Rücktritt von Mariama Jamanka:Ballerina im Bob

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Am Ziel: Mariama Jamanka (links) und Anschieberin Lisa Buckwitz bei ihrem Olympiasieg in Pyeongchang in Südkorea 2018. (Foto: Peter Hartenfelser/Imago)

Mariama Jamankas Karriere war mit Olympiagold und WM-Titel in kurzer Zeit sehr erfolgreich. Nun zieht die außergewöhnliche Bob-Pilotin weiter - und studiert.

Von Volker Kreisl

Zu spät war Mariama Jamanka fast nie dran, weder im Leben noch im Sport. Sogar, als sie sich mit bereits 24 Jahren entschloss, noch einmal Bobpilotin zu werden, war das noch rechtzeitig. Nur drei Jahre, dann hatte sie Olympia-Gold gewonnen.

Jamankas Auftritt in Pyeongchang in Südkorea 2018 zeigte jedoch alles, was auch konventionell und jahrelang geschulte Bobfahrerinnen beherrschen. Sie erzeugte mit ihrer Anschieberin Lisa Buckwitz genügend Schwung am Start, steigerte sich mit jedem der vier Läufe und kam schließlich mit einem Vorsprung von sieben Hundertstel als Erste an. Das war knapp, aber rechtzeitig.

Ballett, Reiten, Bobfahren: Jamanka war schon immer neugierig

Nun, gut vier Jahre später, nach einer weiteren olympischen Silbermedaille in Peking 2022, hat Jamanka abermals die Kurve gekriegt - und ihre Karriere beendet. Es wurde Zeit, sich ins echte Leben zu stürzen, sich zu bilden für einen Beruf, der sie ernährt, den sie länger ausüben kann. Denn Boblenken ist zwar faszinierend und vielfältig, es schult die Konzentration und verlangt technisches Verständnis, aber nur wenige verdienen später als Verbands-Mitarbeiter auch Geld. Doch finden Neugierige wie Jamanka immer auch andere Verlockungen für ihre Zukunft.

Vielleicht lag es daran, dass sie schon immer begeisterungsfähig war, vielleicht auch an Reinickendorf. Aus dem Berliner Stadtteil stammt sie, als eine der wenigen Sporttreibenden, die es aus der flachen Metropole in einer Winter-Disziplin, die mit Bergen zu tun hat, zu großer Kunst brachten.

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Doch Sport und Bewegung stellten für Jamanka schon immer ein Vergnügen dar. Sie wechselte als Teenagerin von einem Kurs zum nächsten, probierte Ballett-Tanz, später Reiten, auch gab es mal eine Zeit als Cheerleaderin, ehe sie schließlich zum ernsten Sport überwechselte, in eine Königsdisziplin, in der streng gemessen und die Zeit gestoppt wird, nämlich die Leichtathletik. Jamanka warf Diskus und Hammer, doch irgendwie kam sie nicht weiter, weshalb ihr ein Trainer antrug, es doch mit dem Bobsport zu versuchen.

Sie hatte noch keinen Weltcup gewonnen, dafür nun Olympiagold

Weil Jamanka aber nicht nur neugierig und begeisterungsfähig war, sondern auch Verantwortung übernehmen wollte, wechselte sie bald nach vorne, auf den Pilotinnen-Sitz. Und vielleicht war dies das Ziel einer konsequenten Weiterentwicklung, vielleicht ergaben ihre bisherigen Disziplinen doch einen Gesamtsinn. Ballett fördert durchaus die Koordination und den Gleichgewichtssinn, Reiten den Umgang mit einem empfindlich reagierenden Untersatz und, ja, Cheerleading? Natürlich: Synchronität und Teamgeist. Alles im Bobsport hängt ja davon ab, dass sich recht muskulöse Anschieber schnell, sauber und ohne Zeitverlust in eine schmale Kiste einschachteln, um eine schnelle Startzeit hinzulegen.

Dann braucht man nur noch eine gute Lenkerin. Und das war Jamanka fast von Beginn an. Andernfalls wäre die Berliner Quereinsteigerin nicht derart abrupt zum höchsten Triumph ihrer Disziplin gelangt. Als sie 2018 Olympia-Gold abräumte, hatte sie noch keinen Weltcup gewonnen. Jamanka konnte dennoch exzellent auf der Ideallinie balancieren, kürzlich, im Winter 2022 wurde sie auch noch Olympiazweite, zudem davor Einzelweltmeisterin 2019 in Whistler in Kanada. Und ja, sechs Weltcupsiege kamen dann auch noch dazu.

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Was nun so leicht klingt, war wie immer Ergebnis harter Arbeit, weshalb in Jamankas Abschiedsbemerkung auch der Hinweis auf anstrengende Zeiten vorkommt: "In meiner Laufbahn als Sportlerin hatte ich viele tolle Momente, letztlich waren diese auch Ergebnisse von harter Teamarbeit und großem Verzicht."

Jedenfalls - Jamanka hat auch jetzt rechtzeitig umgesattelt. 31 Jahre ist sie alt, kein Alter für eine Bobpilotin, sie könnte noch tolle Bahnen befahren, wie etwa bei der WM nächsten Winter in St. Moritz im Natureis-Kanal. Aber große Titelsammlungen sind wohl nicht Jamankas Ziele, eher ist es die Suche nach neuen Herausforderungen, wie nun das Studium in der großen Stadt. Sie zieht wieder weiter, ehe es zu spät ist.

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