Biathlon-WM in Ruhpolding:Die Hauptdarsteller der Titelkämpfe

Natürlich werden die Titelkämpfe von Ruhpolding ganz im Zeichen von Magdalena Neuner stehen, natürlich werden die meisten Blicke auf sie gerichtet sein. Neuner ist trotz allem nicht die einzige Biathletin der WM. Mehr als 400 Sportler aus 45 Nationen haben gemeldet. Die bekanntesten Gesichter, die größten Favoriten, die renommiertesten Athleten.

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Biathlon-WM in Ruhpolding:Magdalena Neuner

Magdalena Neuner, 25, Deutschland

Quelle: dpa

Magdalena Neuner, 25, Deutschland

Natürlich werden diese Titelkämpfe von Ruhpolding ganz im Zeichen von Magdalena Neuner stehen, natürlich werden die meisten Blicke auf sie gerichtet sein, auch solche aus dem Ausland. Die 25-Jährige aus Wallgau genießt nicht bloß hierzulande höchsten Respekt für ihre Leistungen, sondern auch international. Außerhalb von Deutschland hat man ihre Rücktrittsankündigung sehr wohl wahrgenommen, mit ehrlichem Bedauern im Übrigen. Zum Anfang der Abschiedstournee feiert sie Bronze in der Mixed-Staffel und setzt im Sprint noch einen drauf: Unangefochten läuft sie zum elften WM-Titel.

Neuner ist trotz allem nicht die einzige Biathletin, die an den Weltmeisterschaften teilnimmt. Mehr als 400 Sportler aus 45 Nationen haben gemeldet, rund 230 Männer, knapp 190 Frauen. Die bekanntesten Gesichter, die größten Favoriten, die renommiertesten Athleten werden im Folgenden vorgestellt.

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Biathlon-WM in Ruhpolding:Darja Domratschewa

Darja Domratschewa, 25, Weißrussland

Quelle: dpa

Darja Domratschewa, 25, Weißrussland

Erstmals aufgefallen ist Darja Domratschewa beim Weltcup 2009 in Oberhof: Im Massenstartrennen kam sie als Erste zum zweiten von vier Schießen, das den Regeln entsprechend liegend ausgeführt wird. Domratschewa aber schoss stehend, und weil die Gegnerinnen in ihrem Rücken lagen, bemerkte sie ihr Missgeschick erst, als es zu spät war. Entnervt gab sie auf.

Fast genau ein Jahr später passierte ihr ein ähnliches Malheur, wieder in Oberhof, wieder beim Massenstart: Erneut in Führung liegend, zielte sie beim dritten Schießen vom Stand eins zunächst auf die Scheiben von Stand zwei, bemerkte ihren Fehler aber noch und traf zumindest mit einem Schuss die richtige Scheibe. Ihr Trainer Klaus Siebert erklärte damals, dass Domratschewa halt keine Erfahrung habe, als Erste zum Schießen zu kommen.

Inzwischen hat sich die Sportlehrerin aus Minsk daran gewöhnt: In diesem Winter hat sie bereits dreimal gewonnen, zuletzt in Antholz im Massenstart. In dieser Disziplin holte sie auch ihre bislang einzige WM-Einzelmedaille, 2011 in Chanty-Mansijsk. Was in Ruhpolding folgen soll, ist klar. Im Sprint holte sie zumindest schon mal Silber.

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Biathlon-WM in Ruhpolding:Martin Fourcade

Martin Fourcade, 23, Frankreich

Quelle: AFP

Martin Fourcade, 23, Frankreich

Eigentlich müssten hier zwei Biathleten beschrieben werden, eigentlich geht es um zwei Brüder. Weil aber der Jüngere den Älteren (und lange Zeit deutlich Besseren) vor einem Jahr abgehängt hatte und seine Fähigkeiten in dieser Saison eindrucksvoll bestätigt hat, steht Martin, 23, im Vordergrund vor Simon, 27.

Lange haben sie alles zu zweit gemacht, sie stammen aus Perpignan/Südfrankreich, haben gemeinsam in den Pyrenäen nach ihrer Lieblingssportart gesucht, und sich für etwas in Frankreich kaum Bekanntes entschieden, das Biathlon. Sind in die Alpen gezogen ins Leistungszentrum Villard de Lans, und kamen, 2007 Simon, dann 2009 Martin, in der Weltspitze an. Der Jüngere indes hat das Zeug zum überragenden Athleten. Er vereint Präzision am Schießstand mit Kondition und Sprintkraft.

