VfL Bochum:Ein Trainer, der eher Insidern bekannt ist

Lesezeit: 3 Min.

Froh, dass es nun doch die erste Liga geworden ist: Peter Zeidler bei seiner Vorstellung in Bochum. (Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

Bochums neuer Chefcoach Peter Zeidler kommt aus der Rangnick-Schule und hat gleich einen erheblichen Umbruch zu bewältigen: Sein neuer Kader wird einmal auf links gedreht.

Von Ulrich Hartmann, Bochum

Der Fußballtrainer Peter Zeidler sagt, er gehe normalerweise gern früh ins Bett. Vergangene Woche Montag aber hat der 61 Jahre alte Schwabe beinahe bis Mitternacht aufbleiben müssen, denn er hat sich im Fernsehen live angeschaut, wie der Bundesligist VfL Bochum im Elfmeterschießen des Relegationsrückspiels beim Zweitligisten Fortuna Düsseldorf trotz einer 0:3-Niederlage im Hinspiel den unverhofften Klassenerhalt so gerade eben noch geschafft hat.

Da hat Zeidler wohl erst einmal durchgeschnauft, denn von diesem VfL Bochum hatte er schon vorher eine Anfrage gehabt, und er hätte sich, sagt er nun, auch im Falle des Bochumer Abstiegs vorstellen können, ins Ruhrgebiet zu kommen. „Ich bin jetzt aber natürlich froh, dass der VfL in der Bundesliga geblieben ist“, sagte Zeidler am Montag im Bürogebäude des Ruhrstadions, wo er als neuer Trainer des VfL Bochum vorgestellt worden ist. Sein Vertrag gilt zunächst einmal für zwei Jahre.

Ein Schwabe, der auf Lehramt studiert und lange parallel als Fußballtrainer und Gymnasiallehrer gearbeitet hat, der erst spät von Ralf Rangnick ganz in den Fußball herübergezogen wurde, der in Salzburg Absolvent der RB-Schule war und danach bei Klubs im Ausland gearbeitet hat – Moment mal, so einen Trainer hatte der VfL Bochum bis Anfang April in Thomas Letsch doch schon gehabt!? Sechs Spieltage vor Schluss entließ man Letsch allerdings, schaffte mit dem Interimscoach Heiko Butscher in besagtem Elfmeterschießen in Düsseldorf so gerade eben den Klassenerhalt und engagierte nun den Schwaben Zeidler, einen ehemaligen Gymnasiallehrer und Rangnick-Studienfreund. 2017 beim französischen Klub FC Sochaux hatte Zeidler als Trainer kurz mit jenem Schweizer namens Ilja Kaenzig (damals dort Vorstandsboss) zusammengearbeitet, der jetzt Finanzgeschäftsführer beim VfL Bochum ist. Kaenzig brachte Zeidler in Bochum auf eine Shortlist, auf der auch Enrico Maaßen (zuletzt FC Augsburg) und André Breitenreiter (zuletzt drei Monate beim englischen Zweitligisten Huddersfield Town) gestanden hatten.

„Dies der falsche Moment ist, um große Sprüche zu machen“

Zeidler, gebürtig aus Schwäbisch Gmünd und heimatlich verankert in Böbingen, ist im deutschen Fußball bislang eher Insidern bekannt. Er war von 2008 bis 2011 Co-Trainer von Rangnick bei der TSG Hoffenheim und danach Cheftrainer im Ausland: in Tours, Liefering, Salzburg, Sion, Sochaux und zuletzt sechs Jahre beim FC St. Gallen, wo man ihn für die Aufgabe in Bochum trotz laufenden Vertrags freigab. 2020 spielten Zeidler und St. Gallen in der Schweiz bis zum Saisonende um den Titel mit, sie mussten sich schließlich aber knapp Gerardo Seoanes Young Boys Bern geschlagen geben. Zeidler sagt, es habe immer mal wieder Anfragen von Bundesligisten gegeben, aber ganz konkret ist es nie geworden, „vielleicht habe ich mich in St. Gallen auch einfach sehr wohlgefühlt“.

Kaenzig nennt Zeidler eine „spannende Persönlichkeit mit einer klaren Idee“. VfL-Sportdirektor Marc Lettau erklärt Zeidlers Verpflichtung mit dem Anforderungsprofil an einen Trainer, „der leidenschaftlich kommuniziert, auch dann, wenn es mal nicht so läuft – und Peter Zeidler ist ein unglaublicher Kommunikator“. Der unglaubliche Kommunikator antwortete am Montag auf die Frage nach seiner Fußballphilosophie dann allerdings erst mal zurückhaltend, dass „dies der falsche Moment ist, um große Sprüche zu machen“. Beim VfL erwartet Zeidler mitnichten ein gemachtes Bett, es muss vielmehr neu bezogen werden. Nach dem Relegationswunder in Düsseldorf wurden vergangene Woche zehn Bochumer Spieler verabschiedet: Kevin Stöger, Keven Schlotterbeck, Takuma Asano, Patrick Osterhage, Gonçalo Paciência, Danilo Soares, Philipp Förster, Moritz Römling, Andreas Luthe und Michael Esser. Der Kader wird ein Mal auf links gezogen.

Außerdem braucht es einen neuen Sportgeschäftsführer, denn die Zusammenarbeit mit Patrick Fabian ist vergangene Woche zu Ende gegangen. Bis da ein neuer Mann gefunden ist, bestreitet der Sportdirektor Marc Lettau die Saisonplanung mit Zeidler erst einmal allein. „Ja, da kann ich jetzt sicher ein bisschen mitreden“, sagte Zeidler am Montag augenzwinkernd. Er sei froh, dass er nun auch einmal in der Bundesliga arbeiten dürfe und freue sich auf die berühmte Bochumer Stadionatmosphäre. Die Saison beginnt Ende August.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusManuel Neuer im DFB-Tor
:Am Ende spielt nur einer

Manuel Neuer kehrt kurz vor der EM ins DFB-Tor zurück. Die Situation im Kader ist mit gleich vier Torstehern luxuriös – obwohl ein verschärfter Konkurrenzkampf gar nicht dringend erwünscht ist.

Von Philipp Selldorf

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: