Biathlon in Oberhof:Evis Lachfältchen und eine Menge Frust

Biathlon Weltcup - Oberhof

Evi Sachenbacher-Stehle winkt im Ziel.

(Foto: dpa)

Gegensätzlicher könnten die Stimmungen kaum sein: Während Evi Sachenbacher-Stehle in Oberhof die Norm für Sotschi schafft, verkündet Miriam Gössner das Ende ihrer Olympia-Ambitionen. Auch die deutschen Männer hadern gewaltig.

Von Saskia Aleythe, Oberhof

Im Biathlon treffen zahlreiche Athleten mit ihren Befindlichkeiten und Biografien aufeinander, mal mit recht ähnlichen, mal mit verschiedenen. Miriam Gössner und Evi Sachenbacher-Stehle sprachen beim Weltcup in Oberhof von Druck, beide sind ihn nun los. Allerdings aus Gründen, wie sie gegensätzlicher kaum sein könnten: Während sich Sachenbacher-Stehle endlich die Olympia-Norm sicherte, strich Gössner das Reiseziel Sotschi offiziell aus ihrem Kalender.

Erleichterung und Verzweiflung lagen nur eine Nacht auseinander. Am Freitagabend hatte Sachenbacher-Stehle mit Lachfältchen um die Augen von ihrem Sprint im Nebelrennen auf den siebten Platz berichtet, von all den Hoffnungen und Zweifeln der vergangenen Wochen. "Ich habe mich mit dem Gedanken auseinandergesetzt, dass es vielleicht doch nicht mehr klappen könnte mit Sotschi, das hat mir den Druck genommen", sagte Sachenbacher-Stehle. Beim Schießen locker zu sein, das sei das A und O, berichtete die 33-Jährige. Eines habe ihr womöglich auch weitergeholfen: "Ich habe Silvester gefeiert, das war auch mal wichtig".

Auf dem gleichen Stuhl im Pressezentrum neben der Arena nahm Miriam Gössner wenige Stunden später Platz - und verkündete unter Tränen, dass sie nicht mehr um die Norm für Sotschi kämpfen werde. "Ich versuche erstmal, wieder gesund zu werden", sagte Gössner, die nach einem schweren Mountainbike-Unfall stets unter Rückenschmerzen gelitten hatte.

Während sich Gössner schon von Oberhof verabschiedet hatte, ging Sachenbacher-Stehle in das Verfolgungsrennen am Samstag mit besten Chancen auf einen Platz in den Top Ten, sie wurde erneut Siebte. "Ich bin mit dem Schießen nicht ganz zufrieden", sagte sie, insgesamt fünf Fehler waren natürlich etwas zu viel: "Aber beim Laufen hab ich mich richtig gut gefühlt, vor der Kulisse - das hat richtig Spaß gemacht." Sachenbacher-Stehle ist nun da, wo sie vor ihrer Umschulung schon beim Langlauf häufig war: vorne mit dabei. Dass sich das schnell ändern kann, weil viele Konkurrentinnen auf ähnlichem Niveau sind, weiß sie: "Im Biathlon geht es schnell wieder bergab."

Wie am Vortag siegte Darja Domratschewa aus Weißrussland, die erneut zweitplatzierte Finnin Kaisa Mäkäräinen holte Gössner dann irgendwie doch wieder zurück nach Oberhof. "Wir haben Silvester in Garmisch-Partenkirchen verbracht, ich widme ihr dieses Rennen, sie ist in meinen Gedanken auch bei den nächsten Rennen", sagte Mäkäräinen annähernd so ergriffen wie ihre Freundin Gössner am Vormittag, "wir hatten geplant, eine große Party in Sotschi zu feiern, das werden wir dann nachholen müssen." Sachenbacher-Stehle und Andrea Henkel schicken ebenfalls aufmunternde Grüße zu Gössner, sie sei noch jung, da würden noch viele Olympische Spiele kommen.

Apropos Henkel: Eigentlich wollte sie hier die Themen setzen, in ihrem Oberhof, beim letzten Heimweltcup der Abschiedssaison. Doch mit vier Fehlern im Sprint und Rang 37 hatte sie sich früh um die Podestchancen gebracht. "Ich möchte endlich mal einen ordentlichen Wettkampf machen", sagte Henkel so resigniert, wie eine immer fröhliche Andrea Henkel resigniert sein kann. In der Verfolgung schaffte sie es trotz Sturz mit Platzwunde immerhin noch auf Rang 16. Seit 2007 hatte die 36-Jährige mindestens einmal auf dem Podest gestanden in Oberhof, eine Chance bleibt ihr noch: der Massenstart am Sonntag. "Ich gehe engagiert da rein", sagt Henkel. Hoffnungsfroh, aber auch ein bisschen ratlos, woran es derzeit hapert.

Andreas Birnbacher hadert

Auch Andreas Birnbacher will mit dem letzten Wettbewerb noch ein wichtiges Ziel erreichen: die Olympia-Norm knacken. Bei der Verfolgung verpasste er sie um 0,7 Sekunden als 16. denkbar knapp. Eine halbe hatte er bereits, mit dem 15. Rang wäre ihm die ganze gelungen.

"Wenn ich die Norm nicht schaffe, dann habe ich sowieso nichts bei Olympia verloren", sagte Birnbacher später. Im Liegendschießen blieb er noch fehlerfrei, stehend verfehlte er gleich drei Scheiben. "Ich kann mir das selber nicht so hundertprozentig erklären. Ich denke, in erster Linie ist das Kopfsache."

So sehr die 24.000 Zuschauer in Oberhof auch grölten und tobten: Aufs Podest schaffen es die deutschen Biathleten derzeit nicht. Arnd Peiffer und Christoph Stephan zeigten solide Leistungen, Daniel Böhm und Simon Schempp schnitten beim ersten Weltcup des Jahres so schlecht wie noch nie in der laufenden Saison ab. Auch Franziska Preuss konnte nicht an ihre starken Leistungen anknüpfen, Nadine Horchler sammelte beim Weltcup-Comeback immerhin ein paar Pünktchen und Franziska Hildebrand festigte ihre Ansprüche auf einen Platz in den Top 20.

Eine letzte Hoffnung bleibt den Zuschauern in Oberhof noch, wenn am Sonntag auch Erik Lesser und Laura Dahlmeier im Massenstart antreten. Lesser hatte wegen einer Erkältung zuvor verzichtet, Dahlmeier sich aufs Training fokussiert. Bei den Männern ist die Dominanz der Führenden gerade groß, das Ergebnis in Sprint und Verfolgung war komplett identisch. Sieger Emil Hegle Svendsen aus Norwegen, Ole Einar Björndalen auf Rang zwei, dahinter Martin Fourcade aus Frankreich.

Nach seiner beeindruckenden Leistung präsentierte sich Svendsen gelöst. Schon "sehr nah" sei er an seiner Olympia-Form dran. In den nächsten Wochen werde er versuchen, sich etwas zu erholen. Und viel Hände waschen, um Krankheiten zu vermeiden. So klingt einer, der sich um Druck längst keine Gedanken mehr machen muss.

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