Borussia Dortmund:Wildes Ende einer enttäuschenden Woche

Eintracht Frankfurt v Borussia Dortmund - Bundesliga

Schlussakt! Kurz vor Abpfiff blockt Frankfurts Hasebe (Nummer 20) einen Schuss von Nuri Sahin und verhindert einen Dortmunder Sieg.

(Foto: Matthias Hangst/Getty)

Das 2:2 des BVB in Frankfurt verdeutlicht die strukturellen Schwächen der Spielidee von Trainer Bosz. Das Pokal-Duell in Magdeburg gerät zum Stimmungstest.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Irgendwann richteten sich die Fragen nach vorne. Dann ging es nicht mehr um das knappe Dutzend Chancen, das die Dortmunder dem Gegner Frankfurt fatalerweise zugebilligt hatte. Auch nicht um das knappe Dutzend an eigenen Chancen, mit denen die Dortmunder viel zu großzügig umgegangen waren. Also nicht mehr um dieses zwar temporeiche und unterhaltsame, aber zugleich vogelwilde 2:2, sondern um die Frage, was der Auftritt seiner Abwehr für die Aufstellung gegen Magdeburg bedeute. "Keine Ahnung", sagte BVB-Trainer Peter Bosz darauf entwaffnend ehrlich: "Über Magdeburg habe ich mir noch keine Gedanken gemacht."

Es kann gut sein, dass sich der Niederländer jetzt ein paar Gedanken mehr über Magdeburg macht, als er vorhatte. Denn einerseits ist der 1. FC Magdeburg natürlich nichts, wovor sich das Real- und Tottenham-erprobte Dortmund fürchten müsste, sondern ein ambitionierter Drittliga-Klub, der aktuell auf Rang zwei liegt und am Wochenende gegen Unterhaching 0:3 verlor. Andererseits ist Magdeburg jetzt eine große Chance, ein paar unangenehme Debatten zu beruhigen - oder eben ein Risiko, dass diese unangenehmen Debatten an Schärfe gravierend zunehmen.

Am Dienstag steht das Pokal-Duell in Magdeburg an (20.45 Uhr), und es vollzieht sich in einer paradox anmutenden Situation. Dortmund ist immer noch Tabellenführer in der Bundesliga. Aber die Stimmung ist merklich angespannt, und andauernd darf der BVB Berichte vernehmen, in denen das Wörtchen "Krise" auftaucht - weil er die drei Spiele der zurückliegenden Woche nicht gewann. Erst gab es in der Liga ein 2:3 gegen RB Leipzig, dann in der Champions League ein 1:1 bei Apoel Nikosia, nun das 2:2 in Frankfurt.

Für ein paar Probleme kann der BVB-Trainer nichts - für ein paar andere jedoch einiges

Die Konsequenzen dieser Resultate: Das Vorrunden-Aus in der Champions League ist kaum noch zu verhindern. Der kürzlich noch komfortabel wirkende Vorsprung in der Tabelle auf den FC Bayern und RB Leipzig ist verspielt. Und nicht nur die Ergebnisse als solche, sondern auch die Art und Weise ihrer Entstehung provozieren einige Fragen.

Das Spiel in Frankfurt diente da gleich vielfach zur Verdeutlichung. Für den neutralen Zuschauer war es ein großes Fest, hohes Tempo und hohe Intensität, viele Torszenen, ständig ging es rauf und runter, und in manchen Phasen war das Mittelfeld völlig entblößt, was Frankfurts Sportvorstand Fredi Bobic später zu der Bemerkung veranlasste, dass er so was eigentlich nur bei den Alten Herren sehe.

Die Dortmunder kamen in diesem chaotischen Sturm und Drang durch Nuri Sahin (19.) und Maximilian Philipp (57.) zu einer 2:0-Führung - die Frankfurter wiederum glichen durch Sébastien Haller (Foulelfmeter, 64.) und Marius Wolf (68.) aus. Die Eintracht hätte sogar gewinnen können angesichts großer Chancen von Mijat Gacinovic (70.) und Haller (78.); die Dortmunder wiederum hätten auch gewinnen können, wenn in der Nachspielzeit nicht Sahin aus fünf Metern den auf der Linie stehenden Makoto Hasebe angeschossen oder Christian Pulisic seinen Distanzschuss ein paar Zentimeter präziser platziert hätte.

"Wir haben heute nicht den Fußball gezeigt, den wir spielen können", sagte Peter Bosz. "Wenn man 2:0 führt und danach noch solche Chancen hat, dann muss man dieses Spiel gewinnen."

Nur: Warum gelang das nicht? Diverse Probleme sind derzeit auszumachen - für manche kann Bosz nichts, für andere aber einiges. Der zuletzt in die Kritik geratene Torwart Roman Bürki zeigte zwar einige gute Reaktionen, verursachte aber mit einer ungestümen Aktion den Elfmeter, der Frankfurts Aufholjagd einleitete. In der Abwehr ergab sich aus der schwierigen Personallage (sechs Verletzte) die schräge Situation, dass der Innenverteidiger Marc Bartra rechts auflief, während innen der Mittelfeldspieler Julian Weigl sowie der zuvor seit 18 Monaten nicht in der Startelf eingesetzte Neven Subotic verteidigten; so kam selbst ein Team wie Frankfurt zu vielen Chancen. Und ganz vorne vergab ein eher uninspiriert wirkender Pierre-Emerick Aubameyang drei große Gelegenheiten. Aber neben diesen individuellen Fragen geht es eben auch um das offensive und risikofreudige Grundkonzept des Trainers. Das Thema ist nicht neu, es schwebt schon seit Saisonbeginn über dem BVB, aber die anfänglichen Tor-Galas kaschierten das. Doch wenn nun die Erfolge ausbleiben, rücken die Mängel stärker in den Fokus. In Frankfurt waren die Lücken zwischen den Reihen und den Spielern teils eklatant. Auch nach dem 2:0 gelang es dem BVB nicht, den wilden Charakter des Spiels zu stoppen. Und just nach dem Tor zum 2:0 vollzog Bosz einen Doppel-Wechsel (Kagawa und Zagadou kamen), durch den er die Elf noch etwas offensiver ausrichtete und jede Position der Viererkette neu besetzte. Er habe sich das schon vor dem Tor überlegt, erklärte Bosz, weil Frankfurt in dieser Phase vor dem Dortmunder 2:0 stärker gewesen sei - da ließ er sich auch von der veränderten Spielsituation nicht beirren. Aber kurz danach stand es 2:2.

Ein bisschen ratlos wirkte der Niederländer jedenfalls schon. "Die Jungs versuchen es ja", sagte er, aber: "Ich weiß auch nicht, was wir noch machen sollen."

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