Süddeutsche Zeitung

Biathlon:"Eine Schande"

Die deutschen Biathleten erleben einen guten Samstag in Oberhof, Arnd Peiffer schafft es sogar aufs Podium. Aber Gesprächsthema Nummer eins bleibt der umstrittene Russe Alexander Loginow.

Das Biathlon-Heimspiel in Oberhof hätte so harmonisch sein können. Die deutschen Frauen zeigten sich formverbessert und stellten am Samstag drei der besten Athletinnen. Und bei den Männern belegte Arnd Peiffer sogar Platz zwei. (Siehe eingeblockte Meldung.) Aber im Zentrum stand ein Ausländer: der Russe Alexander Loginow.

Den Makel des Dopingsünders wird er nicht mehr los. Er selbst weiß das am besten, auch wenn er seine unrühmliche Vergangenheit mit der zweijährigen Sperre wegen EPO-Missbrauchs gerne hinter sich lassen würde. "Ich denke nicht mehr daran, ich will nur laufen", sagte der russische Biathlet in Oberhof. Dort feierte der 26-Jährige im Sprint seinen ersten Weltcup-Sieg - und erhitzte wieder die Gemüter.

Denn anders als Loginow wollen und können seine Konkurrenten nicht vergessen. Allen voran Martin Fourcade. Angesprochen auf Loginows Sieg verfinsterte sich die Miene des Dominators der vergangenen Jahre schlagartig. "Für mich ist es eine Schande", klagte der fünfmalige Olympiasieger: "Er hat gewonnen, aber meinen Respekt bekommt er nicht." Dass er mit seinem vierten Rang in der Verfolgung am Samstag direkt vor dem fünftplatzierten Loginow landete, dürfte dem Franzosen nicht einmal mehr besondere Genugtuung verschafft haben. Fourcade gilt als lautester und entschiedenster Kämpfer gegen Doping in der Biathlon-Szene. Und vor allem Loginow ist dem 30-Jährigen seit dessen Dopingsperre ein Dorn im Auge.

Als dieser nur rund zwei Monate nach der abgesessenen Strafe für die WM 2017 in Hochfilzen nominiert wurde, twitterte Fourcade: "Wir dachten nicht, dass es möglich ist. Aber sie haben es getan." Nach dem zweiten Rang mit der französischen Mixed-Staffel verließ Fourcade die Siegerehrung aus Protest vorzeitig. Auf dem Podium standen auch die drittplatzierten Russen - mit Loginow.

Auf eine Öffnung der B-Probe verzichtete der Russe

"Er hat sich nie entschuldigt oder später darüber gesprochen", sagte Fourcade in Oberhof und erneuerte seine Kritik. Loginow schweigt sich über seine Vergangenheit lieber aus. Anfang 2013 dominierte er neben einer gewissen Laura Dahlmeier die Junioren-WM in Obertilliach, holte zweimal Gold und zweimal Bronze. Doch während Dahlmeier zur Königin ihres Sports aufstieg, folgte bei Loginow der tiefe Fall. In einer nur zehn Monate nach den Triumphen in Tirol entnommenen Probe war dem Russen Epo nachgewiesen geworden. Durch neue Testmethoden wurde die verbotene Substanz ein Jahr später entdeckt. Loginow verzichtete auf die Öffnung der B-Probe und wurde vom Weltverband IBU für zwei Jahre bis November 2016 gesperrt.

Seither begleiten ihn die misstrauischen Blicke seiner Konkurrenten. "Auch wenn es schwerfällt, wir müssen damit leben. Ich finde es auch nicht schön", sagte der ehemalige Weltmeister Erik Lesser, einer von vier Athletensprechern, stellte aber auch klar: "Es ist die Maximalstrafe von zwei Jahren ausgesprochen worden. Die hat er abgesessen, jetzt ist er wieder dabei. Wenn keine positive Doping-Probe in der nächsten Zeit kommt, dann müssen wir das einfach so hinnehmen."

Doch genau dies könnte sich noch ändern. Erst Mitte Dezember war Loginow mit vier Teamkollegen und fünf Betreuern ins Visier österreichischer Ermittler geraten. Der Grund: mögliche Dopingverstöße während der WM 2017 - dort, wo Loginow kurz nach seiner abgesessenen Sperre Bronze mit der Mixed-Staffel holte. Der Geschmähte selbst weicht dem leidigen Doping-Thema lieber aus. Auf die Frage, ob er denn um den Respekt seiner Kontrahenten kämpfen müsse, entgegnete Loginow: "Ich beantworte gerne alle Fragen anderer Biathleten von Angesicht zu Angesicht." Ob Fourcade, Lesser und Co. dieser Einladung nachkommen, darf bezweifelt werden.

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SZ vom 13.01.2019 / sid
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