Wintersport:Bob-Bundestrainer nennt Frauenwettbewerb "Spaßrennen"

Bobsleigh World Championships in Igls

Knapp Zweiter: der deutsche Viererbob mit Pilot Friedrich.

(Foto: Jan Hetfleisch/dpa)
  • Nach dem verpassten WM-Titel schimpft Bob-Bundestrainer Christoph Langen über den internationalen Bob- und Skeletonverband FIBT.
  • Dessen Zeitplan hatte vor dem Finale der Männer einen Frauenwettbewerb vorgesehen.
  • Die Fahrer zeigen sich derweil selbstkritisch.

Von Volker Kreisl, Innsbruck-Igls

Sie fahren auf denselben Bahnen, sie stecken in denselben Nationalverbänden, sie müssen alle anschieben, sich dünn machen und gut lenken. Und doch gibt es zwischen dem Rodel- und dem Bobsport einen großen Unterschied. Im Rodeln beherrschen die Deutschen fast alle Wettbewerbe, im Bobsport bleibt es stets spannend, bis zur letzten Hundertstelsekunde. Und immer wieder gibt es Ärger.

Nach dem furiosen Finale im Vierer-Bob bei den Weltmeisterschaften in Innsbruck-Igls, bei dem der Lette Oskars Melbardis dem Oberbärenburger Francesco Friedrich einen sicher geglaubten Sieg noch entrissen hatte, durfte die Zielabordnung des internationalen Bob- und Skeletonverbands FIBT eigentlich zufrieden sein. Neben Melbardis und Friedrich stand auch noch der Schweizer Rico Peter auf dem Podest, dahinter hatten andere die im Viererbob-Weltcup bislang exzellenten Deutschen aufgemischt. Aber Bob wäre nicht Bob, wenn es damit gut gewesen wäre. In der Freude über die Vielfalt kam Ärger auf. Christoph Langen, der deutsche Bundestrainer, ließ Dampf ab.

"Keine Ahnung vom Leistungssport"

Langen ist kein Freund davon, seinen Zorn aus Gründen der Diplomatie zu unterdrücken, und es hatte sich im Laufe der zwei Viererbob-Tage offenbar viel Zorn angestaut. Es war ja wegen des wechselhaften Wetters für diesen materialintensiven Sport ein sehr anspruchsvoller Wettkampf, der einem Trainer Kopfzerbrechen bereiten konnte. Nach der Niederlage sagte Langen, die FIBT entscheide schon die gesamte Saison über "katastrophal", sie habe "keine Ahnung vom Leistungssport".

Vier Läufe umfasst ein WM-Bewerb, nach den ersten beiden Rennen am Samstag führten Friedrich und Walther, und wenn die Mannschaft des Gesamtweltcupführenden Maximilian Arndt (Suhl) nicht beim ersten Start viel Zeit durch stark asynchrones Einsteigen verloren hätte, wären vermutlich drei Deutsche vorne gelegen. Ihre Kufen liefen blitzschnell, denn am Samstag schneite es, und es war kalt.

Gemäß aller Wetterberichte blieb es nicht dabei. Bekanntlich schoss das Quecksilber im Thermometer am Sonntag hinauf auf bis zu 15 Grad, und das Eis in der Bahn von Innsbruck schmolz rapide. Schon am Mittag plätscherten neben der Bahn Schneewasserbäche, kurz vor Beginn des dritten Laufs rann Wasser dann auch die Bahn selber hinunter, und dazwischen wurde auch noch das Vierer-Bob-Testrennen der Frauen ausgetragen. Und dieses brachte das Fass bei Langen dann zum Überlaufen.

Fahrer suchen Fehler bei sich selbst

"Man hätte unter diesen Umständen die Bahn schützen müssen", schimpfte er später. Stattdessen trage man das Viererbob-Rennen der Frauen aus, ein "Spaßrennen", wie es der Coach nannte. Da waren tatsächlich nur vier Schlitten beteiligt, aber es ging weniger um einen Wettkampf, als um Gleichberechtigung im Sport, es war lange erkämpft und verabredet. Langen aber hatte kein Verständnis dafür. Der Leistungssport müsse Priorität haben, die Bahn sei dadurch noch weicher und tiefer geworden, "mindestens die ersten fünf Starter wurden beeinträchtigt". Und zu den ersten fünf des Sonntags zählten die Führenden vom Bob- und Rodelverband Deutschland (BSD), Friedrich und Walther.

Tatsächlich hatten sie massiv Zeit verloren. Vor allem im unteren Bereich fuhren jene Gegner schneller, die später starteten, als das Eis wegen wachsender Schatten wieder anzog. Nur: Melbardis und Peter, die zu den ersten Fünf zählten, hatten die deutschen Probleme nicht. Und jene BSD-Bobs, die später starteten, konnten umgekehrt nicht aufholen.

Friedrich verpokerte sich bei der Kufenwahl

Heike Grösswang, Generalsekretärin der FIBT, wies Langens Vorwürfe kühl zurück. "Es waren nur vier Frauenbobs", sagte sie, wegen denen werde das Eis nicht schlecht. "Wir haben hier in Innsbruck mit die besten Bahnarbeiter der Welt." Die hätten die Anlage zwischen Frauenrennen und Finale einwandfrei hergerichtet. Auch Silber-Gewinner Francesco Friedrich sagte, die Verhältnisse seien schwierig gewesen, "aber daran hat es nicht gelegen". Eher an seinem Fahrfehler, und wohl auch daran, dass er sich bei der Kufenwahl verpokert hatte. Er hatte die Wärme ein wenig unterschätzt und wollte sich nicht von den Schienen trennen, mit denen er tags zuvor so gut zurechtgekommen war. Auch Langen sagte: "Damit mich keiner falsch versteht: Wir haben selber Fehler gemacht." Den Verband hätte er aber auch kritisiert, "wenn wir gewonnen hätten". Es ging also auch ein bisschen ums Prinzip.

Zur Freude der FIBT hatte sich dieses Viererrennen dann dramatisch zugespitzt. Friedrichs Vorsprung schmolz ganz langsam. Am Abend, als die Sonne hinter den Bergen verschwunden und das Eis wieder kälter und härter war, hatte er noch 17 Hundertstel. Kurve um Kurve büßte er auf seinen falschen Kufen ein. Im Ziel lag er um vier Hundertstel zurück. Und das war eindeutig zu viel.

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