Borussia Dortmund:Warum der Witsel-Transfer für den BVB wichtig ist

Axel Witsel und Harry Kane bei der Fußball-WM 2018

Bei der WM schon mal in Schwarz-Gelb zu sehen: der belgische BVB-Kandidat Axel Witsel im Zweikampf mit Englands Torjäger Harry Kane.

(Foto: Natacha Pisarenko/AP)
  • Der BVB will den belgischen Fußball-Nationalspieler Axel Witsel vom chinesischen Klub Tianjin Quanjian verpflichten.
  • Die Verhandlungen sollen weit fortgeschritten sein - doch sie gestalteten sich am Montag noch schwierig.
  • Witsel ist ein physisch starker defensiver Mittelfeldspieler. Einen solchen Spieler vermisste der BVB in der vergangenen Saison, wie eine Analyse ergab.

Von Sebastian Fischer

Auf den Bildern, die für Fußball-Ästheten als die schönsten des Sommers gelten, ist er zu sehen, aber man muss ihn ein wenig suchen. Auf diesen Bildern sind die Konter der belgischen Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft in Russland zu sehen: Sie begannen meist mit einer guten Idee in der Innenverteidigung, liefen dann eventuell über den Außenverteidiger Thomas Meunier und definitiv über den dribbelnden Eden Hazard und den niemals fehlpassenden Kevin De Bruyne. Sie endeten mit dem riesenhaften Stürmer Romelu Lukaku, wie er Räume schaffte oder abschloss. Wenn man sich die Szenerie vorstellt wie ein Wimmelbild, dann ist es die Herausforderung, einen Mann mit Afrofrisur zu finden.

Sein Arbeitgeber Tianjin Quanjian soll die Gültigkeit einer Ausstiegsklausel anzweifeln

Axel Witsel, 29, der Mann mit dem Afro, hat in Russland bis auf das bedeutungslose dritte Gruppenspiel jede Partie für den WM-Dritten bestritten, immer über die volle Distanz. Er ragte nicht heraus, er war der Spieler, der Belgiens Konter gegen Gegenangriffe absicherte. Wer sich dennoch nicht so schwer getan hat, Witsel zu finden, waren die Verantwortlichen von Borussia Dortmund. Sie wussten schon im Juni, dass sie ihn gerne verpflichten würden. Sie wussten, dass er der Spielertyp ist, der ihnen fehlt. Es ist allerdings auch Ende Juli noch nicht sicher, ob sie ihn bekommen.

Am Sonntagabend meldete der belgische TV-Sender RTBF, dass Witsel, der zurzeit noch in China bei Tianjin Quanjian unter Vertrag steht, am Montag in Dortmund zur medizinischen Untersuchung erwartet werde. Es war eine verfrühte Meldung, Witsel war nicht da. Er soll zwar durchaus Interesse signalisiert haben, nach Dortmund zu wechseln, und die Verhandlungen sollen bereits weit fortgeschritten sein - doch sie gestalteten sich am Montag noch schwierig. In Witsels Vertrag soll angeblich eine Klausel stehen, wonach er für die festgeschriebene Ablösesumme von 20 Millionen Euro wechseln dürfe. Doch Tianjin soll diese Klausel nun anzweifeln - und weitere Klubs sollen an Witsel interessiert sein. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass den BVB der Transfer auch im Trainingslager in Bad Ragaz/Schweiz, das am Mittwoch beginnt, noch beschäftigt. Genauso wie ein paar andere mögliche Transfers.

Wer verstehen will, warum Witsel auf der Liste Dortmunder Wunschspieler so weit oben steht, kommt am Sommer 2017 in Bad Ragaz nicht vorbei. Damals bereitete sich der BVB unter Trainer Peter Bosz auf einen Neuanfang vor, der zu Saisonbeginn zu glücken schien und dann doch scheiterte - was, wie die Analyse ergab, auch an der Struktur des Kaders lag. Es fehlte unter anderem an physischer Präsenz im defensiven Mittelfeld. Es fehlte jemand, der Dortmunds feinfüßige Offensive absicherte. Unter Bosz bekam der BVB regelmäßig simple Kontergegentore. Unter Nachfolger Peter Stöger fehlte als Folgeerscheinung der Mut nach vorne.

Holt der BVB Mario Mandzukic? Oder wird Maximilian Philipp befördert?

Nun wurde der Dortmunder Kader in diesem Sommer für den neuen Trainer Lucien Favre bereits so sehr umgebaut wie lange nicht mehr. Im Dänen Thomas Delaney kam bereits ein 1,82 Meter großer Mittelfeldspieler für rund 20 Millionen Euro aus Bremen, der über Kraft und Physis ins Spiel findet, sich allerdings nicht unbedingt nach hinten orientiert. Sehr zufrieden sind sie nach den Eindrücken der Testspiele auf der vergangene Woche beendeten Marketing-Reise in die USA auch mit dem Innenverteidiger Abdou Diallo, 22. Der kam zwar für die absurd klingende Ablösesumme von 28 Millionen Euro von Mainz 05. Doch sie trauen ihm im Zusammenspiel mit dem Schweizer Nationalverteidiger Manuel Akanji zu, die Defizite in der Spieleröffnung zu beheben, die als weiteres großes Manko ausgemacht wurden. Sokratis, Stammverteidiger der vergangenen Jahre, wechselte zum FC Arsenal.

Witsel, 1,88 Meter groß, ist ein eher kompromissloser Zweikämpfer, aber darauf nicht unbedingt beschränkt. Zu Beginn seiner Karriere im Nationalteam spielte er auch auf dem rechten Flügel. In Russland spielte er den defensivsten Part in Belgiens Mittelfeld. Die Bundesliga könnte auch deshalb für ihn interessant sein, weil er sich womöglich nach mehr als vier Jahren beim Gazprom-Klub Zenit St. Petersburg und eineinhalb Jahren in China nicht mehr nur von finanziellen Interessen leiten lässt.

Würde Witsel kommen, wäre die letzte große Baustelle im BVB-Kader nach dem Weggang des nur ausgeliehenen Michy Batshuayi das Sturmzentrum. Es ist kein Geheimnis, dass Dortmund einen Stürmer wie den Kroaten Mario Mandzukic sucht. Es ist auch kein Geheimnis mehr, dass dem Transfer im Weg steht, dass Mandzukic gerne bei Juventus Turin bleiben würde. Doch dort spielt nun Cristiano Ronaldo - und wahrscheinlich spielt er auf Mandzukic' Position in der Sturmmitte.

Für den Angriff gibt es aber auch noch eine andere Alternative als einen Transfer. Favre könnte dem vor einem Jahr immerhin auch rund 20 Millionen Euro teuren Maximilian Philipp vertrauen - oder eine Lösung ohne echte Spitze austüfteln, was als große Leidenschaft des Trainers gilt. Die Sorgen im Angriff, sagte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke jedenfalls dem Kicker, seien "nicht so dramatisch".

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