Wer vor einem halben Jahr Borussia Dortmunds freiwillige Trennung vom erfolgreichen Trainer Thomas Tuchel beklagt hat, fühlt sich jetzt natürlich bestätigt. Unter Peter Bosz stürzt der BVB in die Mittelmäßigkeit ab, wobei der Niederländer seine frei fallende Mannschaft dort auch erst noch zum Halt bringen muss. Mit dem Aus in der Champions League ging in der Bundesliga der Sturz auf den minderwertigen fünften Rang einher. Und wenn kapitale Geldquellen versiegen, kriselt es massiv beim börsennotierten BVB. Zumal die Saison sportlich gelaufen sein könnte, bevor sie richtig begonnen hat.
Geht auch der vorweihnachtliche Achtelfinal-Trip im Pokal am 20. Dezember zum FC Bayern verloren, bleibt für die zweite Halbserie vornehmlich ein Ziel: die Sicherung von mindestens Platz vier in der Liga, um es in der Champions League auch 2018 versuchen zu dürfen.
Bei Ajax hat das starre System des Trainers funktioniert
Vor sieben Wochen war der BVB Tabellenführer und hatte fünf Punkte Vorsprung vor dem FC Bayern. Jetzt, nur fünf Ligaspiele später, ist die Borussia Fünfter und hat neun Punkte Rückstand auf die Münchner. In diesen sieben Wochen hat der Trainer Jupp Heynckes den Bayern Stabilität verliehen, während Peter Bosz mit immer wieder wechselnden Besetzungen im starren System hartnäckig beweisen wollte, dass sein niederländisch geprägter Tempofußball genau das Richtige für den BVB ist. Hat doch bei Ajax Amsterdam auch funktioniert!
Champions League:Ein furchtbarer Geburtstag
Peter Bosz ändert das System, sein Team geht in Führung - und verliert dennoch 1:2 gegen Tottenham. Der BVB-Trainer sagt nach dem Spiel selbst, dass es gegen Schalke um seinen Job geht.
Erst gegen Tottenham hat er seine Elf mit einer vorsichtigeren Ausrichtung vom selbstzerstörerischen Tempozwang erlöst, aber der einzige Erfolg war, dass das konteranfälligste Team der Welt die Gegentreffer dieses Mal nicht durch Konter kassiert hat. Ansonsten hat wieder nicht viel geklappt. Dortmund hat sich binnen Tagen fußballerisch ruiniert, die Frage ist, wie lange Bosz den Insolvenzverwalter geben wird. Seine Mittel zur Revitalisierung scheinen begrenzt zu sein.
Auswärtige Experten zur spielerischen Sanierung gäbe es viele, darunter jene, die die Dortmunder schon im vorigen Sommer lieber akquiriert hätten als den Mann aus Amsterdam. Der Hoffenheimer Julian Nagelsmann wäre einer, der aber frühestens im Sommer frei sein könnte. Möglich erschiene auch ein neuer Anlauf beim Schweizer Lucien Favre, der mit Nizza in der französischen Liga derart abgestürzt ist, dass man an der Côte d'Azur eine Luftveränderung womöglich nicht kategorisch ausschließt - zumal der BVB noch immer über die erforderliche Liquidität für einen Transfer verfügt.
Überbrückungsszenarien mit B-Lösungen wären gefährlich. Eine Champions-League-Absenz beschädigt den Marktwert der Dortmunder Aktiengesellschaft, deren Fair Value der Vorstandsvorsitzende Hans-Joachim Watzke unlängst noch auf eine Milliarde Euro taxiert hat. Der sportliche Crash hat aber auch die Aktie mit runtergerissen.