Borussia Dortmund in der Champions League:Mit blutigem Manni ins Gruppenfinale

Borussia Dortmund - SSC Neapel

Dortmunds Sven Bender blutet aus der Nase.

(Foto: dpa)

Das 3:1 gegen den SSC Neapel ist nicht nur gut für die Dortmunder Psyche: Gegen Marseille hat der BVB nun ein echtes Endspiel um den Einzug ins Champions-League-Achtelfinale. Das Sonderlob seiner Kollegen gebührt Vorzeigekämpfer Sven Bender.

Von Felix Meininghaus, Dortmund

Den Sieg gegen den SSC Neapel bereitete Borussia Dortmund schon drei Tage vor dem Anpfiff vor, als der Bundesligagipfel gegen den FC Bayern gerade abgepfiffen war. Und zwar durch die Fans auf der Südtribüne - zumindest ist das die tiefe Überzeugung von Kevin Großkreutz. Wie die Treuesten auf der größten Stehplatztribüne der Welt die eigene Mannschaft trotz der 0:3-Pleite feierten, sei so bewegend gewesen, berichtete der Außenverteidiger mit Glanz in den Augen, dass es die Mannschaft als Verpflichtung aufgenommen habe. "Wir wollten was gutmachen, diesen Fans etwas zurückgeben", berichtete Großkreutz lächelnd und wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht.

Es ist gelungen. Das 3:1 (1:0) gegen die Süditaliener war in allererster Linie ein Sieg der Moral. Trotz vieler widriger Umstände gewann der BVB verdient, zeigte dabei eine starke kämpferische Einstellung, ging allerdings abermals grob fahrlässig mit besten Tormöglichkeiten um. "Es war relativ klar, dass es spektakulär wird", analysierte Trainer Jürgen Klopp nach dem Elfmetertreffer von Marco Reus und den weiteren Toren von Jakub Blaszczykowski und dem eingewechselten Pierre-Emerick Aubameyang: "Es war kein Spiel zum Genießen auf dem Sofa, aber es hatte durchaus Erinnerungswert."

Das lag vor allem an Sven Bender, der an einem nasskalten Novemberabend zum Dortmunder Held der Arbeit wurde. Der Nationalspieler, eigentlich als defensiver Mittelfeldspieler eingeplant, musste in der wieder einmal neu komponierten Viererkette ran und brach sich auf ungewohntem Terrain bereits in der Anfangsphase das Nasenbein, als ihm Neapels Kapitän Christian Maggio den Ellbogen ist Gesicht rammte.

Dortmunds Vorzeigekämpfer blutete stark, wurde minutenlang an der Seitenlinie behandelt, mehrmals musste er das Trikot wechseln. Doch Bender kehrte auf den Rasen zurück und bestritt die Zweikämpfe, als sei nichts geschehen. "Da kann man nur den Hut ziehen", lobte Mitspieler Nuri Şahin kopfschüttelnd: "Manni ist kämpferisch ein Vorbild für uns alle."

Und Torhüter Roman Weidenfeller ergänzte: "Sven ist auch mit der kaputten Nase in jedes Kopfballduell gegangen. Er ist ein absoluter Ausnahmeprofi." Jeder Dortmunder Profi fühlte sich bemüßigt, ein Sonderlob loszuwerden. "Sven ist ein harter Hund", sagte Mannschaftskapitän Sebastian Kehl, "wir werden ihn am Samstag in Mainz wiedersehen."

Benders Einsatz war stilgebend an diesem Abend unter Flutlicht, "hätte er rausgemusst, wäre es eng geworden", sagte Trainer Klopp. Die Alternativen sind rar, nachdem sich drei Viertel der Dortmunder Viererkette verletzt abgemeldet hat. Doch Aufgeben war für den Nationalspieler keine Alternative. Es ist für Bender bereits die dritte schwere Gesichtsverletzung in den vergangenen zwei Jahren. Der 24-Jährige wird demnächst also mal wieder als Maskenmann zu bewundern sein, "er hat ja inzwischen Übung darin", scherzte Klopp.

Abermals schlechte Chancenverwertung

Nach drei Pflichtspielniederlagen in Serie stieg die Stimmung im Dortmunder Lager durch den Sieg spürbar. "Wir sind froh und erleichtert, dass wir es jetzt wieder in der eigenen Hand haben", sagte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. Dank des Erfolgs mit zwei Toren Differenz ist der BVB bei einem Sieg im abschließenden Gruppenspiel in Marseille definitiv im Achtelfinale, auch wenn sich Şahin das Rechenexempel erst noch näher zu Gemüte führen muss. "Der Trainer hat uns die Konstellation gestern kurz erklärt, aber ich habe es nicht verstanden", berichtete der Türke gut gelaunt.

Dass seiner Mannschaft überhaupt drei Treffer gelangen, war bei dieser Chancenauswertung überraschend und dennoch - angesichts des wieder einmal verschwenderischen Umgangs mit besten Einschussmöglichkeiten - viel zu wenig. Allen voran Robert Lewandowski tat sich im Auslassen von Gelegenheiten hervor. Dortmunds polnischer Sturmführer präsentierte sowohl gegen die Bayern als auch gegen Neapel die üppigen Ressourcen eines begnadeten Fußballers, doch sein Wirken blieb mit dem Manko behaftet, dass er es tatsächlich schaffte, den Ball in 180 Minuten nicht einmal im Tor unterzubringen.

Da sich auch die Kollegen Reus, Mkhitaryan, Blaszczykowski oder Aubameyang vor dem gegnerischen Tor nicht gerade als Killer inszenierten, blieb die Partie eine zitterige Angelegenheit. Kapitän Sebastian Kehl stufte es als "ärgerlich" ein, "dass wir so viele Chancen liegen lassen". Er könne sich diese Unpässlichkeit nicht erklären. "Wir haben doch eigentlich diese Qualität."

Torhüter Weidenfeller bereitet es teilweise seelische Schmerzen, das Treiben seiner Vorderleute zu beobachten: "Man möchte dann am liebsten nach vorne rennen und die Dinger selbst reinschießen. Wir müssen uns vor dem Tor einfach mehr konzentrieren."

Dieses Mal reichte es auch so, und das sorgte bei der Borussia für ein wohliges Klima. "Dieser Sieg ist gut für die Psyche", betonte Sahin, und bevor Klopp in die Nacht verschwand, teilte er den Reportern gut gelaunt mit: "Wir wollten in Marseille das Endspiel, jetzt haben wir das Endspiel."

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