Boxen:Aus dem Schatten heraus

Alem Begic

„Mit diesem Kampf wird die Luft dünner.“ – Alem Begic.

(Foto: oh)

"Mit diesem Kampf wird die Luft dünn, jetzt geht es darum, wo es hingeht": Der Münchner Alem Begic boxt um die Europameisterschaft im Halbschwergewicht. Und nicht nur deshalb ist dieser Sommer der wichtigste seines Lebens.

Von Benedikt Warmbrunn

31 Sommer hat der Preisboxer Alem Begic bisher erlebt, es waren gute Sommer, doch keiner davon war für ihn so wegweisend wie der nun anstehende. Anfang Juli beginnt sein Studium der Immobilienökonomie an der Immobilienakademie in München, "man muss mit der Zeit gehen", sagt Begic, ein studierter Architekt, "wenn man nicht up to date ist, dann kommt man nicht voran". Im September 2019 kann Begic, der zurzeit als Immobilienbewerter arbeitet, sich umorientieren, in die Baubranche wechseln, in die Projektentwicklung, und in der Immobilienbranche geht dann ohnehin alles. Den Sommer 2018 nimmt der Preisboxer Begic daher verdammt ernst.

Ach ja, und natürlich auch, weil er an diesem Samstag in Linz um die Europameisterschaft boxt, es ist der wichtigste Kampf seiner Karriere.

Seinen Gegner will er erwischen, wenn dieser selbst attackiert

Der Weg des Alem Begic, 31, geboren und aufgewachsen in München, 20 Kämpfe, 20 Siege, 17 durch Knockout, weicht ab vom üblichen Weg eines Boxers. Er hat studiert, er betreibt einen anständigen Beruf, auch sonst bleibt er betont seriös. Sein Fitnesstrainer und Vertrauter Björn Schulz, sein detailverliebter Boxtrainer Andreas Selak, sein Vater, sein Bruder, dazu sein Cutman Roland Eicher - das ist das Team. Kein windiger Berater, kein hinterhältiger Promoter, der sich das Geld vor allem in die eigene Tasche schiebt. Begic möchte sauber bleiben, das Boxen ist seine Leidenschaft, die Immobilienbranche ist seine Zukunft.

Sollte Begic am Samstag den zehn Jahre älteren Serben Nenad Stankovic besiegen, wäre er nicht nur Europameister im Halbschwergewicht, er würde in der Weltrangliste vermutlich auch unter die besten 15 seiner Gewichtsklasse klettern - und käme damit in Frage für ein Duell um die WM. "Mit diesem Kampf wird die Luft dünn, jetzt geht es darum, wo es hingeht", sagt Begic, sollte er gewinnen, erhofft er sich mindestens einen Ausscheidungskampf für die WM.

Stankovic hat auch schon im schwereren Cruisergewicht geboxt, Begic weiß daher, dass er sich "von einem offenen Schlagabtausch fernhalten muss", zu stark und stabil dürfte sein Gegner sein. Begic will mit seinen Schlägen kontern, aus der eigenen Meidbewegung heraus direkt in die Offensive gehen, Stankovic in dessen Aktion erwischen, dann, wenn er kurzzeitig instabil ist. "Ich will ihn mit einem Schattenschlag erwischen, den er erst gar nicht sehen kann", sagt er. Vorgenommen hat er sich also den schwierigsten Schlag überhaupt. Aber der leichte Weg hat Alem Begic ohnehin noch nie interessiert.

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