Borussia Dortmund:Das Ende der Erklärungen in Dortmund

Borussia Dortmund - Werder Bremen - Pk

Trainer Peter Bosz droht beim BVB die Entlassung.

(Foto: dpa)
  • Borussia Dortmund verliert 1:2 gegen Werder Bremen - Trainer Peter Bosz droht die Entlassung.
  • Wohl erst am Sonntag wird in Dortmund geklärt, wer den BVB in den letzten drei Spielen des Jahres trainiert.
  • Seit Ende September hat Dortmund in vier Champions-League- und acht Bundesliga-Spielen nicht mehr gewonnen.

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Dem Trainer Peter Bosz erschien am Samstagabend nötig klarzustellen, woran in Dortmund sowieso nur noch wenige zweifeln: "Ich bin verantwortlich!" Dies sagte der Coach von Borussia Dortmund nach einer 1:2 (0:1)-Niederlage gegen Werder Bremen, die den Niederländer nach nur fünfeinhalb Monaten beim BVB den Job kosten könnte. Wohl erst am Sonntag wird in Dortmund bekanntgegeben, wer den BVB in den letzten drei Spielen des Jahres trainiert: am Dienstag in Mainz, am Samstag gegen Hoffenheim und am Mittwoch darauf im Pokal-Achtelfinale beim FC Bayern München.

Bosz betonte, er selbst traue sich durchaus zu, dieser Mannschaft noch zur Wende zur verhelfen, aber in seiner Verantwortung liege diese Entscheidung nun mal nicht. Von ihm war erwartet worden, wenigstens eines der beiden jüngsten Bundesligaspiele zu gewinnen; gegen Leverkusen gab es ein 1:1, nun die Niederlage gegen Bremen. Sollten auch Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Sportdirektor Michael Zorc der Ansicht sein, dass einzig Bosz und nicht die Mannschaft für den fußballerischen Niedergang des Klubs verantwortlich sein sollte, dann werden sie am Sonntag die Trennung vom Trainer bekanntgeben.

"Dieser Auftritt heute war von uns Spielern eine absolute Frechheit"

Eigentlich hätte die ganze Welt sehen sollen, wie sich Dortmund aus der Krise befreit. Deshalb hatte der Klub vor dem Heimspiel gegen Werder Bremen noch extrovertiert getwittert, dass man die Partie ab 9.30 Uhr morgens in New York und ab 23.30 Uhr nachts in Tokio würde sehen können. Auch den Zeithinweis für die Niederlande hatten sie nicht vergessen, denn dort war man am Samstagnachmittag gespannt, ob Dortmund gewinnen würde oder ob es auf dem niederländischen Trainermarkt demnächst einen zusätzlichen Bewerber für freie Stellen gibt. Seit Ende September hat Dortmund in vier Champions-League- und acht Bundesliga-Spielen nicht mehr gewonnen und droht den für die Champions-League-Qualifikation wichtigen vierten Platz aus dem Blick zu verlieren.

"Dieser Auftritt heute war von uns Spielern eine absolute Frechheit", schimpfte der Kapitän Marcel Schmelzer. "Das ist Wahnsinn", echauffierte er sich mangels seriöser Erklärungsoptionen. Er könne nicht verstehen, wie eine solche Leistung in einem solch wichtigen Spiel überhaupt passieren könne. "Reden bringt jetzt nichts mehr", beschloss Schmelzer fatalistisch.

Bundesliga-Fans nicht nur in den USA, in Japan und den Niederlanden hatten zuvor eine erneut höchst verunsicherte und obendrein schlecht organisierte Dortmunder Mannschaft gesehen, die nun selbst grübelt, ob ihr Trainer am Dienstagabend in Mainz noch Bosz heißt. Der 54-Jährige steht nach seinem 23. Pflichtspiel als BVB-Trainer an seinem 162. Dienst-Tag bei der Borussia mehr denn je in der Kritik. So früh in der Saison hat Dortmund zuletzt vor 33 Jahren einen Trainer entlassen: Timo Konietzka.

Kagawa schießt Aubameyang an, der vor dem leeren Bremer Tor liegt

Anstelle von Nuri Sahin und Julian Weigl spielten beim BVB Mahmoud Dahoud und Shinji Kagawa im zentral-defensiven Mittelfeld. Doch sie machten es nicht gut, und alle anderen Dortmunder lösten ihre Aufgaben auch nicht gut. Dahoud versuchte ein paar Mal, mit allzu straffen Steilpässen Pierre-Emerick Aubameyang oder Andrej Jarmolenko zu erreichen, aber in der ersten Halbzeit kamen die Dortmunder zu keiner einzigen Torchance. Die Bremer hingegen brachten BVB-Torwart Roman Bürki dreimal mit Fernschüssen in Verlegenheit und ließen ihn in der 26. Minute chancenlos, als Maximilian Eggestein vom rechten Strafraumeck ins Dortmunder Tor schlenzte. Dabei war er von Raphael Guerreiro ebenso wenig gestört worden wie zuvor Bremens Max Kruse bei seiner Seitenverlagerung von Jarmolenko.

"Die erste Halbzeit war die schlechteste, seit ich hier bin", sagte Bosz. Noch vor der Pause hatte er von der Dreierkette wieder auf eine Vierer-Abwehr umgestellt. Nach dem Wechsel brachte er Sahin und André Schürrle für Guerreiro und Jarmolenko. Nun machte der BVB mehr Druck, vor allem Schürrle brachte Schwung. Er stürmte links, während Pulisic nach rechts hinüberwechselte, aber den Ausgleich in der 57. Minute markierte der Bremer Philipp Bargfrede, der den Ball nach einer Hereingabe von Kagawa im Zweikampf mit Aubameyang mit dem Arm über die eigene Torlinie drückte. Ein Treffer, so unbeholfen, dass er zur Dortmunder Situation passte.

Doch die Wende schafften die Borussen selbst damit nicht. Bremen, das zwischenzeitlich auch Zlatko Junuzovic mit einer Verletzung verlor, spielte mutig weiter nach vorne und kam nach einer Ecke durch einen Kopfball von Theodor Gebre Selassie in der 65. Minute zur erneuten Führung. Kagawa hätte fünf Minuten später schon wieder ausgleichen können, schoss aber seinen vor dem Bremer Tor liegenden Kollegen Aubameyang an, von dessen Rücken der Ball über das Tor sprang. Die Zuschauer wurden immer unruhiger - nach dem Spiel pfiffen sie die Mannschaft aus.

Werder Bremen bezahlte seinen Erfolg mit einer kapitalen Verletzung von Fin Bartels. Der Angreifer musste nach einem unglücklichen Kontakt mit dem Dortmunder Sokratis mit Verdacht auf eine schwere Achillessehnen-Verletzung schon nach einer halben Stunde ausgewechselt werden. "Das tut weh", klagte der Trainer Florian Kohfeldt, der sich über den Sieg aber schon trotzdem freute. Und dann formulierte er noch einen Wunsch an seine Kollegen Bosz. Kohfeldt sagte: "Alles Gute!"

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