Der Masse der Zuschauer zeigte er dies bei Olympia 2010 mit Silber im Massenstart. 2011 holte er WM-Gold in der Verfolgung, in Ruhpolding 2012 setzte der Weltcup-Führende nun im Sprint die nächste Goldmedaille obendrauf. "Der schönste Tag in meinem Leben", sagt er.

Und sein Bruder Simon sagt: "Seit ich akzeptiert habe, dass Martin stärker ist, geht es auch bei mir wieder besser."

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Biathlon-WM in Ruhpolding:Andrea Henkel

Andrea Henkel, 34, Deutschland

Quelle: Reuters

Andrea Henkel, 34, Deutschland

Lange bevor Magdalena Neuner hierzulande einen Biathlon-Hype entfachte, war Andrea Henkel schon da. Nie so umschwärmt, dafür ist sie zu wenig glamourös, aber kaum weniger erfolgreich. Zweifache Olympiasiegerin in Salt Lake City 2002, siebenmalige Weltmeisterin, Gesamtweltcup-Gewinnerin im Winter 2006/07.

Und die Thüringerin wird auch noch da sein, wenn Neuner aufgehört hat. Ihren Entschluss, die Karriere 2012 zu beenden, hat Henkel revidiert - nun will sie bis 2014 weitermachen, bis zu den Winterspielen in Sotschi. "Ob ich mit 34 aufhöre oder mit 36, ist ja auch egal", sagt sie. So lange sie in der Lage ist, vorne mitzulaufen, sieht sie keinen Grund, Schluss zu machen. Und vorne mitlaufen kann sie noch. Erst neulich in Oslo hat sie wieder ein Weltcup-Rennen gewonnen, zum 42. Mal in ihrer Laufbahn, in der WM-Mixed-Staffel 2012 holte sie Bronze, im Sprint fuhr sie hinterher.

Dass sie die nun verlängert, hat natürlich auch mit ihrem Lebensgefährten zu tun, dem Amerikaner Tim Burke, 30, dem ersten Außer- Europäer, der je das gelbe Trikot des Weltcup-Führenden trug. "Er wird noch länger Biathlon machen", sagt Andrea Henkel. Und sie wird ihn noch eine Weile begleiten dabei.

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Biathlon-WM in Ruhpolding:Olga Saizewa

Olga Saizewa, 33, Russland

Quelle: AFP

Olga Saizewa, 33, Russland

Ihren eindrucksvollsten Auftritt hatte Olga Saizewa am Tiefpunkt des russischen Biathlons. Als in ihrem Team 2009 systematisches Doping aufgeflogen war, kämpfte Saizewa um den Rest des Rufs. Mit Worten, die eher geringes Verständnis für die Problematik des Betrugs offenbarten, aber auch mit einer Trotzreaktion in der Loipe. Saizewa verhinderte bei der WM in Südkorea mit zwei Gold- und zwei Bronzemedaillen den Absturz der Russen in die Tristesse.

Sie ist seitdem die einzige Konstante in einem Frauenteam, das immer noch im Wiederaufbau ist, seit einem Jahr mit dem Ruhpoldinger Wolfgang Pichler als Trainer. Er soll nun jüngere Läuferinnen wie Ekaterina Yurlowa oder Olga Wilukina aufbauen. Dafür ist Olga Saizewa wichtig, die Einzige im russischen Team, die immer auf den vorderen Plätzen ankommt. 

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Biathlon-WM in Ruhpolding:Tora Berger

Tora Berger, 30, Norwegen

Quelle: dpa

Tora Berger, 30, Norwegen

Viele Jahre war Tora Berger nur die kleine Schwester von Lars Berger, 32, dem fröhlichen, schmalen Norweger, der so schlecht schoss, dass er im Biathlon nie was erreichte, der aber dafür so gut langlief, dass er es dabei zum Olympiasieger brachte, mit der Staffel. Die Schussschwäche muss in der Familie liegen, auch Tora Berger tat sich lange schwer mit dem Gewehr. Erst spät stieß sie deshalb in die Weltspitze vor.

2010 holte sie Olympiagold im Einzelrennen, ein WM-Titel fehlt ihr noch. Das könnte sich ändern. In Ruhpolding gewann sie 2011 den Weltcup-Sprint und die Verfolgung, wobei sie die jeweils führende Andrea Henkel am berüchtigten Schoadhafnnock überholte, einer Abfahrt, welche die Deutsche nur zaghaft hinunterglitt. Berger hingegen zeigte dort, dass nicht nur ihr Bruder auf Langlauf-Ski flott unterwegs sein kann.

