Borussia Dortmund:Stürmen gegen das Trauma

Trotz des 2:3-Rückstands aus dem Hinspiel reist Borussia Dortmund zuversichtlich nach Monaco. Vor allem das Comeback von Marco Reus stimmt optimistisch.

Von Freddie Röckenhaus, Nizza

In einem Punkt war man sich im Tross von Borussia Dortmund am Dienstag einig: Man muss an der sonnigen Côte d'Azur einfach nur 90 Minuten lang so spielen wie 60 Minuten in der letzten Saison im grauen Liverpool - und schon geht der Einzug ins Halbfinale der Champions League klar. Dass die zuletzt arg geprüften BVB-Spieler am Flughafen von Nizza von einem angenehmen südfranzösischen Frühling begrüßt wurden, dürfte zur allgemeinen Zuversicht beigetragen haben.

Das 2:3 in der vergangenen Woche gegen den AS Monaco hat als reines Fußball-Ergebnis verständlicherweise weit weniger Sorgen beim BVB hinterlassen als der Sprengstoff-Anschlag auf den Mannschaftsbus, bei dem am Dienstag vor einer Woche, kaum zwei Stunden vor dem geplanten Anstoß, ein Polizist sowie BVB-Verteidiger Marc Bartra verletzt wurden. Das Spiel wurde, vor allem auf Druck des europäischen Verbandes Uefa, schon am folgenden Tag nachgeholt.

Borussia Dortmund: Derzeit dankbar für jede Form der Ablenkung: BVB-Torjäger Aubameyang.

Derzeit dankbar für jede Form der Ablenkung: BVB-Torjäger Aubameyang.

(Foto: Sascha Schuermann/AFP)

Die psychische Belastung war einigen BVB-Spielern anzumerken, nur 24 Stunden nach dem Anschlag, bei dem sogar das verstärkte Glas des Busses von der Wucht der Explosion barst.

Inzwischen hat Trainer Thomas Tuchel das Trauma vieler seiner Spieler psychologisch geschickt aufgenommen. Tuchel wetterte gegen die eilige Ansetzung des Hinspiels; es sei "unmenschlich" gewesen, seinen Spielern ein so wichtiges Spiel so kurz nach so einer Attacke gleich wieder zuzumuten. Ähnlich äußerten sich viele Spieler, etwa Kapitän Marcel Schmelzer. Am Nachmittag vor dem um nicht einmal 24 Stunden vorschobenen Anpfiff hatten die Spieler die Pressekonferenz der Sprecherin des Generalbundesanwalts verfolgt. "Die Meldung, dass sogar ein Metallsplitter in einer der Kopfstützen eingeschlagen hatte, war der Stimmungstiefpunkt. Da haben wir erst wirklich realisiert, wie nah wir daran waren, dass es sogar Schwerverletzte und Tote hätte geben können", sagt Schmelzer.

An diesem Mittwoch wird der Schock noch nicht völlig verdrängt sein. "Bei jedem Einzelnen", vermutet Tuchel, werde "die Verarbeitung individuell anders sein". Trotzdem meinen zu Rate gezogene Psychologen, dass der zeitliche und räumliche Abstand hilfreich sein werde. Auch nach dem verlorenen Heimspiel gegen die Monegassen gilt der französische Liga-Tabellenführer nicht als übermächtiger Gegner. In Dortmund schoss Monaco nur zweimal aufs Tor, erzielte aber - dank eines Eigentores von Sven Bender - drei Treffer. Monacos Stadion fasst nur 18 500 Zuschauer, und es ist so gut wie nie ausverkauft.

Champions League - Viertelfinale, Rückspiele

Dienstag, 20.45 Uhr

Real Marid - Bayern München (Hinspiel: 2:1)

Leicester City - Atlético Madrid (0:1)

Mittwoch, 20.45 Uhr:

AS Monaco - Borussia Dortmund ZDF (3:2)

FC Barcelona - Juventus Turin (0:3)

Halbfinale: 2./3. und 9./10. Mai (Auslosung der Begegnungen am 21. April).

Endspiel: Samstag, 3. Juni (in Cardiff).

"Wir werden angreifen von der ersten bis zur letzten Minute", sagte Trainer Tuchel am Vorabend in der internationalen Pressekonferenz, und Angreifer Marco Reus ergänzte, die Mannschaft sei "in den letzten Tagen noch enger zusammengerückt". Er sehe die Chancen aufs Weiterkommen "weiterhin fifty-fifty, wir können in jedem Spiel zwei, drei Tore machen". Auch Reus' Rückkehr liefert Gründe für Optimismus; am Ostersamstag hatte er sich in seinem Comeback-Spiel gleich mit einem Tor eingeführt. Vor einem Jahr hatte der BVB im Viertelfinale der Europa League beim FC Liverpool, trainiert von Dortmunds langjährigem Trainer Jürgen Klopp, eine fulminante erste Stunde gespielt und zunächst 2:0, dann 3:1 geführt, in der Nachspielzeit aber noch 3:4 verloren. Gerade Reus und Pierre-Emerick Aubameyang hatten damals aufgetrumpft.

Monacos nicht allzu schnelle Abwehr scheint auch durchaus verwundbar zu sein. Und BVB-Talent Ousmane Dembélé brennt angeblich besonders darauf, im Duell mit dem anderen großen französischen Offensivtalent, Kylian Mbappé, zu zeigen, wer der Bessere ist. Auch Aubameyang hat Gründe, motiviert zu sein: Als 21-Jähriger spielte er eine Saison als Leihspieler in Monaco - und wurde dann für nicht gut genug befunden.

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