Marco Rose in Gladbach:"Der Gehypteste von allen"

Neuer Trainer bei Borussia Mönchengladbach

Siegesgewiss nach Gladbach: Marco Rose.

(Foto: dpa)
  • Borussia Mönchengladbach sichert sich die heißeste Aktie der deutschen Trainerbörse.
  • In der Europa League gewann er mit RB Salzburg auch gegen Großkaliber wie Dortmund, Leipzig, Lazio Rom und Neapel.
  • Ralf Rangnick, der Rose nach Salzburg lotste, sagt über ihn: "Wenn Sie die Spieler einzeln befragen würden, da ist jeder voll des Lobes über ihn - sogar die, die nicht zum Einsatz kommen."

Von Moritz Kielbassa

Es war lieb gemeinter Schmäh, als Hans Krankl, Österreichs Fußballikone der Siebziger und Achtziger, vor ein paar Tagen versuchte, den Trainer Marco Rose zu einem Verbleib bei Red Bull Salzburg zu ermuntern: "Er soll sich ja nicht verschlechtern", stichelte der frühere Stürmer Krankl, der nun ein köstlich grummeliger Fernsehexperte für Sky Austria ist, "und tut mir leid: Gladbach hat die schlechtere Mannschaft als Salzburg." In der Tat hat Rose, 42, den Serienmeister Österreichs auf europäisches Topniveau gehoben, trotzdem wagt er nach malerischen Jahren in der Mozartstadt jetzt den Grenzübertritt: Rose, gebürtiger Leipziger und Herzensmainzer, will sich auch in der Bundesliga behaupten - am Mittwoch gab er, wie erwartet, seinen Wechsel im Sommer nach Mönchengladbach bekannt.

Die Borussia, sagte Rose, sei "ein toller Verein" mit Historie und Fankultur. Nach wochenlangem Marktgeschrei um seine Zukunft habe er "Fakten geschaffen - und ich bin froh, dass es raus ist". Die frühe Verkündung begünstigt hatte wohl auch Salzburgs 2:0-Sieg am Sonntag beim hartnäckigen Ligaverfolger Linzer ASK. Dessen Trainer Oliver Glasner tickt ähnlich wie Rose und steht wie der für hochtourigen Fußball; er gilt ebenfalls als Anwärter für die Bundesliga (Wolfsburg, Stuttgart).

Sieben Punkte Vorsprung hat RB nun auf Linz - beruhigend für Rose, denn er will Salzburg "mit maximalem Erfolg" verlassen, als Meister und Pokalsieger (Finale gegen Rapid Wien). Salzburgs Sportchef Christoph Freund streute Rose schon mal Blumen: "Es war und ist eine super Zeit mit Marco", auch der Trennungsprozess sei "kooperativ und sehr angenehm" verlaufen.

Die heißeste Aktie der deutschen Trainerbörse

Beim Umzug an den Niederrhein wird Rose nicht allein sein. Mit nach Mönchengladbach wechselt Roses Assistenztrainer, der ehemalige FC-Bayern-Stürmer Alexander Zickler. Auch Athletiktrainer Patrick Eibenberger kommt mit, ebenso der frühere Taktikblogger Rene Maric, den Rose im Internet entdeckte und als Videoanalysten verpflichtete. Gladbachs Sportdirektor Max Eberl hatte, als er kürzlich das Aus für Trainer Dieter Hecking am Saisonende bekannt gab, umfassende strukturelle Umbauten bei der Borussia angekündigt. Jetzt ließ Eberl verlauten: "Marco Rose hat in Salzburg hervorragende Arbeit geleistet. Wir freuen uns auf ihn."

Das klang durchaus nach Besitzerstolz, Rose galt ja seit Monaten als heißeste Aktie der deutschen Trainerbörse. Auch Hoffenheim, Schalke und Wolfsburg waren interessiert, und er dürfte auch Anrufe mit englischer Vorwahl erhalten haben. Sein alter Mainzer Weggefährte Jürgen Klopp grüßte ihn kürzlich per Videoclip aus Liverpool: "Hey Marco, alle fragen mich nach dir. Du bist im Moment der Gehypteste von allen!" Leistungsgerecht, findet Klopp: "Marco könnte jeden Job haben und jeden Job der Welt machen. Ich traue ihm alles zu."