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Biathlon-WM in Ruhpolding:Benjamin Weger

Benjamin Weger, 22, Schweiz

Quelle: Getty Images

Benjamin Weger, 22, Schweiz

Es gibt auch im Biathlon immer weniger sogenannte kleine Länder, in diesem Winter verschwand die Schweiz von der Liste, getilgt von Benjamin Weger, einem Sportsoldaten aus dem Kanton Wallis. Der ist, man glaubt es kaum, Fünfter des Weltcup-Klassements, dank einer Beständigkeit, die man eher Schweizer Uhren nachsagt: Bis auf einmal war er immer in den Punkterängen, dreimal sogar als Dritter.

Auch wenn ihm noch ein Sieg fehlt, kann er sich damit rühmen, der erfolgreichste Biathlet in der Geschichte der Schweiz zu sein! Schweizer galten im Biathlon ja bis dato als ebensolche Exoten wie Senegalesen, Inder oder Katari. Doch selbst in den Zentralalpen kommt der Biathlon-Boom allmählich an. Benjamin Weger sagt jedenfalls, er sei nur der Vorläufer einer Generation von vielversprechenden Talenten.

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Biathlon-WM in Ruhpolding:Andreas Birnbacher

Andreas Birnbacher, 30, Deutschland

Quelle: dpa

Andreas Birnbacher, 30, Deutschland

Die Entwicklung des Biathleten Andreas Birnbacher zählt zu den Wundern im Wintersport. In dieser Einzelsportler-Welt gibt es zahlreiche Biathleten, die über den Status eines hoffnungsvollen Läufers nicht hinauskommen. Birnbacher war schon acht Jahre im Weltcup dabei, als er bei 2010 in der Olympiastaffel dem deutschen Team die letzte Medaillenchance verdarb und wieder ein paar Birnbacher-Optimisten ihren Glauben verloren: Er war ja bereits 28.

Und doch - Birnbachers Laufbahn nahm eine erstaunliche Wende. Es gab Wechsel im Trainerteam und neue Impulse und im März 2011 gewann er erstmals ein Weltcuprennen. 2012 musste Birnbacher Verantwortung übernehmen, auch weil in Michael Greis der Erfahrenste verletzt war und kaum in Erscheinung trat, und er steigerte sich konstant.

Das Ergebnis: Bereits drei Weltcupsiege in dieser Saison, Platz drei in der Gesamtwertung, zuletzt fast 90 Prozent Trefferquote und eine ansteigende Laufform. Birnbacher ist nicht länger der Pechvogel, er ist - knapp vor Arnd Peiffer - der Führende im deutschen WM-Team. Das bewies er mit einer tollen Leistung in der Mixed-Staffel, die er auf Platz drei führte. Im WM-Sprint reichte es dagegen nur zu Rang 16.

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Biathlon-WM in Ruhpolding:Arnd Peiffer

Arnd Peiffer, 24, Deutschland

Quelle: dapd

Arnd Peiffer, 24, Deutschland

Im Sport gibt es wie im Leben Bauchgefühltypen und Kopfmenschen. Athleten, die sich auf ihren Instinkt und Athleten, die sich lieber auf ihren Plan verlassen. Arnd Peiffer aus Clausthal-Zellerfeld war schon immer eher ein kühler Rechner und konnte schon in seiner ersten Weltcup-Saison 2008/2009 erstaunlich ungerührt vom großen Trubel zielen und treffen.

Und er ist ein Tüftler, der Sekunden durch optimiertes Waffe-Greifen nach dem Schießen spart und der seine Saison sorgfältig angeht, Schritt für Schritt. Auch in diesem Winter schlich er sich an den Höhepunkt an, kam zum Start auf Platz 43 und ist nun in Top-Form. Die vergangenen Wochen waren seine Zeit, mit vier Podestplätzen und zwei Siegen.

Bevor eine Erkältung seine Aufholjagd stoppte, gewann er noch ein Rennen, es war ein Sieg, der den sachlichen Jubler Peiffer verzückte. Anders als bei seinen bisherigen Siegen, alle im zeitversetzt gestarteten Sprint, wusste Peiffer im Verfolger von Oslo schon an der Ziellinie, dass er gewonnen hat. Da jubelt es sich viel spontaner, ganz aus dem Bauch heraus. Nicht auszuschließen, dass er in diesen Genuss auch in Ruhpolding kommt. 

