen und neben den Titeln der Verbände IBF, WBO und IBO auch den des Verbandes WBA zu gewinnen.

Dann wären alle wichtigen Gürtel im Besitz der Klitschkos - und Vitali könnte quasi auf dem Höhepunkt seiner Karriere abtreten. Szene-Großmaul Haye indes hat schon angekündigt, dass es dazu nicht kommen werde. Er verwendete dabei eine jener Metaphern, für die er mittlerweile bekannt ist.

"Ich habe das neue Computerspiel Fight Night Champion ausprobiert", sagt Haye. "Ich bin fasziniert von der Realitätsnähe des Spiels. Ich bin mit meinem Charakter gegen Wladimir Klitschko angetreten und habe ihn in der dritten Runde K.o. geschlagen. Es war, als würde man in eine Kristallkugel blicken."

Bei diesem Szenario müsste Vitali wohl noch einmal in den Ring, um seinen Bruder zu rächen. Er kennt das - schon zwei Mal gewann er gegen Boxer, die zuvor Wladimir besiegt hatten.

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