BVB-Verteidiger Manuel Akanji:Der Beste seit Mats Hummels

Borussia Dortmund v VfL Wolfsburg - Bundesliga; Akanji

Manuel Akanji im Spiel gegen den VfL Wolfsburg.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Seit Innenverteidiger Manuel Akanji wieder gesund ist, spielt der BVB wieder besser - und steht an der Tabellenspitze.
  • Akanji spielt technisch stark, überzeugt in der Spieleröffnung und foult extrem selten.
  • Der Schweizer weiß um seinen Marktwert - und sagt, er wolle irgendwann "für die beste Mannschaft der Welt" spielen.

Von Sebastian Fischer

Es ist für Anhänger von Borussia Dortmund ziemlich schmerzhaft, aber wer die Stärke des BVB im April 2019 verstehen will, der sollte sich noch mal an einen Abend in Salzburg im März 2018 erinnern. Dortmund brauchte im Achtelfinale der Europa League ein Tor, es stand 0:0 - und deshalb hatte der Verteidiger Sokratis ein Problem: Er musste einen Angriff einleiten. Der Grieche, für Zweikampfstärke berühmt, ruderte mit den Armen. Niemand bot sich für ein Anspiel an. Sokratis passte den Ball in die Nähe des Verteidigers Dan-Axel Zagadou, der ihn verlor. Es war die symptomatische Szene eines bitteren Abends, der mit dem Ausscheiden endete.

Wer in diesen Tagen ein Dortmunder Spiel anschaut, der sieht einen Verteidiger, der selten mit den Armen rudert und dafür häufig Ruhe ausstrahlt; der mit seinen Pässen das Tempo des Spiels zu bestimmen weiß. Zuletzt, nachdem Dortmund nach einem schwachen Februar wieder Spiele gewann, wurde viel über den Wert von Marco Reus gesprochen, der nach seiner Verletzungspause wieder Tore schoss, oder über Axel Witsel, der manchmal müde wirkte. Doch nach drei sieglosen Spielen in Serie kam die Wende auch mit der Rückkehr des vorher fast zwei Monate an der Hüfte verletzten Verteidigers Manuel Akanji. Es liegt auch an ihm, dass der BVB an diesem Samstag als Tabellenführer beim FC Bayern antritt.

Dortmunder Spielstil kommt ihm entgegen

Nun ist der Schweizer, 23, kein Sommerzugang. Er kam vom FC Basel bereits unter Trainer Peter Stöger vor der vergangenen Rückrunde, in der in Dortmund die Erkenntnis reifte, Spielstil und Kader verändern zu müssen. Dennoch ist Akanji eine Symbolfigur des Neustarts. Denn erst unter Lucien Favre spielt der BVB einen Fußball, der Akanjis Fähigkeiten in den Mittelpunkt rückt. "Wir spielen wieder mehr als vorher. Früher hatte ich manchmal das Gefühl, wir hätten vor allem gekämpft und dagegengehalten. Jetzt versuchen wir, einen gepflegten Fußball mit viel Ballbesitz zu spielen", sagte Akanji im Herbst der Neuen Zürcher Zeitung. Ohne ihn würde dieser Fußball wohl kaum funktionieren.

Die Innenverteidigung war nach dem Transfer von Mats Hummels nach München 2016 lange Dortmunds Problemzone. Sokratis, inzwischen beim FC Arsenal, ist ein anderer Spielertyp. Aber auch Verteidiger wie Marc Bartra, inzwischen in Sevilla, oder Ömer Toprak, meistens auf der Bank, konnten die Lücke nicht füllen.

Ein moderner Innenverteidiger - schnell, zweikampfstark und Spielmacher zugleich - ist schwer zu finden. Das sagt auch Georg Heitz, und ihm darf man zutrauen, dass er weiß, wovon er spricht. Er war es, der als Sportdirektor des FC Basel in Akanji, damals 19 und Zweitligaspieler beim FC Winterthur, das Potenzial eines modernen Innenverteidigers erkannte. "Es war nicht zu übersehen", sagt Heitz und entschuldigt sich: Es könne passieren, dass er ins Schwärmen gerate.

Fähigkeiten eines modernen Verteidigers

Heitz sah Akanji erstmals bei einem Pokalspiel im Herbst 2014. Kurz darauf, sagt er, habe ein Scout auf seinem Berichtsbogen eine seltene Kategorie angekreuzt: "Über Niveau FC Basel". 2015 wechselte Akanji zum Schweizer Serienmeister, für den er bald zu gut sein sollte.

Wenn Heitz schwärmt, dann spricht er über Akanjis Fußstellung - "geöffnet" -, die ihn an Spieler vom FC Barcelona erinnert, die stets den nächsten Spielzug mitdenken. Heitz spricht über Beidfüßigkeit im Spielaufbau und außergewöhnliche Schnelligkeit, über einen "Diagonalball mit Zug" und das Gefühl für die Organisation einer Abwehrreihe. Viel davon war es auch, was im November 2017 BVB-Sportdirektor Michael Zorc erkannte, als er das 1:0 des FC Basel in der Champions League gegen Manchester United sah. Zwei Monate später war Akanji ein Dortmunder.

In der Schweiz ist um ihn, seit 2017 Stammspieler in der Nationalelf, ein kleiner Hype entstanden. Während der WM fragte die Aargauer Zeitung: "Wird Manuel Akanji der erste Schweizer Weltstar?" Gerade wurde seine Schwester Sarah, 25, für die Sozialdemokraten in den Zürcher Kantonsrat gewählt. Obwohl sie bereits als Gründerin eines Frauenfußballteams in Winterthur Bekanntheit erlangt hatte, erklärte sie nach der Wahl, dass ihr wohl auch die Prominenz ihres Bruders geholfen habe. Viele Medien hatten vor allem deshalb über die Kandidatur berichtet.

Akanji geht selbstbewusst mit seinen Ambitionen um. Dass er irgendwann "für die beste Mannschaft der Welt" spielen möchte, sagte er dem kicker. ManUnited ist sein Lieblingsverein. Noch hat er seine Klasse zwar nicht über eine ganze Bundesligasaison hinweg bewiesen, die Statistik spricht jedoch für seine Entwicklung: 93 Prozent Passquote, 34,14 km/h Spitzengeschwindigkeit, nur alle 224 Minuten ein Foul. Die Hüftverletzung scheint er verkraftet zu haben. 2016 in Basel hatte er sich schon mal nach einem Kreuzbandriss schnell wieder ins Team gespielt.

Dass er komplizierte Probleme lösen kann, zeigte er auch bei einem inzwischen berühmten Besuch in der Schweizer TV-Sendung "Sportpanorama". Akanji bekam eine Kopfrechenaufgabe gestellt - und kam knapp drei Sekunden, nachdem eine Zuschauerin 33 mal 97 gesagt hatte, auf die Lösung: 3201. Er habe sich eben in der Schule gerne mit Zahlen beschäftigt, erklärte er dem ziemlich fassungslosen Moderator. Und, nun ja: Er habe halt viel trainiert.

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