Zum Auftakt der WM in Ruhpolding versagten dem Schlussläufer der Mixed-Staffel beim letten Schießen die Nerven - von Rang eins ging es auf Platz drei. Im Sprint kam es noch dicker. Irgendwie lief nichts zusammen: Platz 37.

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Biathlon-WM in Ruhpolding:Ole Einar Björndalen

Ole Einar Björndalen, 38, Norwegen

Quelle: DPA/DPAWEB

Ole Einar Björndalen, 38, Norwegen

Er gilt als abgelöster Spitzenmann dieses Sports, musste inzwischen auch herbe Niederlagen hinnehmen, wurde in dieser Saison auch mal 56. - und allmählich kippte das Urteil der Beobachter über den Rekord-Athleten. Vom Respekt gegenüber der Altersleistung zur mitleidigen Frage: Muss er sich das noch antun?

Er muss. Ole Einar Björndalen betreibt das Schießen und Laufen immer weiter, er will noch mal zu Olympia, und Norwegen braucht ihn, weil Läufer wie Tarjej Boe und Lars Berger zurzeit schwächeln. Wieder einmal zeigte sich, dass er seine Kraft einteilen kann wie wenige.

Seinen jährlichen Jahreswechselinfekt hat er pünktlich auskuriert, und er überraschte die Elite im letzten Rennen vor der WM mit der Neuigkeit, dass er selber wieder dazugehört: Björndalen gewann - mit null Fehlern und der sechstbesten Laufzeit.

Im WM-Sprint blieb er nun nicht fehlerlos. Drei Strafrunden - keine Chance auf eine Medaille.

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Biathlon-WM in Ruhpolding:Emil Hegle Svendsen

Emil Hegle Svendsen, 26, Norwegen

Quelle: AP

Emil Hegle Svendsen, 26, Norwegen

Emil Hegle Svendsen debütierte 2006 im Weltcup, mit einer schweren Bürde: Als gerade mal 20 Jahre junges Talent wurde ihm das Etikett verpasst, der neue Björndalen zu sein. Wenn der alte Björndalen dereinst Gewehr und Ski zur Ruhe lege, werde der lauf-, schuss- und nervenstarke Junge aus Trondheim die norwegischen Erfolge fortsetzen, glaubte man.

Svendsen hat inzwischen tatsächlich alles gewonnen, was es im Biathlon zu gewinnen gibt (wenn auch nicht so oft wie der immer noch aktive Björndalen, 38): zweimal Olympiagold, fünf WM-Titel, einmal den Gesamtweltcup.

Emil Hegle Svendsen findet, das sei genug, um nicht länger als "der neue Björndalen" gelten zu müssen: Er habe sich jetzt selbst einen Namen gemacht. Wenn man ihn im Internet sucht, findet man ihn ganz unbescheiden unter: Supersvendsen.

Supersvendsen ging als Erster in den Sprint von Ruhpolding - und kam als Zweitbester vom Kurs.

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Biathlon-WM in Ruhpolding:Kaisa Mäkäräinen

Kaisa Mäkäräinen, 29, Finnland

Quelle: AP

Kaisa Mäkäräinen, 29, Finnland

Manchmal gibt es schwache Momente, in denen Leistungssportler kurz vom Leistungsglauben abfallen. Die Finnin Kaisa Mäkäräinen, aktuelle Gesamtweltcupsiegerin, hatte vor einem halben Jahr so einen Moment.

Ein halbes Grad über Null wurde gemessen, Regen ging herunter über Ramsau in Österreich, und Mäkäräinen schrieb nach dem Training in ihr Internet-Tagebuch, sie zweifle am Sinn ihres Berufs, dem Sport. "Ich rette keine Leben", schrieb Mäkäräinen, "ich erfinde nichts, was die Menschheit weiterbringt." Nur Sport.

Andererseits hat sie das Rackern im Schneeregen auch in gewisse Höhen gebracht. Die Ramsauer Krise war schnell überwunden, schließlich befindet sich Mäkäräinen auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, die Form der vergangenen Saison konnte sie bewahren.

Als Gesamtdritte im Weltcup zählt sie zu den WM-Favoritinnen und zu jenen Menschen, die auch im zweiten Beruf noch interessante Projekte anstoßen können: Als manchmal zweifelnde Athletin zählt sie zu jenen Leistungssportlern, die sich tiefere Gedanken über das Leben machen.

© SZ vom 28.02.2012/mike
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