Deutsches Biathlonteam:Barock und Pop-Art

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Inzwischen die Seniorin im deutschen Frauenteam: Biathletin Franziska Preuß, 30, ist nach einer womöglich zukunftsweisenden Operation wiedererstarkt. (Foto: Hendrik Schmidt/dpa)

Nach dem Rücktritt von Benedikt Doll startet das deutsche Biathlonteam der Männer in eine Saison der Fragezeichen. Bei den Frauen machen neben der regenerierten Franziska Preuß vier ganz junge Talente Hoffnung.

Von Korbinian Eisenberger

Die deutsche Biathlonlandschaft lässt sich vielleicht in diesem Bild erörtern: Es zeigt zwei Frauen in Wettkampfmontur – und wer will, kann Vorfreude herauslesen. Das Social-Media-Foto zeigt die Biathletin Franziska Preuß, in der Szene seit vielen Jahren etabliert und bisweilen sehr erfolgreich. Und eine neue, eher Insidern und Instagrammern bekannte Teamkollegin: die 20 Jahre alte Rosenheimerin Julia Kink. „Hier liegen ein paar Jahre dazwischen“, ist unter Preuß’ Posting auf Instagram zu lesen. Zehn, um genau zu sein. Arm in Arm stehen sie da. Als wollten sie dem Betrachter mitteilen:  Alt und Jung schultern das gemeinsam.

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Es könnte eine komplizierte Saison für das Biathlonteam des Deutschen Skiverbands (DSV) werden, was ja im Sport häufig der Fall ist, wenn sogenannte Aushängeschilder abtreten. Benedikt Doll zählte in diese Kategorie, und nach Denise Herrmann-Wicks Abschied im Jahr zuvor kann man aus deutscher Sicht von einem sportlichen Einschnitt sprechen. Es geht also nicht zuletzt um die spannende Frage, ob den deutschen Biathleten, wie es in der Bildinterpretation so schön heißt, ein Goldener Schnitt gelingt.

Erste Erkenntnisse dürfte die Auftaktwoche dieses Biathlonwinters liefern. Von Samstag bis einschließlich Sonntag kommender Woche macht der Biathlon-Weltcup im finnischen Kontiolahti Station, zehn Rennen stehen dort für die Männer und Frauen insgesamt an, inklusive eines Staffelblocks am ersten Wochenende und zweier Massenstarts zum Finale. Traditionell werden in Finnland nicht wenige deutsche Anhänger erwartet. Und natürlich treibt sie die Frage um, wie gut die deutsche Skijägerschaft, nun ja: in Schuss ist.

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Womöglich wäre Franziska Preuß weitaus höher dekoriert, hätte sie nicht der eigene Körper immer wieder zu langen Karrierepausen gezwungen. Am Mittwoch allerdings stieg sie offensichtlich pumperlgesund, wie man bei ihr daheim in Ruhpolding sagen würde, in den Flieger Richtung Norden. Nach zwei von Infekten geprägten Wintern und einer „unangenehmen“ Operation an den Nasennebenhöhlen erklärte Preuß vor ihrem Abflug, dass sie sich nun „körperlich richtig gut“ und „zufrieden“ fühle.

Im März hatte sich Preuß dem Eingriff unterzogen, der offenbar dringend notwendig war – und vielleicht entscheidend dafür, dass sie künftig stabiler unterwegs ist. Sie sei „froh, dass man was gefunden hat, das erklärt, warum ich so anfällig war“, sagt Preuß. „Ich hoffe, dass die medizinische Theorie stimmt und es jetzt besser wird.“

Preuß und der DSV dürften gute Erinnerungen an Kontiolahti haben. Bei der dortigen Biathlon-Weltmeisterschaft vor fast zehn Jahren gelangen der seinerzeit 21-jährigen Preuß zwei der besten Rennen ihrer Karriere. Mit der WM-Frauenstaffel holte sie, damals als zweite von vier Läuferinnen, die Goldmedaille, ehe sie einen Tag später im Massenstart Silber gewann. Zehn Jahre danach sagt sie: „Wenn ich gesund bin und keinen größeren Ausfall habe, weiß ich, dass ich immer konkurrenzfähig bin.“

Im März 2015 war sie mit Franziska Hildebrand, Vanessa Hinz und Schlussläuferin Laura Dahlmeier als Jüngste ins Staffelrennen von Kontiolahti gegangen. Inzwischen ist Preuß die Seniorin im Team und umgeben von Youngstern. Selina Grotian, 20, zeigte in der vergangenen Saison bereits ihr Potenzial im Weltcup. Neu dabei zum Start sind neben der ebenfalls 20-jährigen Julia Kink deren Zimmerkameradin Julia Tannheimer aus Ulm, mit 19 das sogenannte Küken, und die 22 Jahre alte Johanna Puff aus Rosenheim. Sie alle könnten von der neuen Startnummernregel profitieren, wonach die weniger etablierten Athleten früher ins Rennen gehen dürfen. Der deutsche Biathlon-Sportdirektor Felix Bitterling erklärte im Gespräch mit der SZ unlängst, dass er bei den Frauen mehrere „Rohdiamanten“ sehe. Eventuell helfen die Erfahrenen Preuß und Vanessa Voigt, 27, auch am Start in Kontiolahti, nun beim Schleifen.

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Das deutsche Männeraufgebot in Kontiolahti ist deutlich erfahrener. Johannes Kühn, 33, als Zwölfter bester Deutscher des Gesamtweltcups 2023/24, Philipp Nawrath, 31, der wie Preuß vorübergehend das Gelbe Trikot des Gesamtbesten erobert hatte, und Scharfschütze Justus Strelow, 27, dürften vom DSV hauptamtlich dazu bestimmt sein, Dolls Lücke zu füllen. Hinzu kommen der Partenkirchener David Zobel, 28, Philipp Horn (SC Frankenhain), 30, und Danilo Riethmüller aus Sachsen. Der 25-Jährige hatte zuletzt in Antholz, in den USA und in Kanada mit den Weltcuprängen sieben, neun, 16 und 23, wie Biathlonchef Bitterling sagt, „durchaus für Furore gesorgt“.

Ein deutsches Team mit zwei Bildern der Kontraste also: Das Durchschnittsalter bei den DSV-Männern in Kontiolahti liegt bei 29 Jahren, die Frauen kommen auf 23. In einer Bildinterpretation würde man von Barock und Pop-Art sprechen. Preuß’ eigene Interpretation des Instagramfotos mit Kink lautet: „Wir geben jetzt zusammen Gas.“

Die deutschen Starter am Wochenende: Single-Mixed-Staffel (Samstag): Vanessa Voigt und Justus Strelow. Mixed-Staffel (Samstag): Johanna Puff, Franziska Preuß, Danilo Riethmüller, Philipp Horn. (jeweils 15.45 Uhr, ZDF und Eurosport). Staffel-Besetzung der Frauen und Männer am Sonntag noch offen.

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