Borussia Dortmund:Auf der Suche nach der neuen Achse

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Muss seiner Mannschaft ein neues Gesicht geben: Thomas Tuchel bastelt nach dem Abgang prominenter Spieler am neuen Dortmunder Team. (Foto: Johannes Simon/Getty Images)

Nach den Weggängen von Henrikh Mkhitaryan, Ilkay Gündogan und Mats Hummels muss sich der BVB erst wieder als Team finden.

Von Dominik Fürst, München

Eigentlich musste Thomas Tuchel weg, auf ihn wartete ein Flugzeug, aber er hatte es nicht eilig. Kaum war der Trainer von Borussia Dortmund aus dem Spielertunnel im Grünwalder Stadion draußen, hörte er sich die Fragen der Reporter an und lächelte. Keine Spur von Eile, keine Spur von Groll, obwohl sein Team gerade 0:1 (0:1) beim TSV 1860 München verloren hatte, einem Zweitligisten.

"Das war zu erwarten", sagte Tuchel, ihn ärgerte zwar das Gegentor, aber: "So sieht's halt manchmal aus, wenn man zwei Wochen intensiv trainiert." Das hatte der BVB zuvor im österreichischen Kitzbühel, das Testspiel gegen 1860 vor 12 500 Zuschauern war der Abschluss des Trainingslagers. Entschieden wurde das Spiel vom Münchner Mittelfeldspieler Levent Aycicek, der einen Patzer von Matthias Ginter zum einzigen Treffer der Partie in der 37. Minute nutzte. Kurz zuvor hatte Gonzalo Castro auf der Gegenseite einen Foulelfmeter vergeben.

Die Zuschauer wurden auch bei diesem Testspiel daran erinnert, dass dem Tabellenzweiten der vergangenen Bundesliga-Saison ja gerade seine Achse weggebrochen ist: Henrikh Mkhitaryan, Ilkay Gündogan und Mats Hummels waren nur noch als Namen auf vereinzelten Fan-Trikots anwesend, ganz real existieren sie jetzt in Manchester und beim FC Bayern.

Gegen München testet Tuchel drei Zugänge, er bastelt am neuen BVB

Doch Tuchel grollte nicht, er bastelt ja schon am neuen BVB, und drei von fünf Zugängen testete der Trainer gegen 1860: Vorne wirbelte der 19-jährige Franzose Ousmane Dembélé, der nach Pierre-Emerick Aubameyang jetzt der zweitschnellste Dortmunder sein dürfte. Im defensiven Mittelfeld versuchten sich Sebastian Rode, der vom FC Bayern kam, und der Spanier Mikel Merino am Spielaufbau. Sie erledigten das mehr (Rode) oder weniger (Merino) zuverlässig. Aber es waren ja auch alle müde.

"Alles gut", beantwortete Abwehrchef Sokratis nach der Partie die Frage nach der Wettbewerbsfähigkeit des BVB. "Wir müssen lernen und wir müssen kämpfen", sagte der Grieche, weil auch er weiß, dass sich in Dortmund ein neues Team finden muss. Wer zum Bundesliga-Saisonstart alles dazugehören wird, ist aber noch offen.

Wer auch nach intensiver Suche nicht im Grünwalder Stadion ausfindig gemacht werden konnte, war Mario Götze, mit dem sich Dortmund nach den prominenten Weggängen verstärken will. Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandschef von Götzes bisherigem Arbeitgeber Bayern München, bestätigte entsprechende Gespräche. Offenbar ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis der Wechsel perfekt ist. Dem Vernehmen nach befindet sich Götze derzeit mit seinem Kumpel André Schürrle im Urlaub. Es kann gut sein, dass mindestens einer von beiden nach ihrer Rückkehr ins BVB-Training einsteigen wird. Denn auch am Wolfsburger Schürrle soll der BVB ein gesteigertes Interesse haben. Tuchel wollte beide Personalien nach der Niederlage bei den Löwen jedoch nicht kommentieren - es gebe "keinen neuen Stand".

Neben Götze soll Dortmund auch Interesse an Schürrle haben

Dem Dortmunder Trainer aber würden weitere Spieler, zumal mit so prominenten Namen, guttun, und auch Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, der den FC Bayern nach dem Transfer von Hummels als "unschlagbar" bezeichnet hatte, dürfte sich über weitere Transfers freuen. Die Weggänge könnten so vielleicht ausgeglichen und die Last der Verantwortung, vor allem im Mittelfeld, auf mehrere Spieler verteilt werden. Beim Testspiel in München zeigte sich jedenfalls, dass Shinji Kagawa und Gonzalo Castro damit überfordert sein dürften, Henrich Mkhitaryan vergessen zu machen. Großes Potenzial deutete sich hingegen beim Nachwuchs an: Dario Scuderi und Felix Passlack, beide deutscher Meister mit der Dortmunder U19, erledigten ihre Aufgaben auf den Außenbahnen erstaunlich souverän.

Und Mario Götze? Dribbelt auch er bald wieder im schwarzgelben Trikot? Tuchel lächelte noch einmal, als ihm die Frage gestellt wurde, dann sagte er zum Abschied, inzwischen musste er ja wirklich zum Flughafen: "Wenn wir nachher in Dortmund landen, würd's mich sehr überraschen, wenn er da ist." Dann drehte er sich um und verschwand.

© SZ vom 18.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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