VfL Bochum:Es summt wieder an der Castroper Straße

Jubel Bochum 2:0, v.li., Christopher Antwi Adjei (VfL Bochum), Gerrit Holtmann (VfL Bochum), Sebastian Polter (VfL Boch

Jubel über die Entscheidung: Christopher Antwi Adjei, Gerrit Holtmann und Torschütze Sebastian Polter (am Boden) freuen sich über Bochums Tor zum 2:0 gegen Frankfurt.

(Foto: Maik Hölter/imago images/Team 2)

Fast 20 000 Fans beim Spiel unter Flutlicht, die Abstiegsränge verlassen: Der VfL Bochum ordnet sich nach zwei Siegen in Serie in der Bundesliga vorerst dort ein, wo er sein will.

Von Ulrich Hartmann, Bochum

Wer Thomas Reis beobachtet hat am Rande des Spiels seines VfL Bochum gegen Eintracht Frankfurt, der sah einen Trainer, der sich die Haare raufte, mit der Faust auf den Boden hämmerte, einen Tanz der Hilflosigkeit aufführte und vor Verzweiflung den Himmel um Erlösung anflehte. Hinterher sagte der 48-Jährige: "Ich habe mich ein bisschen geärgert, dass wir unsere Chancen so fahrlässig vergeben haben."

Im Ruhrgebiet ist man bescheiden. Selbst großen Gefühlen wird bisweilen nur ein lakonisches "bisken" voran gesetzt. Fast 90 Minuten lang haben die Bochumer Bundesliga-Neulinge in geradezu komödiantischem Stil versäumt, dem 1:0 durch Danny Blum aus der dritten Minute einen zweiten Treffer folgen zu lassen. Erst in der zweiten Minute der Nachspielzeit erlöste Sebastian Polter das mit 19 500 Zuschauern nahezu vollständig befüllte Stadion an der Castroper Straße.

Nach dem 1:0-Sieg in Fürth und diesem 2:0-Triumph gegen Frankfurt hat Bochum die Abstiegsränge verlassen und freut sich auf einen Pokalabend unter Flutlicht gegen den FC Augsburg am Mittwoch. Die Zeichen stehen auf Achtelfinal-Einzug. Unter den besten 16 im Pokal und unter den besten 14 in der Bundesliga-Tabelle dürfte sich der zuvor ein Jahrzehnt lang aus dem Dunstkreis der Fußball-Elite verschwundene Klub endlich wieder seinem Selbstverständnis gemäß eingeordnet fühlen.

Die Stimmung am Sonntagabend war sogar europapokalreif. In Bochum haben sie ja noch richtige Flutlichter an langen Masten. Wenn der VfL abends spielt, dann sieht man die Lichtkegel vor dem dunklen Nachthimmel von weither. Und wenn die Mannschaft dann auch noch solch ein leidenschaftliches Spiel zeigt wie gegen Frankfurt, dann wirkt der Betonkasten im zentral gelegenen Stadtteil Grumme wie ein riesiger, summender Bienenstock. Mitten in der Stadt. Bochum ist zusammen mit Bielefeld in dieser Hinsicht wohl der englischste Fußball-Standort der Bundesliga.

Die Spielchronologie war der Euphorie des Publikums zuträglich. Man erfreute sich ausgelassen am frühen Tor nach 135 Sekunden durch den genesenen Startelf-Debütanten und ehemaligen Frankfurter Blum sowie am insgesamt 25. gehaltenen Elfmeter des VfL-Torwarts Manuel Riemann. Goncalo Paciencias Fehlschuss bedeutete für die Eintracht, erstmals nach viereinhalb Jahren und 23 Pflichtspiel-Elfmetern wieder einen Strafstoß verschossen zu haben.

Mit großem Facettenreichtum vergaben die Bochumer in der zweiten Halbzeit ihre Konterchancen. Nicht nur der Trainer Reis, auch die Fans rauften sich die Haare. Nachdem Frankfurts Daichi Kamada in der 86. Minute mit einem Schuss an den Innenpfosten um ein Haar zum Ausgleich getroffen hätte, brachten die Gastgeber ihren verdienten Sieg doch noch nach Hause.

Überholt haben sie damit sogar jene Frankfurter, die in ihrer Europa-League-Vierergruppe Erster, in der Bundesliga aber Viertletzter sind. "Unsere Achterbahnfahrt geht weiter", sagte der Trainer Oliver Glasner. "Wir sind nicht zufrieden." Ein Aus im DFB-Pokal in dieser Woche brauchen die Hessen allerdings nicht zu befürchten. Das hatten sie bereits in der ersten Runde in Mannheim erledigt.

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