Süddeutsche Zeitung

Borna Sosa:Ein Problemlöser für Jogi Löw?

Borna Sosa glänzt beim VfB Stuttgart mit Flanken, die an David Beckham erinnern. Künftig könnte er für die Nationalelf auflaufen - vielleicht schon bei der EM.

Von Christof Kneer

Mario Gomez hatte gerade seinen WM-Urlaub beendet und war mit Verspätung ins Trainingslager des VfB Stuttgart nachgereist. Die Stuttgarter übten im oberbayerischen Grassau, am Abend gab's ein Testspiel gegen Basaksehir Istanbul. Grundsätzlich trug Gomez keine bestechende Laune mit sich herum, was sich aus dem Umstand erklärt, dass er gerade von der WM 2018 kam. Gomez und die Deutschen waren in der Vorrunde ausgeschieden, und sie hatten im gruseligen Watutinki gewohnt.

Gomez spielte noch nicht mit gegen Baseksehir, aber in der Halbzeit dieses Spiels ging er zum Sportvorstand Michael Reschke und sagte: "Danke." Darauf Reschke: "Wofür?" Darauf wieder Gomez: "Für diesen neuen Spieler. Der wird mir in der neuen Saison mindestens acht Dinger auflegen."

Es kam dann anders. Der neue Spieler Borna Sosa, gerade für sechs Millionen Euro von Dinamo Zagreb nach Stuttgart gewechselt, war in den nächsten Monaten oft verletzt, einmal warf er einen Einwurf am Torwart Zieler vorbei ins eigene Tor. Am Ende der Saison stiegen Sosa, Gomez, Zieler und der VfB gemeinsam in die zweite Liga ab, und Sosa blieb nur umständehalber. Weil es keinen Verein gab, der ihn haben wollte.

Sosa könnte die Problemzonengymnastik in der DFB-Abwehr beenden

Drei Jahre später gibt es in Stuttgart nun tatsächlich einen Mittelstürmer, der "danke" sagt. Der zwei Meter große Sasa Kalajdzic bildet mit Sosa ein spektakuläres Flanke-Kopfball-Tor-Duo, wie es die Bundesliga womöglich seit Manni Kaltz und Horst Hrubesch nicht mehr erlebt hat. Zehn Tore hat Sosa in dieser Saison bereits vorbereitet, und ja: Man sieht seiner Flankentechnik an, dass er sich David Beckham zum Vorbild genommen hat.

Am Wochenende hat Sosa, 23, der kroatischen Sportzeitung Sportske Novosti bestätigt, dass er künftig für die deutsche Nationalelf auflaufen wolle. Sosa war erst vorige Woche eingebürgert worden, seine Mutter ist Deutsche, sein Großvater hat lange in Deutschland gelebt. Bislang hat Sosa seine Flanken für Kroatiens U21 geschlagen, aber fürs anstehende EM-Turnier wäre er wohl nominiert worden.

Jogi Löw hat sich in Dortmund und beim BVB-Spieler Marcel Schmelzer mal sehr unbeliebt gemacht, als er meinte, er könne sich "keinen besseren Linksverteidiger schnitzen". Neun Jahre ist dieses Zitat alt, aber im Grunde betreibt Löw links hinten bis heute eine Art Problemzonengymnastik. Derzeit hat er die Wahl zwischen Marcel Halstenberg, Robin Gosens und dem fachfremden Emre Can, und nun sagt DFB-Manager Oliver Bierhoff also über Sosa: "Wir kennen den Jungen und beobachten ihn, und wir glauben, dass er das Potenzial zum deutschen Nationalspieler hat."

Was das Defensivverhalten des Spielers anbelangt, ist die Aussage etwas gewagt, aber Sosas technischen Fähigkeiten machen ihn durchaus zu einem Kandidaten für Löws EM-Kader. Das Problem ist allerdings: Die Stürmer, die danke sagen könnten, sind nur 1,80 Meter (Werner) und 1,76 Meter (Gnabry) groß.

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