Rose hat diese freie Auswahl geerdet eingeordnet: "Ich kenne das Trainergeschäft", sagte er, "heute bist du eine heiße Aktie, morgen eine kalte Kartoffel." Erfahrung mit dieser Wahrheit fehlt ihm jedoch, denn als Trainer stand er bisher nur in der Sonne. In Leipzig coachte er den Traditionsklub Lok, danach ging er in die Salzburger Akademie. 2017 gewann er mit der U19 von RB die Uefa Youth League, seitdem sorgt Rose mit Salzburgs Profis für Aufsehen: In 105 Pflichtspielen mit ihm gab es 75 Siege, in der Europa League auch gegen Großkaliber wie Dortmund, Leipzig, Lazio Rom und Neapel. Einziger wunder Punkt: Der pechschwarze Running Gag jedes Sommers, dass sich Salzburg nie für die Champions League qualifiziert, setzte sich auch unter Rose fort. Doch es könnte sein Abschiedsgeschenk sein, diesen Fluch zu beenden, weil Österreichs Meister 2019 erstmals das Privileg bekommen könnte, direkt die Königsklasse zu erreichen - dank der Europa-League-Erfolge der Salzburger, die im Vorjahr bis ins Halbfinale vorstießen.

Rose beherrscht die vier Phasen des Fußballs

Freunde sagen, die Kerneigenschaft des bibelgläubigen Rose sei es, nie aufzugeben, sich durchzubeißen. Er wirkt geradlinig, selbstgewiss, forciert ehrgeizig, sachlich und trotzdem vulkanisch antreibend, mit einem Hang zu Ungeduld und Zorn. Seine Frau, eine frühere Handball-Nationalspielerin und Rechtsanwältin, lebt mit der Tochter in Leipzig. Sehr geschätzt werden Roses respektvolle Umgangsformen. Er gilt als Menschenfänger und Spielerbessermacher: "Marco ist ein herausragender Trainer und wunderbarer Mensch", sagt Ralf Rangnick, der Sportchef von RB Leipzig, der Rose nach Salzburg lotste: "Wenn Sie die Spieler einzeln befragen würden, da ist jeder voll des Lobes über ihn - sogar die, die nicht zum Einsatz kommen."

Die von Rangnick installierte DNA des Red-Bull-Fußballs mit Pressing, hoher Intensität und Tempoangriffen, hat Rose um sichere Ballkontrolle erweitert. Statt sich an Pro-und-Contra-Debatten über Ballbesitz- oder Umschaltfußball zu beteiligen, sucht Rose - wie immer mehr seiner Kollegen - nach einer idealen Mischkultur. Simpel gesagt: Seine Teams sollen "in allen vier Phasen gut sein, die es im Fußball gibt". Heißt erstens: kreative Lösungen für Ballbesitz und Dominanz. Zweitens: straffe Organisation bei Spielaufbau des Gegners. Drittens und viertens: zügiges Agieren in jenen Schlüsselsekunden, wenn der Ballbesitz wechselt - also Gegenpressing bei Ballverlust, offensive Überfälle nach Ballgewinn. Vier Phasen für Alleskönner - und ein Plan für die Gladbacher, die offensiven Fußball pflegen wollen, aber in letzter Zeit chronisch weich verteidigt haben.

Jürgen Klopp erkannte Roses Fähigkeiten früh

Rose, der ein Kind der DDR-Sportschule war, fing in der Jugend von Rotation Leipzig als Stürmer an - bis ihn seine Trainer weiter nach hinten stellten, weil ihm vorne die Durchsetzungskraft fehlte. Als Bub war Rose, später auf 1,87 Meter geschossen, so klein, dass ihn auf dem Heimweg vom Training manchmal der Busfahrer übersah, wenn er alleine an der Haltestelle stand. Und obwohl der Spross einer Sportlerfamilie (Opa Walter war mal Nationalkicker) eher mittleres Talent besaß, biss sich Rose bis zum Erstligafußballer durch.

Jürgen Klopp erkannte die Leaderqualitäten seines mitunter unbequem meinungsstarken Ex-Verteidigers frühzeitig: 2004, nach dem gemeinsamen Aufstieg mit Mainz 05, hatte Klopp während der Feierlichkeiten eine Eingebung: "Wir waren zwar alle rabenschwarz besoffen", erinnert er sich, "aber in dieser Nacht habe ich zu Marco und Sandro gesagt: Ihr beide werdet Trainer!"

Der damalige Mitspieler Sandro, Nachname Schwarz, coacht heute Mainz. Bald gibt es ein Wiedersehen mit Marco Rose.

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