Biathlon:Ein Tag zum Eingraben

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Erschöpft: Denise Herrmann. (Foto: Christian Heilwagen/Imago)

Denise Herrmann erlebt in Oberhof einen Rückschlag im Weltcup. Auch die Männer hadern mit ihrem Abstand zur Weltspitze.

Von Saskia Aleythe, Oberhof/München

Dass dieser Anstieg in Oberhof jetzt eine noch größere Gemeinheit sein musste, war allen klar. Steiler wurde der Birxsteig umgebaut, mit einem längeren Weg nach oben - er würde noch mehr von den Athleten abverlangen auf dieser Runde im Thüringer Wald. Gemeinheiten können Denise Herrmann in der Regel nicht so viel anhaben, jedenfalls nicht auf der Strecke. Manche davon sucht sie sich sogar selber aus: nach Weihnachten zum Beispiel ein Extra-Trainingslager einzulegen, um top vorbereitet für die anstehenden Rennen zu sein. Vor einem Jahr hat sich das ausgezahlt, in Oberhof landete sie damals im Sprint auf Rang zwei, das machte Hoffnungen auf mehr. In diesem Winter zog sie es trotz aller Corona-Querelen zur Sonder-Schicht nach Davos in der Schweiz, gleicher Plan - aber aus der erhofften Aufholjagd im Weltcup wurde beim Auftakt am Freitag nichts.

Mit dem neuen Birxsteig hatte das wenig zu tun, bei Herrmann tummeln sich die Gemeinheiten ja eher am Schießstand und bisweilen in den eigenen Gedanken. Mit zwei Fehlern landete sie am Freitag auf Platz 15, einen Rang hinter der besten Deutschen Franziska Preuß (ein Fehler). Beide hatten gemeinsam, was sie selber am meisten ärgert: Flüchtigkeitsfehler. Vanessa Hinz kam auf Rang 33 (1), Janina Hettich wurde 44. (2), Anna Weidel landete auf Rang 49. (0). Maren Hammerschmidt verpasste als 69. (2) sogar die Verfolgung. Das Fazit von Trainer Kristian Mehringer war dann auch schnell gezogen: "Abhaken."

Körper und Kopf sind gerade keine Einheit, das konnte man aus den Auftritten von Preuß und Herrmann am Schießstand deuten. Preuß hätte fehlerfrei bleiben können, wäre das letzte Projektil nicht deutlich neben der schwarzen Scheibe gelandet. Herrmann hingegen patzte gleich beim ersten Schuss im Stehendanschlag. Ein "Aufmerksamkeitsproblem", wie die 32-jährige Herrmann selber feststellte: "Da muss man einfach bereit sein, und ich war noch nicht bereit."

Herrmanns Ziele für diesen Winter waren hoch, sie hat das selber so formuliert: Die Führung im Gesamtweltcup anzugreifen, das war ihr Plan zum Saisonstart. Als Dritte der Vorsaison kein vermessenes Ziel. Nur spricht die Realität gerade nicht für die Verfolgungs-Weltmeisterin von 2019, nur einen Podiumsplatz in einem Einzelrennen konnte sie bisher feiern. Und die Nerven werden allmählich dünner. Der tiefe Schnee auf der Oberhofer Strecke ließ sie leicht konsterniert zurück, "zum Teil hat man gemeint, hier wurde vor einer Woche zum letzten Mal aufgefahren", sagte sie im ZDF. Mit der sechstbesten Laufzeit waren die Gründe für ihr enttäuschendes Abschneiden allerdings nicht wirklich im Schnee zu suchen.

Wie weit sie in der Weltspitze gerade enteilt sind, demonstrierten erneut die Norweger: Tiril Eckhoff hielt die Zweitplatzierte Hanna Öberg aus Schweden fehlerfrei fast 30 Sekunden von sich fern, bei den Männern siegte Johannes Thingnes Bö (1) vor Bruder Tarjei (0) und Teamkollege Sturla Holm Laegreid (0).

Benedikt Doll wurde als 15. bester Deutscher (1), hatte läuferisch aber über eine Minute Rückstand auf dem Führenden Bö. "Das ist eine richtige Welt", sagte der Deutsche. Philipp Horn (1) wurde 23., Erik Lesser (2) kam als 25. ins Ziel. "Ich bin schon sehr angefressen", sagte Lesser, auch bei ihm hatte sich das große Defizit des Tages bemerkbar gemacht: Vor allem am Schießstand, wo die Besten gerade kaum Fehler machen, hadern die Deutschen. Arnd Peiffer, der zuletzt noch den Massenstart in Hochfilzen gewonnen hatte, schaffte es mit drei Fehlern gerade mal auf Rang 47, Simon Schempp (1) kam als 58. an, er schaffte damit immerhin noch die Verfolgung - im Gegensatz zu Lucas Fratzscher (2) auf Rang 61. Immerhin: Das Mannschaftsbild bei den Deutschen war am Freitag ein einheitliches, am anschaulichsten drückte Maren Hammerschmidt ihre Stimmungslage aus: "Aktuell würde ich mich am liebsten eingraben und erst mal nicht wieder rauskommen."

Fröhliche Deutsche gab es in Oberhof allerdings doch zu beobachten: Dass Lisa Theresa Hauser mit Platz drei ihren ersten Podestplatz in einem Einzelrennen für Österreich feierte, ließ den gebürtigen Thüringer Gerald Hönig schmunzeln. Der ist nach seinem Ausscheiden beim Deutschen Skiverband nun fürs Nachbarland tätig.

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