Franziska Preuß:Eine Karriere in Quarantäne

Biathlon WM Antholz

„Ich sehe, ich bin nahe dran“: Franziska Preuß ist rechtzeitig zur WM wieder in Form gekommen.

(Foto: Hendrik Schmidt/dpa)
  • Franziska Preuß, 25, überzeugt wieder nach gesundheitlichen Rückschlägen, rechtzeitig zur Biathlon-WM.
  • "Ich sehe, ich bin nahe dran", sagt Preuß. Das Einzel am Dienstag nennt sie eine "Riesenchance".
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Von Saskia Aleythe, Antholz

Wer hustet, muss ins Gästezimmer. Franziska Preuß und Simon Schempp haben da ganz klare Prinzipien und die sind in Sportlerhaushalten mitunter speziell. Krankheitserreger sind ihre natürlichen Feinde, und wer schnieft, schnaubt oder allzu blass ausschaut, wird ins hauseigene Krankenzimmer abgeschoben, um den anderen nicht anzustecken. "Das ist dann eher wie ein Parallelleben", sagt Franziska Preuß und lacht. Dabei haben ihr die Infekte in ihrer Karriere schon oft die Laune verdorben.

Wer im Antholzer Tal tief einatmet, hat den Geruch von Holz in der Nase; aus den umliegenden Sägewerken zieht der Duft über die Wiesen. Und durchatmen können die deutschen Biathletinnen bei der WM in diesen Tagen, nicht nur bei Denise Herrmann machte sich mit Silber Erleichterung breit. Franziska Preuß und Vanessa Hinz haben in Sprint und Verfolgung so gut abgeschnitten wie noch bei keiner WM, auch Debütantin Karolin Horchler erlebt ein Hoch.

Dem Deutschen Skiverband (DSV) fehlen die Siegesserien von Laura Dahlmeier, um den Status als erfolgreiche Biathlon-Nation derzeit gerecht zu werden, aber persönliche Erfolge lassen sich nicht immer im Medaillenspiegel ablesen. "Für mich war das schon fast ein Sieg", sagte Hinz nach Platz fünf im Verfolgungsrennen am Sonntag, ihrem besten Saison-Ergebnis. Und dass Franziska Preuß in Antholz überhaupt die Sägespäne riechen kann, ist auch so ein Triumph.

Die Erfolge lassen sich nicht immer im Medaillenspiegel ablesen

Den Jahreswechsel hat sie im Krankenzimmer verbracht, die Nebenhöhlen waren dicht; ihr Immunsystem hatte sie mal wieder im Stich gelassen. Preuß brauchte lange, um sich davon zu erholen: Beim letzten Weltcup in Pokljuka Ende Januar versenkte sie am Schießstand im Einzel alle 20 Scheiben, belegte am Ende einen guten fünften Rang - aber die Laufzeit war nicht WM-tauglich. "Da war ich schon ein bisschen schockiert, als ich die Zahlen auf der Ergebnisliste gesehen habe", sagt Preuß, "und da war ich natürlich schon verunsichert: Ob's nochmal wird? Es waren doch nur noch zwei Wochen."

Franziska Preuß hat dem Verband früh Hoffnungen auf eine große Karriere gemacht, mit 17 Jahren gewann sie Gold bei den Olympischen Jugendspielen, im Jahr darauf zweimal Bronze bei den Junioren-Weltmeisterschaften, an gleicher Stelle gab es Staffel-Gold mit Dahlmeier und Hinz. Läuferisch immer vorne dabei, am Schießstand sicher und schnell: In Kontiolahti brachte ihr das 2015 im Massenstart WM-Silber ein, bis heute ihre einzige Medaille außerhalb von Staffeln. Als Laura Dahlmeier 2017 in Hochfilzen fünfmal Weltmeisterin wurde, lag Preuß mit Grippe im Bett. "Da habe ich mich schon gefragt, ob ich mir das nochmal antue alles", sagt sie. Eine stundenlange Operation an den Nebenhöhlen folgte, doch sie musste sich lange davon erholen. "Da fängst du mit einer halben Stunde Joggen wieder an und weißt nicht, wie du jemals wieder eine Minute länger laufen kannst", sagte Preuß später mal. Warum sie ihrem Sport trotzdem treu geblieben ist? "Das ist die Leidenschaft, für die ich es mache."

Auch die WM in Östersund vor einem Jahr wurde für sie zur Enttäuschung, im Sommer war sie "nicht einmal beim Schwimmen, weil ich einfach so oft beim Doktor war und mit dem Training nur irgendwie versucht habe, dass ich es hinkriege". Nach den Schock-Laufzeiten von Pokljuka Ende Januar hat sie schließlich eine "Doktor-Rallye" unternommen, wie Preuß das nennt, Spezialisten kennt sie mittlerweile zur Genüge: Da ein Hals-Nasen-Ohren-Arzt, dort ein Lungenexperte; es stellte sich heraus, dass die Bronchien vom Weihnachts-Infekt noch immer gereizt waren. Ein Problem, das sie jetzt in den Griff bekommen hat; im Sprint in Antholz wurde Preuß Achte, in der Verfolgung Siebte, auf der Loipe ging es wieder besser. Das Einzel am Dienstag nennt sie eine "Riesenchance", der Schießstand bereitet ihr trotz jeweils zwei Fehlern aus den vorherigen Rennen keine grundsätzlichen Probleme: "Ich sehe, ich bin nahe dran."

Sie weiß ja, dass das nach all den Entbehrungen der letzten Jahre ein großes Glück bedeuten kann: Simon Schempp, Massenstart-Weltmeister von 2017, hat es aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme gar nicht zur WM geschafft.

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