Biathlon:Herrmann-Wick zum Abschied Sechste - Kirchner hört auf

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Beendete ihr letztes Rennen in Oslo auf Platz sechs: Denise Herrmann-Wick. (Foto: Anders Wiklund/TT News Agency/AP/dpa)

Das Biathlon-Finale wird zum Tag der Abschiede. Nicht nur Denise Herrmann-Wick beendet nach einem Sieg ihre Karriere, auch die Ära von Bundestrainer Mark Kirchner endet. Er hat schon einen Nachfolger.

Thomas Wolfer und Sandra Degenhardt, dpa

Oslo (dpa) - Gerade erst hatte Mark Kirchner mit stockender Stimme das überraschende Ende seiner Bundestrainer-Ära verkündet, da liefen Olympiasiegerin Denise Herrmann-Wick nach dem letzten Zieleinlauf ihrer Karriere auch schon die Tränen übers Gesicht.

An einem so nicht erwarteten Sonntag der Abschiede wurde es beim Saisonfinale für die deutschen Biathletinnen und Biathleten am Holmenkollen hochemotional. Sportlich gab es für Herrmann-Wick als Sechste im Massenstart nichts mehr zu holen, nachdem die 34-Jährige tags zuvor noch sensationell bei ihrem vorletzten Auftritt im Sprint triumphiert hatte.

„Total überwältigend“

„Es ist alles gerade total überwältigend. Dass es vorbei sein soll, geht mir noch gar nicht so richtig in den Kopf“, sagte Herrmann-Wick mit feuchten Augen in der ARD. Direkt hinter der Ziellinie wurde sie von Ehemann Thomas Wick und vielen Weggefährten empfangen. Sie bekam einen Superwoman-Umhang und wurde kurzerhand „Herrminator“ getauft, ehe sie zur Sektdusche ansetzte. „Es war eine emotionale Herausforderung“, sagte Herrmann-Wick, ehe sie sich in einen voraussichtlich langen Partyabend verabschiedete.

Am Tag zuvor erreichte sie zuvor ihr letztes sportliches Ziel. Die Weltmeisterin gewann nicht nur den abschließenden Sprint ihrer Laufbahn, zur Krönung gab es auch noch die kleine Kristallkugel für den Gewinn des Disziplin-Weltcups. „Es ist wirklich der reinste Genuss“, sagte die Sächsin nach einem perfekten Auftritt ohne Schießfehler. „Ich bin unglaublich stolz und froh, dass wir den Tag so genießen können“, sagte Herrmann-Wick. Freunde und Familie hatten sie das ganze Wochenende in Norwegen angefeuert und unterstützt.

Selfie mit König Harald

Sie alle sahen auch, wie sich die ehemalige Langläuferin eine Audienz bei Norwegens König Harald verdient hatte. Nur die Siegerinnen und Sieger dürfen in die Loge auf der Haupttribüne. Herrmann-Wick nutzte die seltene Gelegenheit für ein Selfie, danach wurde sie von Trainern und Betreuern bei einer kleinen Feier jubelnd in die Luft geworfen. Am Sonntag leistete sie sich dann drei Schießfehler und schaffte es kein weiteres Mal auf das Podest. Beim Sieg der Schwedin Hanna Öberg wurde Hanna Kebinger überraschend Vierte.

Nach Jahrzehnten des sportlichen Wettkampfs freut sich Herrmann-Wick auf neue Erfahrungen. „Für mich ist es jetzt auch ein Ziel, mal spontan zu sein, mal flexibel zu sein. Das ist nicht meine größte Stärke. Aber nach so vielen Jahren Strukturiertheit und Durchgeplantheit ist das jetzt auf der Tagesordnung“, sagte sie. 

Auch Kirchner hört auf

Während Herrmann-Wick ihr Karriereende bereits wenige Tage zuvor verkündet hatte, teilte Bundestrainer Kirchner der Mannschaft erst am Samstag mit, dass er nach 13 Jahren als Chef der Männer aufhören wird. Der sonst rationale Thüringer musste dann mit Mühe seine Tränen unterdrücken, als er seinen Rücktritt live vor einem Millionen-Publikum in der ARD öffentlich machte. „Die Arbeit hat mir bis zuletzt viel Freude bereitet. Aber jetzt ist für mich der Zeitpunkt gekommen, um den Weg für neue Impulse freizumachen“, sagte der 52-Jährige.

Eigentlich war erwartet worden, dass er das Team in Richtung Olympia 2026 in Italien führt. Doch das übernimmt nun Kirchners bisheriger Assistent Uros Velepec, der neuer Coach der Herren wird. Der 55-jährige Slowene wird zukünftig gemeinsam mit dem ehemaligen Weltklasse-Langläufer Jens Filbrich (44) das Trainer-Duo bilden. Filbrich soll die Skijäger in den Bereichen Lauftechnik und Athletik voranbringen.

Kirchner, der als Aktiver dreimal Olympiasieger wurde, bleibt dem Deutschen Skiverband erhalten und soll als übergreifender Nachwuchstrainer die strategische Athletenentwicklung koordinieren und intensivieren. „Ich möchte den Koffer in die Ecke stellen, öfter mein eigenes Bett nutzen, nicht mehr 170 Tage im Jahr im Hotel wohnen und unzählige Stunden auf Reisen sein“, sagte Kirchner, der seit 2010 Bundestrainer der Männer war. 

Zur Saison 2018/2019 hatte er auch die Verantwortung für die Frauen übernommen. Unter seiner Führung reiften Athleten wie Arnd Peiffer, Simon Schempp, Erik Lesser und Benedikt Doll zu Olympiasiegern und Weltmeistern. Bei der Heim-Weltmeisterschaft in Oberhof waren die deutschen Männer allerdings das erste Mal seit 1976 in WM-Rennen ohne Medaille geblieben. Auch am Abschluss-Wochenende gab es nichts mehr zu feiern. Doll wurde als bester Deutscher Verfolgungsvierter, Roman Rees im Massenstart 13. Norwegens Superstar Johannes Thingnes Bö gewann alle drei Rennen am Holmenkollen und baute seinen Siegrekord auf 19 Erfolge in einer Saison aus.

© dpa-infocom, dpa:230319-99-11140/4

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