Süddeutsche Zeitung

Boxen:Letzte Ruhe neben den Brüdern Grimm

Der ehemalige Boxer Graciano Rocchigiani wird in Berlin beigesetzt. Rund 1000 Trauergäste nehmen Abschied, darunter ehemalige Trainer, Weltmeister und Box-Größen.

Der frühere Box-Weltmeister Graciano Rocchigiani ist am Samstag in Berlin-Schöneberg beigesetzt worden. Rund tausend Trauergäste nahmen Abschied. "Man sieht, dass die Menschen Rocky geliebt haben. Er war immer eine ehrliche Haut", sagte der Trainer Ulli Wegner. Der frühere Weltmeister Sven Ottke sagte anteilnehmend: "Das war sehr bewegend, eine Riesen-Hommage an Rocky. Jeder, der im Boxen etwas zu sagen hat, war da." Als der mit roten und weißen Rosen geschmückte Sarg des vor zwei Wochen auf einer Schnellstraße in Sizilien tödlich verunglückten Rocchigiani aus der Kapelle zum Grab getragen wurde, ertönte das Lied "The Show Must Go On" von Queen. Graciano Rocchigiani war nur 54 Jahre alt geworden.

Der Andrang bei seiner Beerdigung war so groß, dass die Polizei zwischenzeitlich die Zufahrten sperren musste. Nur 200 Gäste fanden in der kleinen Kapelle Platz. Rocchigianis Eltern, seine Tochter Gianina und sein Bruder Ralf Rocchigiani, ebenfalls ein früherer Champion, saßen in der ersten Reihe; die Lebensgefährtin des Verstorbenen spielte eine Videobotschaft der gemeinsamen Kinder aus Italien ab: "Ciao Papa". Beim Trauermarsch folgten der Familie Freunde und Wegbegleiter, Kollegen aus dem Boxen und etliche muskelbepackte Männer mit Sonnenbrillen.

In Schöneberg war Rocky aufgewachsen, dort schloss sich nun der Kreis auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof. Unter einem schlichten Holzkreuz fand Rocchigiani seine letzte Ruhe, in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Gräbern der Brüder Grimm; auch der Sänger Rio Reiser ist auf diesem Friedhof begraben.

Rocchigiani hatte in Deutschland die Box-Ära nach der Wende mitgeprägt, er galt als der wildere Gegenentwurf zu Henry Maske, dem Olympiasieger von Seoul 1988, seinem feinen Rivalen aus dem Osten. "Durch unsere beiden Kämpfe haben wir uns sehr wohl schätzen gelernt", sagte Maske nach der Beisetzung und würdigte seinen einstigen Gegner: "Er war ein fairer Mensch. Im Leben und im Ring immer über der Gürtellinie." Dariusz Michalczewski, der zweite Boxprofi neben Maske, gegen den Rocchigiani einst sehr umstritten verloren hatte, sagte: "Er war immer der harte Hund." 1988 wurde Rocchigiani Weltmeister im Supermittelgewicht, zehn Jahre später gewann er den Titel der WBC im Halbschwergewicht. Insgesamt bestritt Rocchigiani 48 Profi-Kämpfe, von denen er 41 gewann.

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SZ vom 15.10.2018 / sid, dpa
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