Biathlon:Wenn die beste Deutsche auf Platz 41 landet

Weltcup in Hochfilzen

Auf Platz 41 beste deutsche Biathletin in Hochfilzen: Denise Herrmann.

(Foto: dpa)
  • Die deutschen Biathleten enttäuschen auch in Hochfilzen: Im Team der Frauen ist Denise Herrmann auf Rang 41 die Beste, auch die Männer verpassen die Top Ten.
  • Das erfolgsverwöhnte deutsche Team steckt somit in einer kleinen Krise. Die Problembehebung dürfte eine Weile brauchen.

Von Volker Kreisl, Hochfilzen

Schon seit zehn Jahren ist Arnd Peiffer nun Biathlet, jeden Winter hat er weitere Erfahrungen gesammelt. Und auch in dieser düsteren Phase, welche die Biathleten des Deutschen Skiverbandes gerade durchmachen, hat Peiffer Neues gelernt. Zum Beispiel, dass drei quälend lange Tage in Zimmer-Quarantäne irgendwann auch vorbei sind. Oder, dass man ein zerbrochenes Biathlongewehr am Schaft so zusammenkleben kann, dass es tadellos hält. Und auch, dass man mit Biathlon-Skiern lieber nicht auf Crème Brûlée fahren sollte.

Bizarre Erlebnisse waren das zuletzt in Östersund/Schweden, zudem schwere Niederlagen im Wettkampf, und doch war es nur der Auftakt zu einem der schlechtesten Saisoneinstiege, den die Deutschen bislang erlebt haben. Um die sehr mäßigen Ergebnisse von Östersund zu kontern, hatten sich alle viel vorgenommen für die Sprints am Freitag in Hochfilzen/Österreich. Doch als der letzte Deutsche das Ziel erreichte, stand da für die Frauen ein miserables Sprintergebnis. Beste war Denise Herrmann auf Rang 41. Und bei den Männern kam zwar Benedikt Doll auf Platz elf, doch der Rest landete, aufgrund von Schießfehlern, weit hinten.

Die erfolgsverwöhnten deutschen Biathleten stecken somit in einer kleinen Krise. Sie alle müssen nun schauen, dass sie so schnell wie möglich den Anschluss kriegen. Schon immer waren die Deutschen zwar eher zum Saisonhöhepunkt im Februar erfolgreich, doch diesmal sind die Dezember-Rückstände auffallend deutlich. Ein sicherer Podestläufer, der schwarz-rot-goldenen Jubel auf die Tribünen zaubert, bietet sich nach dem Rücktritt von Laura Dahlmeier gerade nicht an.

Für den plötzlichen Eintritt dieses Formtiefs und auch für dessen Hartnäckigkeit steht beispielhaft Arnd Peiffer. Vor neun Monaten war er Weltmeister im schweren, langen Einzelrennen, jetzt hat er gerade mal 17 Weltcuppunkte, was aber nur bedingt auffällt, weil seine Teamgefährten mit der Spitze auch nichts zu tun haben. Das hängt auch mit dem schiefgegangenen Aufenthalt in Östersund zusammen und mit zahlreichen negativen Erlebnissen, mit denen vielleicht die Verunsicherung angefangen hatte, und die eigentlich schnell vergessen werden sollten.

Für Peiffer hatte alles mit einem Magen-Darm-Infekt begonnen, der ihn dazu zwang, das Bett zu hüten. Zu Gesicht bekam er allenfalls kurz die Teamärzte, die ihm Suppe brachten. An solche Infekte sind Wintersportler gewohnt. Sie klagen darüber kaum, höchstens im selben routinierten Ton wie über den heftigen, wechselhaften Wind, der auch in Östersund über den Schießstand pfiff. All dies ist schwer verhinderbar, genauso wenig wie dieses Mal die schlechte Hotelküche: Abends gab es in erster Linie Reis oder Nudeln - trocken.

Peiffer hatte sich also gefreut, endlich rauszukommen in den Wettkampf, aber im Einzelrennen klebte das Pech weiter an ihm. In einer der schlecht präparierten Abfahrten überschlug er sich, danach lag sein Gewehr in zwei Teilen daneben. Fast wäre er gegen einen Baum geprallt, mit rund 60 Stundenkilometern. Ursache war aber nicht das hohe Tempo, sondern der tiefe Schnee. Der war unten weich, habe aber oben eine tückische, harte Schicht gebildet, wie die Zucker-Kruste auf der französischen Nachspeise. Bei Peiffer brach sie dann an der falschen Stelle ein. Er fädelte in einen Fangzaun ein, hob ab und zog sich zwar nur blaue Flecken zu, aber sein Rennen war, kaum dass es begonnen hatte, schon wieder beendet.

Der Wiederaufbau wird länger dauern

Biathlon ist zwar ein Einzelsport, der Erfolg seiner Protagonisten lebt aber auch von der Gruppe. Und wenn niemand da ist, der die anderen anstachelt, wird es oft schwer. Stürzt dagegen ein Kollege, dann wirkt sich das womöglich auch auf den Optimismus und die Selbstsicherheit der anderen aus, gerade auf das mental anspruchsvolle Schießen.

Peiffer konnte sein Rennen in Östersund also nicht fortsetzen. Seine Teamkollegen Erik Lesser, Benedikt Doll, Simon Schempp und Johannes Kühn dafür schon. Sie stürzten zwar nicht an der kritischen Stelle - wie manche andere - doch sie wirkten beim letzten Schießen fahrig und nervös. "Da haben wir es versemmelt", sagte Doll. Alle fielen zurück, so weit, erzählte Lesser, dass Trainer Mark Kirchner erstmals abends im Hotel lange und eisig geschwiegen habe. Der Reis hätte wohl in jedem Fall trocken geschmeckt, selbst wenn es Soße gegeben hätte.

Der Wiederaufbau wird nun länger dauern. Frauen wie Männer sind auch in Hochfilzen nicht im Skaten, sondern am Schießstand gescheitert und haben solch große Rückstände für die Verfolgungsrennen, dass es nur noch um "Schadensbegrenzung" geht, wie Herrmann zugab. Man werde keinen Aktionismus betreiben, sagte Bernd Eisenbichler, der Sportliche Leiter Biathlon im DSV, fügte aber an: "Wir müssen das sauber analysieren."

Was nicht so leicht wird. Denn Fehler in den vielen kleinen, versteckten, teils unbewussten Handgriffen und Bewegungen beim Schießen kann man nicht mit einem Ruck verbessern. Es hat viel mit innerer Sicherheit zu tun, mit der Intuition für den richtigen Moment des Abzugs. Um die wieder zu finden, braucht man Geduld und Erfolgserlebnisse und manchmal auch kreative Lösungen.

Doch immerhin - sogar für den Trockenreis von Östersund hatte man irgendwann eine Lösung gefunden. Die DSV-Biathleten schütteten einfach etwas Tagessuppe drüber.

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