Bochums 2:0 in Duisburg:Prinzip Retro

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Im kleinen Revierderby zwischen Duisburg und Bochum erinnert Sidney Sam mit seinem ersten Tor für den VfL an seine Qualitäten und leitet den Sieg ein, aber muss sich am Ende für eine rote Karte entschuldigen.

Von Ulrich Hartmann, Duisburg

Sidney Sam kennt sich aus im Rampenlicht, aber kennt auch das Schattendasein als Fußballer. Bei Bayer Leverkusen wurde der Flügelstürmer zum Nationalspieler, bei Schalke 04 und Darmstadt 98 stieg er zur Randfigur ab, beim VfL Bochum versucht er sich seit einem Jahr an seinem Comeback. Am Samstag brachen Freud und Leid des Fußballerlebens binnen zwölf Minuten über den 29-Jährigen herein. Binnen dieser kurzen Zeit verwandelte er sich vom umjubelten Torschützen zum Rot-Sünder. Erst brachte er seine Bochumer mit dem Führungstor im Gastspiel beim MSV Duisburg in die Erfolgsspur (55.), es war sein erstes Tor überhaupt für Bochum. Dann stieß er Duisburgs Kevin Wolze seine Stirn vor den Kopf (67.). Auch ohne ihn blieb es beim 2:0 für den VfL. Sam stand am Ende mit nacktem Oberkörper im Kabinengang und verfolgte die Schlussphase am Fernseher.

Sam ist der bekannteste Bochumer, der bekannteste Spieler im Kader des MSV Duisburg heißt Moritz Stoppelkamp. Der gebürtige Duisburger, 31, hat für Hannover 96 und 1860 München gespielt und für den SC Paderborn mal aus 82 Metern ein Bundesliga-Tor geschossen. Gegen Bochum hielt sich das Duisburger Offensivspiel in der ersten halben Stunde in Grenzen, erst kurz vor der Pause hatte Stoppelkamp zwei Abschluss-Möglichkeiten, drosch den Ball aber beide Male übers Bochumer Tor. Da rauften sich auch jene Fans die Haare, die aus Prinzip das Retro-Trikot mit der Nummer 5 und dem Namen der Klublegend Bernard Dietz, 70, auf dem Rücken tragen. Sam hin, Stoppelkamp her: Früher war hier nun mal vieles besser.

Rot für den Torschützen: Sidney Sam (Nr. 13) muss nach einer Tätlichkeit gegen Andreas Wiegel vom Platz. (Foto: imago/Team 2)

Zu den 20.541 Zuschauern, die sich am Samstag das sogenannte "kleine Revierderby" angesehen haben, gehörten in Hartmut Heidemann, 77, und Johann Sabath, 79, auch zwei Männer, die 1963/1964 in der allerersten Bundesliga-Saison für Duisburg gespielt haben, als dieser noch Meidericher SV hieß und Vizemeister wurde. Die beiden können stundenlang schwärmen von der damaligen Kameradschaft, und Sabath meint es gegenüber den heutigen Spielern gar nicht böse, wenn er sagt: "So eine Mannschaft wie damals kriegt der MSV nicht mehr wieder."

Duisburg gehört nicht gerade zu den Favoriten im Kampf um den Aufstieg, der Etat ist auch für die zweite Liga eher ein kleiner. Zum Auftakt verlor Duisburg 0:1 in Dresden, vor allem in der Offensive haperte es. Sams 1:0 in der 55. Minute war ein Bochumer Führungstreffer, wie er zum Duell der verkrampften Offensivspieler passte: ein Tor mit Hängen und Würgen. Duisburgs Torwart Daniel Davari parierte den Freistoß, doch ihm rutschte der Ball dabei ein paar Zentimeter über die Torlinie. Das 2:0 (64.) erzielte Bochums Zugang Silvere Ganvoula per Kopf, ungestört von Duisburgs Abwehr.

Die Führung für Bochum: Sidney Sam (Nr. 13) trifft per Freistoß zum 1:0. (Foto: imago/Horstmüller)

Der MSV hat nach zwei Spielen weder Punkte gesammelt noch Tore geschossen, Bochum nach der Auftaktniederlage gegen Köln erstmals gewonnen. Doch ob es in diesem Jahr für den VfL fürs Rampenlicht reicht, wie so mancher Experte vor der Saison voraussagte? Zunächst ging es nach dem Spiel auch um Sam. "Das war eine unnötige Aktion, die einem erfahrenen Spieler wie ihm nicht passieren darf", sagte der Bochumer Trainer Robin Dutt. "Sidney weiß das auch und hat sich bei der Mannschaft entschuldigt, weil er uns in den nächsten Spielen fehlt." Obschon sich der Platzverweis im Gefühl des Sieges relativiere, fand Dutt Sams Verfehlung: "Bitter."

© SZ vom 12.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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