Süddeutsche Zeitung

Boxer Manny Pacquiao:Fäuste aus allen Himmelsrichtungen

  • Nach einem Erfolg gegen den zuvor unbesiegten Keith Thurman ist der Philippiner Manny Pacquiao der älteste Box-Weltmeister im Weltergewicht.
  • Pacquiao demonstrierte, dass es nur wenige gibt, die Schlaghärte, Auge und Schnelligkeit so vereinen können wie er.
  • 2020 will der neue Weltmeister wieder boxen, erst einmal arbeitet er wieder als Politiker.

Von Benedikt Warmbrunn

Wie alle Boxer, die sich etwas auf die Geschwindigkeit ihres Körpers einbilden, ist auch Manny Pacquiao ein Anhänger des Ali Shuffles, einer tänzerischen Einlage, bei der der Boxer auf den Zehenballen vor und zurück hüpft, schneller als eine Nähmaschine. In Perfektion wirkt es, als ob der Boxer schweben würde wie ein Schmetterling, getreu der Maxime des Erfinders des Ali Shuffles, Muhammad Ali (float like a butterfly, sting like a bee). Auch Pacquiao hat den Ali Shuffle oft vorgeführt, mit wechselndem Erfolg. Einmal, gegen Juan Manuel Marquez, hüpfte Pacquiao vor und zurück, doch er schwebte nicht. Er wirkte wie ein Kind, das auf Stelzen nach hinten taumelt. Aber das liegt mehr als ein Jahrzehnt zurück.

Am Samstag, in der MGM Grand Garden Arena in Las Vegas, tanzte Pacquiao wieder den Ali Shuffle. Er tanzte ihn elegant wie ein junger Schmetterling in der Frühlingssonne, vor und zurück, als könne ihm nichts auf dieser Welt etwas anhaben. Manny Pacquiao ist 40 Jahre alt.

Auge, Schläghärte, Schnelligkeit vereint kaum einer wie Pacquiao

Es hat Preisboxer gegeben, die älter waren als Pacquiao. George Foreman gewann den WM-Titel im Schwergewicht zum zweiten Mal im Alter von 45 Jahren. Bernard Hopkins wurde mit 48 Jahren und 53 Tagen Weltmeister im Halbschwergewicht. Wladimir Klitschko kämpfte den mitreißendsten Kampf seiner Karriere als 41-Jähriger, trotz einer Niederlage gegen den 27 Jahre alten Anthony Joshua. In diese Reihe gehört nun auch Pacquiao.

Der Filipino ist ohnehin einer der erfolgreichsten Boxer der Geschichte, in acht Gewichtsklassen ist er Weltmeister geworden, das hat außer ihm keiner geschafft. Sein Ruhm ist auch geblieben, nachdem er 2015 gegen Floyd Mayweather in einem selten einschläfernden Kampf das höchstdotierte Duell der Boxgeschichte verloren hatte. Mayweather ist längst im Ruhestand, auch um Pacquiao ist es ruhiger geworden. Er ist nun in erster Linie Senator auf den Philippinen, in zweiter Linie ist er Preisboxer. Sein Gegner am Samstag war der zehn Jahre jüngere Keith Thurman (USA), Weltmeister des Verbandes WBA, bis dahin ungeschlagen. Sein erster Bezwinger, Pacquiao, ist nun der älteste Weltmeister in der Geschichte des Weltergewichts.

Foreman, Hopkins und Klitschko konnten im hohen Boxalter mithalten, weil sie in Gewichtsklassen antraten, in denen es gerade so schnell zugeht, dass ein routiniertes Boxerauge die meiste Gefahr erkennen kann. Im Weltergewicht kommt es zwar auch auf Schlaghärte an, die Fäuste fliegen aber weiter verdammt schnell. Gegen Thurman demonstrierte Pacquiao, dass es nur wenige gibt, die Schlaghärte, Auge und Schnelligkeit so vereinen können wie er.

Pacquiao blickt in eine verlockende Zukunft

Am Ende der ersten Runde schickte er Thurman mit einer rechten Gerade zu Boden. In der zweiten Runde erschütterte Pacquiao seinen Gegner mit einer weiteren rechten Geraden, der er eine Schlagfolge hinterherschickte, in der seine Fäuste aus allen Himmelsrichtungen anflogen. Dann führte er den Ali Shuffle in Perfektion vor. "Das hat Spaß gemacht", sagte Pacquiao, der Thurman als starken Kämpfer bezeichnete. "Ich war heute einfach gesegnet."

In der dritten Runde drängte Thurman seinen Herausforderer gegen die Seile, doch Pacquiao befreite sich, schlug schnell zurück. Dann ließ das Tempo nach, und das nutzte in diesem Fall dem Jüngeren. Thurman traf schwer, in der siebten Runde schwoll Pacquiaos rechte Schläfe an. Spätestens in der zehnten Runde aber hatte sich der Filipino erholt, mit einem Körpertreffer raubte er Thurman den Atem. In der zwölften Runde musste der alte Weltmeister Thurman alles riskieren, er brauchte einen Knockout. Wild entschlossen standen sich die beiden Kämpfer gegenüber, beide atmeten schwer und schlugen noch schwerer. Doch Pacquiao fiel nicht um. Er gewann nach Punkten.

Im Dezember wird Pacquiao 41, er blickt nun in eine verlockende Zukunft als Boxer: ein Rückkampf gegen Thurman, ein Kampf um die anderen WM-Titel im Weltergewicht, er hat viele Optionen. 2020 wolle er wieder boxen, sagte er am Samstag. Erst einmal aber fliegt er auf die Philippinen. Im Senat endet demnächst die Sitzungspause.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4533595
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 22.07.2019/jki
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.