Boateng beim FC Bayern:Hoeneß und der Salto rückwärts

FC Bayern - Präsident Uli Hoeneß

Bayern-Präsident Uli Hoeneß.

Jérôme Boateng darf Anspruch auf einen würdigen Abschied beim FC Bayern haben. Den will ihm Präsident Uli Hoeneß aber nicht zugestehen.

Kommentar von Benedikt Warmbrunn

Am Sonntag hat das Internet - oder zumindest der Teil des Internets, der sich mit dem FC Bayern beschäftigt - einen Salto vorwärts gedreht. So dürfte das jedenfalls Uli Hoeneß sehen, und was die Turnfähigkeiten des Internets angeht, kennt sich wohl niemand so gut aus wie er. Es ist erst zwei Monate her, da hatte der Präsident des FC Bayern mitgeteilt: "Hätte ich gesagt, was ich denke, hätte das Internet erst einen Salto rückwärts und dann vorwärts gedreht. Das wollte ich mir ersparen - und Jogi Löw übrigens auch."

Nicht gesagt, was er dachte, hatte Hoeneß damals zur Entscheidung des Bundestrainers, auf die Bayern-Profis Mats Hummels, Thomas Müller und Jérôme Boateng verzichten zu wollen. Löw war unangekündigt nach München gereist und hatte seinen Entschluss dort in Einzelgesprächen mitgeteilt. Danach war über die Stilfrage diskutiert worden, nicht zu Unrecht, wobei sich in der Debatte keine Idee final durchgesetzt hat, wie Löw die Gespräche wirklich stilvoll hätte führen können. Hoeneß hatte dazu geschwiegen - und dadurch Löw, dem Internet und sich selbst mehrere Salti erspart.

Am Sonntag erklärte Uli Hoeneß nun die Zeit von Boateng auch beim FC Bayern für beendet. Überraschend war das nicht, seit Monaten gilt der Abschied des Innenverteidigers als nahezu sicher, und erst recht, nachdem Boateng zuletzt bei mehreren Feierlichkeiten nicht mitgefeiert hatte. Dass nun so mancher empört einen Salto vorwärts gedreht hat, lag daran, dass Hoeneß Boateng nichts ersparen wollte. Hoeneß kam weder angekündigt noch unangekündigt, er führte auch kein Einzelgespräch. Er unterbrach einfach im Rathaus einen Reporter, der gerade Boatengs Verdienste erwähnte, mit den Worten: "Dem würde ich empfehlen, den Verein zu verlassen. Ich glaube, er braucht eine neue Herausforderung. Im Moment wirkt er wie ein Fremdkörper, als Freund würde ich ihm empfehlen, sich einen neuen Verein zu suchen."

Es ist nicht das Ende, das Boateng sich erhofft hat

Das Verhältnis zwischen den Bossen der Bayern und Boateng (Spitzname: der Boss) war nie eine Freundschaft. Die Bosse fremdeln damit, dass einer als Profi arbeiten und zugleich Zeit für Brillenkollektionen oder Termine mit der Kanzlerin finden kann. Im vergangenen Sommer hatten die Bosse dem Boss auch schon nahegelegt, sich einen neuen Verein zu suchen, Paris hatte fast 40 Millionen Euro geboten - der Transfer scheiterte dennoch. Boateng blieb, weil Trainer Niko Kovac ihn behalten wollte. Doch auch Kovac setzte dann bald nicht mehr auf ihn.

Uli Hoeneß und Klubchef Karl-Heinz Rummenigge wiederum fiel es weiterhin nicht schwer, sich in ihrem Bild bestätigt zu fühlen: Boateng patzte im Herbst mehrmals. Er gab einem Magazin seinen Namen. Er brachte eine Brillenkollektion heraus. Das Magazin, das seinen Namen trägt, lud zu einer Feier ein, nach dem Spiel gegen Dortmund. Nichts davon hat aus Boateng einen unprofessionellen Fußballer werden lassen, er hat einfach sein Leben gelebt, wie er es leben will. Als Geste der Versöhnung nahmen sie all das auf der Klubetage aber auch nicht wahr.

Dass der Innenverteidiger weder die Meisterschaft noch den Pokalsieg wirklich mitfeierte, war wohl für Hoeneß die letzte Provokation. Er gestand Boateng nicht mal mehr zu, frustriert zu sein nach acht Jahren im Klub, in denen er alle Titel gewonnen hat, als entscheidender Spieler. Das Ende, das Boateng kommen sah, war nicht jenes, das er sich erhofft hatte. Seine Frustration war die eines Spielers, der durchaus den Anspruch haben darf, angemessen verabschiedet zu werden.

Dass Hoeneß Boateng nicht einmal diesen würdigen Abschied zugestehen will (am Montag stand er beim Freundschaftsspiel in Kaiserslautern nicht einmal im Kader), passt zu den Auftritten der Klubbosse in den vergangenen Wochen, in denen diese auch mit dem von ihnen selbst geschwächten Trainer Kovac nur selten freundschaftlich umgingen. In dieser Geschichte der Stilfragen des FC Bayern waren Hoeneß' Worte zu Boateng nur ein weiterer Salto rückwärts.

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