Geschlechterdebatte im BoxenVorerst Startverbot für Imane Khelif

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Imane Khelif aus Algerien beim Finalsieg in Paris.
Imane Khelif aus Algerien beim Finalsieg in Paris. (Foto: Peter Cziborra/Reuters)

Imane Khelif aus Algerien stand beim olympischen Frauen-Boxturnier von Paris im Zentrum einer Geschlechterdebatte. Nun führt der neue zuständige Box-Verband genetische Geschlechtstests ein – den Khelif absolvieren muss, bevor sie wieder antreten darf.

Der vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) anerkannte Box-Verband World Boxing hat verpflichtende Geschlechtertests angekündigt. „Die Einführung der Tests ist Teil einer neuen Richtlinie zu Geschlecht, Alter und Gewicht, um die Sicherheit aller Teilnehmer zu gewährleisten und gleiche Wettbewerbsbedingungen für Männer und Frauen zu schaffen“, hieß es in einem veröffentlichten Statement. Der Verband teilte mit, dass man diese Entscheidung als Reaktion auf „Bedenken hinsichtlich der Sicherheit und des Wohlbefindens aller Boxerinnen und Boxer, einschließlich Imane Khelif“ getroffen habe.

Für die Olympiasiegerin Imane Khelif, die bei den Spielen 2024 in Paris im Zentrum einer heftig geführten Geschlechter-Debatte stand, hat das bereits erste konkrete Folgen. World Boxing teilte mit, dass die Algerierin nicht am Eindhoven Box Cup (5. bis 10. Juni) „und an allen anderen World-Boxing-Veranstaltungen teilnehmen (darf), bis sie sich einem genetischen Geschlechtstest gemäß den Regeln und Testverfahren von World Boxing unterzogen hat“, schrieb World Boxing in einem Brief an den algerischen Nationalverband.Die Debatte um Khelif und Lin Yu-ting aus Taiwan hatte bei den Olympischen Spielen in Paris für massiven Wirbel gesorgt. Beide Boxerinnen waren nach nicht näher erklärten Geschlechter-Tests vom Verband Iba, der vom IOC nicht mehr anerkannt wird, von der WM 2023 ausgeschlossen worden. Beide hätten laut Iba die erforderlichen Teilnahme-Kriterien nicht erfüllt und „im Vergleich zu anderen weiblichen Teilnehmern Wettbewerbsvorteile“ gehabt.

Das IOC, das die Durchführung des olympischen Box-Turniers 2024 nicht wie üblich an einen Fachverband delegierte, sonern dies selbst tat, nannte den Ausschluss der beiden eine „willkürliche Entscheidung ohne ordnungsgemäßes Verfahren“ und ließ Khelif und Lin in Paris teilnehmen. Das im Pass angegebene Geschlecht sei für viele Sportarten maßgeblich für die Zulassung zu den Wettbewerben, lautete eine Begründung. Beide holten Gold.

Jeder Athlet ab 18 Jahren muss getestet werden – verantwortlich ist der nationale Verband

World Boxing, das im Februar vom Exekutivrat des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) als Partner anerkannt wurde, stellt nun spezifischere Regeln auf. „World Boxing respektiert die Würde aller Menschen und seine oberste Priorität besteht darin, allen Athleten sichere und faire Wettkämpfe zu gewährleisten“, so der Verband: „Um dies zu erreichen, ist es unerlässlich, dass strikte geschlechtsspezifische Kategorien beibehalten und durchgesetzt werden. Das bedeutet, dass World Boxing nur Wettbewerbe für Athleten abhält, die als männlich oder weiblich klassifiziert sind.“

Der vorgesehene PCR-Test ist ein Laborverfahren zum Nachweis spezifischen genetischen Materials, in diesem Fall des SRY-Gens. Dieses weist auf das Vorhandensein des Y-Chromosoms hin, das als Indikator für das biologische Geschlecht dient. Die nationalen Verbände sind für die Tests verantwortlich und müssen das Geschlecht ihrer Athletinnen und Athleten (ab 18 Jahre) bei der Anmeldung zu World-Boxing-Wettkämpfen durch Vorlage einer Bescheinigung über das chromosomale Geschlecht, das durch einen PCR-Test ermittelt wurde, bestätigen. Der Test kann per Nasen- oder Mundabstrich sowie über Speichel oder Blut durchgeführt werden.

Für die Organisation der Box-Turniere 2024 in Paris und drei Jahre zuvor in Tokio hatte das IOC nach der Iba-Suspendierung die Verantwortung getragen. 2028 in Los Angeles würde dann World Boxing übernehmen. Der scheidende IOC-Boss Thomas Bach hatte in Paris betont, man wolle Boxen im olympischen Programm halten – allerdings nur mit einem verlässlichen Partner.

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