Segler Boris Herrmann:Um die Welt - diesmal ohne Greta

Segler Boris Herrmann: Boris Herrmann mit seiner "Seaexplorer": Damals, im vergangenen Sommer, war sie noch heil.

Boris Herrmann mit seiner "Seaexplorer": Damals, im vergangenen Sommer, war sie noch heil.

(Foto: Loic Venance/AFP)

Boris Herrmann brachte Greta Thunberg nach New York, nun bereitet er sich für eine der drei großen Weltumseglungen vor - und ist auch dabei im Dienste der Umwelt unterwegs.

Von Dominik Schelzke

Ein Kaffee kann verschiedene Bedeutungen haben. Für die meisten Menschen ist er der Start in den Tag. Für andere der Anlass für ein Treffen, aus dem vielleicht etwas Großes wird. Für Einhandsegler Boris Herrmann jedoch war die Tasse Kaffee aus dem Plastikbecher auf seinem Boot mitten im Nordatlantik der Moment der Besinnung. Er realisierte, dass er mit dem Ausgang der ersten größeren Regatta dieses Jahres nichts mehr zu tun hat.

Dabei war der deutsche Skipper wenige Stunden zuvor aussichtsreich im Rennen gelegen, hatte das Feld der Vendée-Arctique les Sables d'Olonne zeitweise sogar angeführt. Dann riss die Großsegelhalterung am Mast, und obwohl der 39-Jährige den Schaden auf See behelfsmäßig reparierte, waren seine Siegchancen wegen zu wenig Segelfläche dahin. Dass er trotzdem als Siebter der ursprünglich 20 Konkurrenten über die Ziellinie fuhr, unterstreicht die Ambitionen des Wahl-Hamburgers. Er liebt die Touren über die offenen Meere und nutzt sie für seinen Beitrag zum Umweltschutz. Bekannt wurde Herrmann auch jenseits des Sports, als er im August 2019 Umwelt-Aktivistin Greta Thunberg als Skipper im Segelboot zum Klimagipfel nach New York brachte.

Mehr ein Test als ein Wettkampf

Nächste Herausforderung wird die Vendée Globe. Diese Non-Stop-Regatta, neben dem Ocean Race und dem Barcelona World Race eine der drei großen Weltumseglungen, soll am 8. November starten. Und Herrmann möchte als erster Deutscher dabei sein. Das erklärt auch, warum er sich nach dem Schaden an seinem Boot, der Seaexplorer - Yacht Club de Monaco, sogar erleichtert gab: "In gewisser Weise bin ich glücklich, dass das jetzt passiert ist. Während der Vendée Globe wäre das mein schlimmster Albtraum."

Vor dem Start der Vendée-Arctique ordnete man diese neue Regatta mehr als Test, denn als Wettkampf ein. Immerhin hatte der Segelverband Imoca den Kurs zwischen Frankreich, Island und dem Polarkreis ausgesucht, um den Skippern trotz zweier ausgefallener Transatlantik-Rennen im Frühjahr ein wenig Erfahrung zu vermitteln. Denn mehrere Boote - darunter das von Herrmann - hatten erst seit Winter neue Tragflächen. Herrmann sagte: "Ziel war nicht unbedingt, die Regatta zu gewinnen. Das Wichtigste war, alles testen zu können. Wie eine Generalprobe."

Ein klassischer Dreikampf im Nordatlantik

Trotzdem war der Rundkurs nicht gerade als Spazierfahrt angelegt: 3600 Seemeilen, rund zwei Wochen allein auf See, verschiedenste Wetterkonditionen - und so noch nie befahren. Wenig überraschend also, dass aus der Generalprobe ziemlich schnell ein reguläres Theaterstück wurde. Mit fünf verschiedenen zwischenzeitlich Führenden und einem finalen, klassischen Dreikampf im Nordatlantik.

Segler Boris Herrmann: Herrmann beim Corona-Test.

Herrmann beim Corona-Test.

(Foto: Loic Venance/AFP)

Beim letzten Wegpunkt vor der Ziellinie lag noch Charlie Dalin in Führung, 500 Seemeilen später entschied sein französischer Landsmann die Regatta: Jérémie Beyou. Der Gewinner des letzten Ocean Race von 2018 ließ Dalin 50 Minuten und den Drittplatzierten Ruyant 70 Minuten hinter sich. Dass aus dem Test ein Wettkampf wurde, zeigt auch das weitere Tableau: Bis zum zwölften Platz erreichten alle 60-Fuß-Yachten das Ziel im Abstand von insgesamt nur sieben Stunden und zehn Minuten - nach über 6000 Kilometern Fahrt.

Für den rund viereinhalb Stunden verspäteten Herrmann hatte die Regatta aber auch abseits des Sportlichen etwas Positives. Sein monegassisches Boot war mal wieder im Dienste der Umwelt unterwegs - auch ohne Thunberg an Bord. In Absprache mit der Unesco hatte der Deutsche eine Treibboje nahe Island abgesetzt, die den Salzgehalt und die Temperatur im Wasser messen soll. Gleichzeitig versorgt ein automatisches Labor an Bord der Seaexplorer schon seit 2018 das Max-Planck-Institut für Meteorologie mit wichtigen Daten zur CO2-Aufnahme der Meere.

Für den Umgang mit Corona im Leistungssport war die Vendée Arctique wiederum ein guter Gradmesser. Zwar sind Einhandsegler auf See natürlich isoliert, aber in der Vorarbeit am Boot und mit dem Team steckt trotzdem ein gewisses Risiko. Deshalb hatten sich die einzelnen Skipper fünf Tage vor dem Rennen in Selbstquarantäne begeben und jedes Teammitglied wurde 24 Stunden vor dem Start noch einmal getestet - direkt danach ging es aufs Boot. Nachdem alle Tests negativ ausgefallen waren, wurde außerdem auf die übliche Auslaufzeremonie im Starthafen verzichtet, und auch das Champagnertreppchen im Ziel wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit begangen.

Dieser reibungslose Ablauf könnte als Muster gelten für den Saisonhöhepunkt: "Ich bin mir zu hundert Prozent sicher, dass die Vendée Globe stattfinden wird", sagt Herrmann. Und danach ist ja noch ein wenig Zeit bis zum nächsten großen Rennen. Das Ocean Race, an dem Boris Herrmann mitsamt seiner Mannschaft teilnehmen will, wurde gerade aufs Jahr 2022 verschoben.

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