Borussia Dortmund:Stögers kleine Umbauten

FSV Mainz 05 - Borussia Dortmund

Trainer Peter Stöger (Mitte, neben Ömer Toprak - ohne sein Trikot) gelingt mit dem BVB in Mainz sein erster Sieg der laufenden Bundesliga-Saison.

(Foto: dpa)

Von Tobias Schächter, Mainz

Als Shinji Kagawa das 2:0 erzielt und somit kurz vor dem Abpfiff den Sieg von Borussia Dortmund beim FSV Mainz 05 perfekt gemacht hatte, nahm Peter Stöger sogar die Hände aus den Jeans. Wie hätte er auch sonst das Gleichgewicht halten sollen? All jene Borussen, die auf der Ersatzbank mitgezittert hatten, herzten den Österreicher wie nach einem Titelgewinn. Auch Michael Zorc, der Sportdirektor des BVB, nahm vehement Körperkontakt zu seinem neuen Trainer auf.

Zorc umarmt Stöger! Vor zwei Wochen noch hätte sich wohl keiner der beiden träumen lassen, dass sie am 16. Spieltag der Fußball-Bundesligasaison 2017/18 gemeinsam einen Sieg von Borussia Dortmund feiern. Vor zehn Tagen noch war Stöger der belächelte "Drei-Punkte-Trainer" beim tief gestürzten Tabellenletzten 1. FC Köln. Am späten Dienstagabend in Mainz geriet die Bezeichnung "Drei-Punkte-Trainer" plötzlich zur Auszeichnung für den Österreicher, sie stand in vielen Posts im Internet als Überschrift und Pointe über dem Dortmunder Sieg.

Stöger ist ja tatsächlich seit Sonntag Trainer von Borussia Dortmund. Und als solcher hat er nur 90 statt 1260 Minuten wie in Köln gebraucht, um drei Zähler einzufahren. Beim FC hatten sie sich nach mehr als vier Jahren von Stöger getrennt, vor zehn Tagen war das. Und der BVB hatte seinerseits dem erst im Sommer von Ajax Amsterdam verpflichteten Peter Bosz das Vertrauen entzogen - nach zuletzt acht sieglosen Ligaspielen, einer sieglosen Champions-League-Gruppenphase und einem desolaten Auftritt beim 1:2 am Samstag im eigenen Stadion gegen Werder Bremen.

Bosz habe ihm viel Positives hinterlassen, sagt Stöger

Drei Tage ist Stöger jetzt Coach des BVB, wobei ihm das selbst noch ungewohnt vorkommt: "Das ist schon eigen, auch jetzt muss ich das noch sagen", sagte er nach dem Debüt in Mainz. Und, auch das gab er hinterher zu: Ihm, aber vor allem der Borussia tue dieser Sieg "richtig gut". "Wir sind alle sehr erleichtert." Dortmund und auch Stöger können noch gewinnen! Aber Stöger ist niemand, der deshalb gleich die Rolle des Heilsbringers spielt. Das entspricht einerseits nicht seinem Naturell, und andererseits spielte seine neue Elf nicht so mitreißend, als sei der Auftritt das Signal zur Aufholjagd einer unaufhaltsamen Naturgewalt.

Wie wäre die Partie gelaufen, hätte der Ball nach einem gewaltigen Schuss des Mainzers Suat Serdar den Weg ins Tor und nicht an die Latte gefunden (7.)? Hätten die zunächst weiter fragil wirkenden Dortmunder einen Rückstand verkraftet? Aber die 1:0-Führung sechs Minuten nach der Pause durch Abwehrchef Sokratis nahm den Mainzern den Schwung und gab den Dortmundern Sicherheit - eine Komponente, die unter Bosz im BVB-Spiel komplett gefehlt hatte.

Aber Stöger äußerte hinterher keine Kritik an seinem Vorgänger, im Gegenteil. Bosz habe ihm viel Positives hinterlassen, sagte er. Es gebe keine Gruppen in der Mannschaft, das habe er bei den Gesprächen mit den Spielern festgestellt. Kapitän Schmelzer erzählte, Stöger habe den Spielern eingeimpft, dem Gegner nicht so einfach Gegentore zu schenken, hinten müsse die Null stehen. Das erfüllten die Dortmunder in Mainz.

"Was soll ich nach einem Spiel über sechs Monate sprechen?"

Zwar ließ auch Stöger die Elf in der von Bosz bevorzugten 4-3-3-Grundordnung antreten. Aber der einzige Sechser Julian Weigl interpretierte seine Rolle wesentlich defensiver als unter dem vorherigen Trainer. Und als es galt, die Führung zu verteidigen, wechselte Stöger nach 70 Minuten in Mahmoud Dahoud einen zweiten Sechser für den Außenstürmer Christian Pulisic (70.) ein. "Ich war heute vor der Abwehr ein bisschen freier als zuletzt, das ist mir ein bisschen entgegengekommen", freute sich Weigl.

Peter Stöger ist auch in Dortmund Peter Stöger, ein Pragmatiker, der die Spielweise von den Fähigkeiten seiner Spieler abhängig macht. "Ich habe als Trainer noch nie was erfunden", sagt er: "Meine Spielidee ist die, die Spieler dort einzusetzen und so spielen zu lassen, wo und wie sie sich am wohlsten fühlen. Und ich denke, für Julian Weigl ist diese Position so gut."

Stöger hat in seiner kurzen Zeit als BVB-Trainer kleine Dinge verändert, die sein Vorgänger offenbar nicht hatte verändern wollen. Mehr Stabilität für diese Elf - so lautet ja der Auftrag an Stöger. Dabei vertraute er in Mainz auch den bislang oft kritisierten Defensiv-Zugängen Ömer Toprak und Jeremy Toljan, die diesmal solide verteidigten.

Nun geht es am Samstag zum Abschluss der Vorrunde gegen die im Vergleich zu Mainz wesentlich offensivstärkere TSG Hoffenheim mit ihrem Trainer Julian Nagelsmann (der in Mainz auf der Tribüne saß). Die Dortmunder Verantwortlichen haben sich ihn ja angeblich als Nachfolger von Stöger für den kommenden Sommer ausgeguckt. Ob es so weit tatsächlich kommt, ist eine spannende Frage. Peter Stöger, der die Aufgabe beim BVB als "riesige Chance" begreift, will so weit nicht vorausschauen, er fragt: "Was soll ich nach einem Spiel über sechs Monate sprechen?" Stöger weiß, wie schnell alles gehen kann in diesem verrückten Gewerbe: Vor dreieinhalb Wochen noch hatte er in Mainz eine 0:1-Niederlage als Trainer des 1. FC Köln erklären müssen.

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