Deutsche BiathletenElf Jahre später doch noch Olympiasieger

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Silbermedaillen, die Gold wert waren: Simon Schempp, Erik Lesser, Arnd Peiffer und Daniel Böhm (v.li.) 2014 nach ihrem Staffelrennen.
Silbermedaillen, die Gold wert waren: Simon Schempp, Erik Lesser, Arnd Peiffer und Daniel Böhm (v.li.) 2014 nach ihrem Staffelrennen. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Die deutschen Biathleten verpassten 2014 in Sotschi Olympiagold nur um 3,5 Sekunden – nun wird Russlands Sieg endgültig wegen Dopings annulliert. Für die Nachrücker ein Triumph, der auch Wehmut auslöst.

Von Saskia Aleythe

Emotionen bekommt man nicht ersetzt. Jener Moment war schließlich einmalig, als Simon Schempp 2014 in Sotschi als Schlussläufer der deutschen Biathleten bis zum Zieleinlauf um Gold kämpfte. Schempp gab alles, was noch in seinen Beinen steckte, aber nicht er jubelte im Ziel, sondern Russlands Anton Schipulin. Dem Deutschen fehlten nur 3,5 Sekunden. Ein Triumph, so wissen es die deutschen Biathleten heute, der mit unfairen Mitteln errungen wurde: Elf Jahre nach dem Rennen wird der Sieger endgültig aus den Ergebnislisten gestrichen. Russlands damaliges Staffelmitglied Jewgeni Ustjugow scheiterte mit seinem Einspruch gegen seine Dopingsperre und die Annullierung seiner Wettkampfergebnisse zur damaligen Zeit. Das Schweizer Bundesgericht wies seine Einsprüche ab.

Für Simon Schempp, Erik Lesser und Daniel Böhm bedeutet die Entscheidung, dass sie sich nun doch noch Olympiasieger nennen können – ein Kindheitstraum aller Sportler und ein Erfolg, der ihnen abseits von Sotschi nicht gelingen sollte. Und Arnd Peiffer, viertes Staffelmitglied, ist dadurch sogar zweifacher Olympiasieger. „Ich freue mich, dass das jetzt wirklich vom Tisch und beendet ist. Und ich kann mich auf eine neue Medaille mit einer neuen Farbe freuen“, sagte Erik Lesser der Deutschen Presse-Agentur, „auch nach elf Jahren ist es richtig, dass ein anderer nachrückt, wenn jemand unfair spielt.“ Alle vier haben ihre Karrieren schon beendet und längst andere Pfade in ihrem Leben eingeschlagen.

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SZ PlusKommentar von Saskia Aleythe

Er wolle die Siegerehrung im Garten nachspielen, hat Erik Lesser schon vor Jahren gescherzt, die Neuvergabe der Medaillen stand seit Langem im Raum. Bereits 2018 hatte der Biathlon-Weltverband IBU ein Verfahren gegen Ustjugow wegen des Verstoßes gegen Anti-Doping-Regeln eingeleitet, Daten aus dem Moskauer Labor verwiesen auf die Verwendung des Anabolikums Oxandrolon. Folglich strich die IBU alle Resultate Ustjugows für den Zeitraum vom 22. März 2013 bis zum Ende der Saison 2013/14. In einem weiteren Verfahren wurden Auffälligkeiten im biologischen Pass Ustjugows gefunden,  2020 wurde er gesperrt. Gegen beide Verfahren wehrte sich der mittlerweile ebenfalls zurückgetretene Russe letztlich erfolglos vor dem Schweizer Bundesgericht. Seine Anwälte verwiesen auf genetisch bedingte Anomalien, die die erhöhten Hämoglobinwerte rechtfertigen sollten.

Mit der Entscheidung des Gerichts seien alle rechtlichen Mittel ausgeschöpft und das Urteil rechtskräftig, heißt es vom Biathlon-Weltverband IBU. Es werden folglich alle Ergebnisse Ustjugows zwischen dem 24. Januar 2010 bis zum Ende der Saison 2013/2014 – „ausdrücklich einschließlich seiner Ergebnisse bei den Olympischen Spielen in Vancouver 2010 und Sotschi 2014“ – gestrichen. Bei den Olympischen Spielen in Vancouver war Ustjugow zu Gold im Massenstart gelaufen und hatte Bronze mit der Staffel gewonnen. Dadurch kommt auch Frankreichs Martin Fourcade, damals noch Zweiter im Massenstart, zu einem weiteren Olympiasieg.

Es ist ein später Ruhm, der den Biathleten in ihrer aktiven Zeit nicht nur einen zusätzlichen Titel und freudvolle Momente beschert hätte. Hängen doch Sponsorengelder und Werbeverträge für Sportler so eng mit den erzielten Erfolgen zusammen. „Unrecht kann man nicht ungeschehen machen, weil immer ein bisschen was hängenbleibt“, hatte Arnd Peiffer im vergangenen Jahr zu der sich anbahnenden Neuvergabe der Medaillen gesagt, „die Emotionen eines Staffelsieges bei Olympia bekommen wir nicht wieder“. Eine kleine Entschädigung wäre eine verspätete Medaillenübergabe im Rahmen der Olympischen Spiele in Antholz im kommenden Jahr, sagt Peiffer. Darüber muss nun das IOC entscheiden. Sollte es in Antholz nicht möglich sein, „hoffe ich, dass mein Garten fertig ist“, sagte Lesser.

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