Box-WM im Supermittelgewicht:Knallerkämpfe mit Macken

Schon vor dem Super-Six-Finale zwischen dem Briten Carl Froch und dem Amerikaner Andre Ward an diesem Samstag wird das Turnier als Format mit Zukunft gepriesen. Doch der von Promoter Kalle Sauerland ins Leben gerufene Wettbewerb hat nicht nur Befürworter - Kritik gibt es vor allem an der langen Vorlaufphase und der Auswahl der Kämpfer.

Benedikt Warmbrunn

Am Wochenende wird Kalle Sauerland nach New York City fliegen und vielleicht Geschenke kaufen. Seine Frau und sein älterer Sohn finden, dass man das dort prima machen könne, und wenn Sauerland am Sonntag Zeit haben sollte, wird er sich durch die Läden in der Fifth Avenue drängen. Am Samstag hat er nämlich ganz sicher keine Zeit. Sobald Sauerland gelandet ist, wird er nach Atlantic City weiterfahren, und dort wird er sehen, wie das endet, was er seine "geschäftlich beste Idee" nennt.

Carol Froch

Der Brite Carl Froch trifft am Samstag in Atlantic City auf den Amerikaner Andre Ward.

(Foto: AP)

In Atlantic City boxen der Amerikaner Andre Ward und der Brite Carl Froch um die Weltmeistergürtel der Verbände WBC und WBA im Supermittelgewicht, und ermöglicht hat ihnen das auch - Kalle Sauerland. Der Sohn des deutschen Boxpromoters Wilfried Sauerland hatte im Mai 2009 die Idee, die besten Supermittelgewichtler der Welt in einer Turnierform gegeneinander antreten zu lassen, ursprünglich geplant waren die besten sieben.

In Gesprächen mit vier anderen Promotern und dem amerikanischen Fernsehsender Showtime wurde die Zahl der Teilnehmer auf sechs reduziert, je drei aus Europa und aus den USA, genannt wurde das Ganze "Super Six World Boxing Classic". Zwei Jahre und zwei Monate nach Beginn der Gruppenphase findet nun das Finale statt, und Kalle Sauerland sagt: "Das ist ein Riesenerfolg. Unser Ziel war es, die besten Kämpfe direkt nacheinander zu zeigen - das haben wir gemacht."

Die besten Kämpfe, Ulf Steinforth überlegt da erst einmal. Schließlich sagt der Promoter des Magdeburger SES-Boxstalls, er finde das Turnier ja "von der Grundidee her super", in der Umsetzung habe es aber "Macken und Fehler" gegeben. Er bemängelt den Zeitrahmen: "Das war zu langatmig - eine Fußball-WM wird ja auch in ein paar Wochen gespielt."

Außerdem die Auswahl der Boxer, da selbst nach dem Ausstieg von Jermain Taylor und den verletzungsbedingten Ausfällen von Andre Dirrell und Mikkel Kessler nie Robert Stieglitz angefragt worden sei, Steinforths Weltmeister nach Version des Verbandes WBO. Auch dass IBF-Weltmeister Lucian Bute aus Rumänien nicht unter den Teilnehmern war, irritiert Steinforth: "Der Sieger des Turniers ist für mich nicht der beste Supermittelgewichtler der Welt."

Sauerland kennt diese Kritik, die Auswahl würde er trotzdem wieder so vornehmen. Die Ausfälle nennt er "Pech", die Länge des Turniers wurde durch Verletzungen beeinflusst; zuletzt musste das Finale aufgrund eines Cuts über dem rechten Auge von Ward um zwei Monate verschoben werden. Da andere Kämpfe aufgrund von Verletzungen ganz abgesagt werden, betont Sauerland, "dass das Turnierformat da eine gewisse Sicherheit bietet". Er glaubt: "Dem Turnierformat gehört die Zukunft."

Wie sehr das Super-Six-Turnier Modell stehen wird, bleibt jedoch fraglich, zu viel muss passen: Es muss mehrere herausragende Boxer in einer Gewichtsklasse geben, die Paarungen müssen Spannung versprechen, und vor allem: Die Promoter müssen sich einigen.

Erfrischenes Box-Format

Doch in Zeiten, in denen das Schwergewicht unter der Dominanz der Klitschko-Brüder leidet und das vielversprechende Duell der beiden besten Boxer der Welt, den Weltergewichtlern Manny Pacquaio und Floyd Mayweather Jr., seit Jahren nicht zustande kommt, wirkte das Super-Six-Turnier erfrischend.

In den 26 Monaten fanden hochklassige Kämpfe statt, es gab spektakuläre Niederschläge wie den von Arthur Abraham gegen Taylor und kompromisslose Duelle wie das zwischen Froch und Kessler. Auch im Finale treffen zwei Weltmeister mit unterschiedlichen Stilen aufeinander, der feinfühlige Techniker Ward und der sture Hartschläger Froch, es verspricht, ein würdiges Ende zu werden. "Die Kämpfe, die wir in diesem Turnier gezeigt haben, würden sonst über einen Zeitraum von sieben, acht Jahren stattfinden", sagt Sauerland. Er findet: "So etwas muss man so schnell wie möglich wieder machen."

Da Bute bereits Vorverträge zu einem Kampf mit dem Sieger des Super-Six-Turniers unterschrieben hat, überlegten Sauerland und Showtime, gemeinsam mit dem Kampf zwischen Stieglitz und Kessler im April ein Mini-Turnier aus Halbfinals und Finale zu veranstalten; die Pläne wurden verworfen, Bute boxt wohl so gegen den Turniersieger. Kalle Sauerland kündigt aber an, dass der Sauerland-Boxstall "innerhalb der nächsten zwölf Monate" ein ähnliches Konzept in einer anderen Gewichtsklasse umsetzen werde.

Schon seit längerer Zeit gibt es Pläne zu einem Super-Six-Turnier im Cruisergewicht, in dem der Sauerland-Boxstall mit Yoan Pablo Hernandez, Steve Cunningham und Marco Huck drei Kämpfer in der Weltspitze hat - wenngleich Huck lieber im Schwergewicht den Russen Alexander Powetkin herausfordern würde, den Weltmeister nach Version des Verbandes WBA (der Wladimir Klitschko als "Superchampion" führt); dieser Kampf könnte im Frühjahr stattfinden.

Für Kalle Sauerland wäre ein Turnier im Cruisergewicht, mit und ohne Huck, "der absolute Knaller". Auch im Mittelgewicht, in dem ab sofort wieder die ewigen Rivalen Abraham und Felix Sturm boxen, könnte sich Sauerland ein Turnier vorstellen.

Steinforth wird übrigens im nächsten Jahr ebenfalls ein Turnier veranstalten, im Halbschwergewicht. Die Details seien "noch geheim", es werde aber "konzeptionelle Unterschiede" zum Super-Six-Turnier geben. Zum Beispiel soll das Turnier in einer kürzeren Zeitspanne stattfinden - so in etwa innerhalb von drei Monaten, stellt Steinforth sich das vor.

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