Boxen: Felix Sturm:Glück oder Betrug?

Nach dem Punktsieg gegen den Iren Mathew Macklin bleibt Boxer Felix Sturm WBA-Superweltmeister im Mittelgewicht. Doch bis auf zwei Punktrichter hat niemand den Deutschen vorne gesehen. Der Trainer des Iren weint noch im Ring. Viele wittern eine Manipulation.

Für die einen war es Dusel, für die anderen Betrug. Profiboxer Felix Sturm bleibt nach dem umstrittenen Punktsieg über den Iren Matthew Macklin WBA-Superweltmeister im Mittelgewicht und darf sich bei zwei von drei Punktrichtern für das schmeichelhafte Urteil bedanken. Zwei Unparteiische werteten Samstagnacht in Köln skandalös 116:112 für Sturm, der dritte Punktrichter schätzte es realistischer ein - 115:113 für Macklin.

Felix Sturm v Matthew Macklin - WBA Super World Middleweight Fight

Musste viele Treffer einstecken - und gewann trotzdem: Felix Sturm.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

"Aus meiner Sicht ist das in Ordnung", meinte der 32-jährige Sturm. "Ich habe gewonnen. Ich war stärker als Felix", protestierte Macklin. Jean-Marcel Nartz, Mitglied des europäischen Boxverbandes, nahm kein Blatt vor den Mund: "Eine Schande für den deutschen Boxsport. Das ist ein Fehlurteil." Ex-Profi und Sat.1-Co-Kommentator Axel Schulz sah Macklin mit drei Runden vorn.

Für den vor drei Wochen entthronten WBC-Weltmeister Sebastian Zbik, dem bei seiner Niederlage in den USA genau das passiert war, was Macklin im Ausland jetzt widerfuhr, war es noch deutlicher. "Macklin hat zehn der zwölf Runden für sich entschieden, mindestens dreimal so häufig geschlagen wie Felix und auch viel öfter getroffen", ereiferte sich Zbik. Auch die meisten der rund 19.000 Zuschauer in der Kölner Arena schienen entsetzt, die 4,55 Millionen am Fernsehschirm wurden Zeuge einer "kontroversen Entscheidung" (ESPN).

Erneut wurde deutlich: Profi-Boxen ist in keinen gerechten Maßstab zu zwingen. Hätte das Titelduell außerhalb Deutschlands stattgefunden, wäre Macklin wohl als Sieger aus dem Ring geklettert. Dessen Trainer Joe Gallagher, der zunächst im festen Glauben an einen Sieg mit seinem Schützling huckepack durch den Ring galoppiert war, kniete schließlich am Eckpfosten und weinte.

Sturm, der 14,6 Kilo vor dem Kampf abnehmen musste, fühlte sich selbst nicht wohl in seiner Haut und bot sofort einen Rückkampf an. "Der soll natürlich wieder in Köln sein", erklärte der Athlet von Trainer Fritz Sdunek flugs und erntete prompt Widerspruch. "Der Madison Square Garden in New York wäre der richtige Platz und fair", meinte Macklin-Manager Brian Peters. Dass Sturm sein Angebot gegen den unerschrockenen Iren aufrechterhält, glaubt das Macklin-Lager indes nicht. Box-Urteile in Deutschland, so Peters, seien ohnehin fragwürdig.

Sturm ließ alles vermissen, was ihn als Weltmeister hätte auszeichnen müssen. Passiv hinter einer Doppeldeckung verharrend, erschreckend unbeweglich und kaum einmal seine üblicherweise lehrbuchreife Führhand bringend, wurde er vom erstaunlich angriffslustigen Macklin permanent bearbeitet. Dieser zwang den Kölner konsequent in den Nahkampf und ließ ihn nicht zur Entfaltung kommen. Erst in den letzten Runden konnte der Titelverteidiger einige Wirkungstreffer setzen. "Ich war eigensinnig, wollte ihn auspowern lassen. Ich habe den Moment aber verpennt und bin verkrampft", gestand Sturm.

Fakt bleibt: Mit dieser Leistung trägt Sturm den Titel zu Unrecht. "Da war taktisch nichts zu sehen, boxerisch nichts zu sehen und konditionell auch nichts", meinte sein Schweriner Gewichtsklassenkollege Zbik. Wer demnächst Weltmeister Sturm herausfordern darf, ist unklar. Zunächst soll der reguläre Weltmeister Gennadi Golowkin (Kasachstan) gegen den Interimschampion Hassan N'Dam N'Jikam aus Kamerun antreten. Allein, dass die WBA in einer Gewichtsklasse drei Weltmeister führt, erscheint vielen als eine Farce.

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