Boxen:Naturfreund und Mann fürs Grobe: Feigenbutz boxt in den USA

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Kämpft in Nashville um den WM-Titel: Vincent Feigenbutz. Foto: Uli Deck/dpa (Foto: dpa)

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Nashville (dpa) - Beinahe wäre er mit 20 Jahren Deutschlands jüngster Boxweltmeister geworden. Daraus wurde nichts. Jetzt, vier Jahre später, will Vincent Feigenbutz die Sache mit dem WM-Titel korrigieren.

Als neuer deutscher Box-Benjamin kann er mit seinen 24 Jahren und 157 Tagen jedoch nicht mehr in die Annalen eingehen, diesen Rekord hält Graciano Rocchigiani (24 Jahre und 73 Tage). Feigenbutz kann aber einen jener Top-Titel gewinnen, die dem deutschen Boxen seit einiger Zeit fehlen - und das in den USA.

Der Karlsruher kämpft in der Nacht zum Sonntag (3.00 Uhr/Sport1) in Nashville gegen den unbesiegten Titelverteidiger Caleb Plant (USA) um den IBF-Gürtel im Supermittelgewicht. "Das ist seit Langem mal wieder eine WM um einen wertigen Titel", sagt Thomas Pütz, Präsident des Bundes Deutscher Berufsboxer. Das deutsche Boxen hat derzeit Mühe, den Anschluss an die Weltspitze zu finden und muss sich mit Gürteln des weniger bedeutsamen Verbandes IBO oder mit Stellvertretertiteln der großen Verbände WBA, WBC, IBF und WBO bescheiden. Letzter Deutscher, der um einen Top-Titel kämpfte, war Tyron Zeuge bei seiner WBA-Niederlage gegen Rocky Fielding im Juli 2018.

"Der Kampf bedeutet mir viel. Ich habe die Chance, Geschichte zu schreiben", sagt Feigenbutz. Nach Max Schmeling 1930 hat nie wieder ein deutscher Boxer einen WM-Kampf in den USA gewonnen. Feigenbutz will es nach 90 Jahren schaffen. "Zu Hause wäre es schwieriger", meint "Iron Junior", wie er genannt wird. Denn der Druck daheim sei stärker. Und: "Amerika ist die Box-Hochburg. Dort zu kämpfen ist derzeit viel attraktiver als in Deutschland."

Der frühere WBA-Interimschampion hatte eine holprige Vorbereitung, die Verpflichtung von Torsten Schmitz und Ulli Wegner als Trainer kam nicht zustande. Wegner gab zumindest Tipps am Telefon. Manche Kommentare in der Öffentlichkeit schmerzen "Iron Junior". "In den sozialen Medien wird viel Mist erzählt. Ich hatte nie ein großes Maul, wie andere behaupten", sagt er. Sein Manager steht ihm bei: "Andere kennen den Menschen Feigenbutz nicht, erlauben sich aber Urteile über ihn. Das ist krank", zürnt Rainer Gottwald.

Feigenbutz bedauert, dass er nur selten die Chance hat, sich in den Medien zu präsentieren. Wie Ex-Weltmeister Sven Ottke würde auch er sofort ins Dschungelcamp von RTL gehen. "Aber nicht wegen Kohle. Man soll sehen, wie ich wirklich bin. Mich würde nur stören, wenn ich Käfer töten müsste." Natur, Klima, Umwelt - das sind Themen, die den gelernten Feinwerkmechaniker umtreiben. "Ich genieße die Natur. Da regt mich Geschwätz über ihren angeblichen Schutz auf. Vieles ist leeres Gerde, da geht es letztlich nur um Geldmacherei." Er selbst redet nicht so viel darüber, geht lieber Bäume pflanzen.

Eine goldene Nase kann er sich mit dem Kampf in den USA nicht verdienen. "Wir zahlen drauf", sagt Gottwald. "Aber wenn uns eine Überraschung gelingt, wird es anders." Eine Überraschung ist in der Tat vonnöten. Der 27-jährige Plant ist der feinere Boxer, musste in 19 Kämpfen nicht eine Niederlage hinnehmen. Feigenbutz (33 Kämpfe, 31 Siege) ist kein Filigrantechniker, eher der Mann fürs Grobe: 29 Mal gewann er durch K.o. "Vince macht keine Maske- oder Ottke-Kämpfe, Vince macht Schlachten", beschreibt Gottwald den Feigenbutz-Stil.

Von der früheren Brachialgewalt ist Feigenbutz aber weg. "Jetzt", sagt er, "versuche ich, mit Köpfchen und Übersicht vorzugehen, die Deckung nicht zu vernachlässigen. Aber meine Schlagkraft ist geblieben." Ex-Champion Arthur Abraham zählt Plant "zu den weltbesten Boxern dieser Gewichtsklasse", sieht aber eine Chance für Feigenbutz. Deshalb gibt Gottwald als Linie aus: "Wir müssen auf K.o. gehen."

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