Biathlon-WM in der Schweiz:Die Jägerin lauert schon

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Das Ziel von Franziska Preuß: den Schwung des WM-Auftakts mitnehmen. (Foto: Alexander Hassenstein/Getty)

Die Vorzeichen für WM-Gold standen für Biathletin Franziska Preuß noch nie so gut: Im Sprint in Lenzerheide will sie ihre Saison krönen. Allerdings präsentiert sich ihre ärgste Verfolgerin Lou Jeanmonnot aus Frankreich in Bestform.

Von Saskia Aleythe, Lenzerheide

Der schrägste Vogel der Biathlon-WM trägt lila Hosen. Lenzi ist das Maskottchen der Wettkämpfe in Lenzerheide, und Lenzi ist ein Auerhahn. Keiner, der vor Kraft strotzt, sondern einer mit buntem Gefieder und lässiger Haltung, obwohl das Auerhuhn in der Schweiz vom Aussterben bedroht ist. Nun gut, diese Lässigkeit ist vielleicht auch ein Ausdruck des Lebensgefühls hier in den Bündner Alpen. Um davon ein wenig abzugeben, gehört ein Plüsch-Lenzi auch zu den Trophäen bei der Siegerehrung. Und das bedeutet unter anderem für Franziska Preuß: Der ein oder andere Lenzi darf sich bei dieser WM noch ansammeln.

Vier Mini-Maskottchen sind mit dem Bronze-Erfolg der Mixed-Staffel am Mittwoch schon ins deutsche Teamhotel eingezogen, ein willkommen weicher Start in diese WM. Und eine gute Basis für das vielleicht wichtigste Rennen für Franziska Preuß in der Schweiz: Will sie ihre überragende Saison als Weltcupführende mit WM-Gold krönen, dann ist der Sprint am Freitag die Basis für alles, was noch folgen könnte. Eine Portion Anspannung hat sich bei der 30-Jährigen durch den geglückten Auftakt mit dem Team immerhin schon aufgelöst. „Ich habe nach dem Rennen wirklich gespürt, wie der Druck von mir abgefallen ist“, sagte Preuß.

Sechs Jahre ist es her, dass gleich zu Beginn einer Weltmeisterschaft lachende deutsche Gesichter durch die Arenen gezogen sind. Ort des Geschehens war Östersund in Schweden. Für Preuß war es damals eine gebrauchte WM, sie musste zuschauen, wie andere sich ihre Träume erfüllten. Denise Hermann-Wick etwa, Laura Dahlmeier oder Arnd Peiffer. Und nun? „Alles, was jetzt noch kommt, ist mit Sicherheit leichter, als die erste Medaille zu gewinnen“, sagte Sportdirektor Felix Bitterling in Lenzerheide. Wobei bei Franziska Preuß die Besonderheit hinzukommt, dass sie trotz nun schon acht WM-Auszeichnungen in ihrer Karriere erst eine in einem Einzelrennen abstauben konnte. Und das ist zehn Jahre her.

Jeanmonnot gewann vier der letzten fünf Rennen vor der WM

Nun aber stehen die Vorzeichen auf eine Wiederholung so gut wie noch nie, Preuß ist jetzt die Gejagte. Der Sprint am Freitag wird voraussichtlich vor allem auf ein Kräftemessen mit ihrer ärgsten Konkurrentin hinauslaufen: Lou Jeanmonnot aus Frankreich, die vier der letzten fünf Rennen vor der WM für sich entschied. Und da konnte man am Mittwoch schon mal beobachten, was die 26-jährige Französin in dieser Saison ausmacht. Auf der Strecke war sie von allen an Position zwei gestarteten Frauen am schnellsten unterwegs, am Schießstand leistete sie sich nur einen Fehler und war dabei auch noch schnell am Abzug. Preuß haderte stattdessen mit ihren zwei Nachladern. „Es passiert mal schnell ein Fehler. Aber um in den Einzelrennen top zu sein, darf das nicht passieren“, sagte sie.

Nervosität war dabei wohl auch im Spiel, denn Preuß drehte beim Schießen an ihrem Diopter, um die Visierlinie neu zu justieren, dabei wedelten die Windfahnen zu diesem Zeitpunkt eher verhalten. „Ich habe zu schnell reagiert auf den Wind, ich hätte gar nicht drehen müssen“, sagte Preuß. Umso glücklicher war sie schließlich, dass sie nur jeweils eine Zusatzpatrone bemühen musste, um die Scheiben gänzlich zu versenken. „Das war gut. Da habe ich doch in der Vergangenheit so meine Probleme gehabt“, sagte sie. Ein neuer Mensch ist sie durch die Erfolgsserie in diesem Winter nicht geworden, trotz ihrer zehn Podestplätze in 14 Einzelrennen schwirrt ihr immer noch der ein oder andere Misserfolg der vergangenen Jahre im Kopf herum.

Lou Jeanmonnot genießt den Vorteil, dass nicht alle französischen Hoffnungen in ihrer Person gipfeln. (Foto: Franck Fife/AFP)

Auch wenn sie sich im Deutschen Skiverband (DSV) davor hüten, Preuß zu viele Erwartungen aufzuladen, ist die Bayerin doch die Frau, auf die nun alle schauen. Unter der Saison ließ auch die erfahrene Vanessa Voigt mit Podestplätzen aufhorchen, doch sie konnte sich nach einer Erkrankung in der Weihnachtszeit bis zu den Titelkämpfen in der Schweiz nicht erholen. Selina Grotian, 20 Jahre alt, genießt bei ihrer zweiten WM noch eine Art Welpenschutz, hat aber mit ihrem ersten Weltcupsieg im Dezember schon ihr Potenzial angedeutet.

Bei den Französinnen ist die Situation eine gänzlich andere: Gleich fünf von ihnen stehen aktuell in der Gesamtwertung in den Top Ten. Jeanmonnot genießt den Vorteil, dass nicht alle Hoffnungen in ihrer Person gipfeln. Zumal Frankreich auch bei den Männern mehrere Titelaspiranten im Team hat. „Ich fühle mich nicht als Anführerin, weil wir alle wirklich stark sind. Wir treiben uns gegenseitig an“, sagte Jeanmonnot. Nun schon mit Gold aus der Mixed-Staffel dekoriert zu sein, ist auch nicht die schlechteste Voraussetzung, um mit starken Nerven in den Sprint am Freitag zu gehen.

Am liebsten hätten sie es im deutschen Team natürlich, wenn man den Schwung aus dem erfolgreichen Mittwoch einfach von Tag zu Tag mitnehmen könnte. „In alle Wettkämpfe, die jetzt noch kommen, gehen wir sicher mit einem anderen Mindset rein, als wenn es heute nicht geklappt hätte“, sagte Felix Bitterling. Da passte es, dass trotz des Ruhetags am Donnerstag ein freudiger Anlass zelebriert werden konnte: Philipp Nawrath hatte Geburtstag, er wurde 32 Jahre alt. Die Betreuer sangen für ihn, Kuchen gab es auch. Die Devise lautet nun: Beim Feiern in Übung bleiben.

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