Süddeutsche Zeitung

Biathlon:Doll entkommt der Falle

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Von Volker Kreisl, Pokljuka/München

Diesmal ging er nicht in die Falle. Benedikt Doll aus Breitnau im Schwarzwald ist grundsätzlich ein schneller Läufer, die gute Kondition war von Anfang an seine Stärke im Biathlon. Nur auf den letzten Metern, also im Sprint, wenn alles auf einmal gelingen soll, die letzten Kräfte mobilisiert werden müssen, aber auch die ideale Spur zum Ziel verteidigt werden muss, da hatte Doll fast nie eine Chance. Also hat er gelernt, er sucht sein Heil nun früher, in der Flucht.

Zweiter wurde Doll am Sonntag beim Massenstart in Pokljuka in Slowenien, es ist sein dritter Podestplatz in diesem Winter, längst ist er im deutschen Team der stabilste Läufer und Schütze. Es war das letzte Rennen der Männer vor der Weltmeisterschaft, die in 18 Tagen im Antholzer Tal in Südtirol beginnt. Und wie bei den Männern, so hat sich auch bei den Frauen in Slowenien kaum einer im internationalen Feld noch als Geheimfavorit aufgedrängt. Vor Doll war der Franzose Quentin Fillon Maillet als Sieger angekommen, dahinter der Norweger Johannes Thingnes Bö, und im Pulk dahinter wiederum der Franzose Martin Fourcade, der elfmaliger Weltmeister ist, zudem gerade Gesamtführender, aber nur, weil Bö zwei Weltcups ausließ, denn er ist kürzlich Vater geworden.

Übliche Podest-Verdächtige versammelten sich auch am Ende des Frauenrennens ganz vorne: Die Schwedin Hanna Öberg gewann vor der Italienerin Lisa Vittozzi, Dritte wurde Anais Bescond aus Frankreich. Eine aber fehlte: Denise Herrmann, die Siegerin auf der Langstrecke im Einzelrennen am Freitag, kam am Ende erst als 15. ins Ziel. Auch sie wollte diesmal nicht in die Falle tappen, aber bei ihr ging die Taktik anders als bei Doll nicht auf.

Doll hängt Fourcade ab

Der Breitnauer hatte sich also schon früh auf der letzten Runde abgesetzt. Sprinten mag er nicht, umso mehr liebt er die langen und unangenehmen Anstiege, von denen es im hügeligen Wald der Pokljuka-Hochebene reichlich gibt, auch auf der Schlussrunde der Biathlon-Schleife. Erst hängte Doll Fourcade ab, dann lief Bö wieder an seine Skienden, worauf Doll wiederum konterte, an einem Kurzanstieg, einem "steilen Schnapper", wie er sagt. Und als es dann auf die Ziellinie ging, da kam im Kampf um Platz zwei keiner mehr an ihm vorbei. Herrmanns Taktik dagegen ging nicht auf. Auch sie ist eine starke Läuferin, hielt sich aber trotz Schießfehlern in der Loipe zurück, blieb bei ihrem Tempo, um am Schießstand die Ruhe zu bewahren, aber es half nichts: Fünf Fehler insgesamt, die Generalprobe misslang.

Deutsche Prognosen für die WM bleiben nun sehr vage. Das Team hat einerseits nur zwei Mitfavoriten um Medaillen, Doll und Herrmann, andererseits haben sich vor allem die Männer zuletzt doch noch stabilisiert. Die Schießleistungen, zu Saisonbeginn in beiden Mannschaften unberechenbar, sind zuletzt präziser geworden. "Ich bin froh, dass wir alle im Team stabil schießen", sagt Doll. Doch auch nach dem letzten Biathlon-Weltcup vor der WM haben die deutschen Frauen nur drei offiziell qualifizierte Frauen in ihren Reihen: Herrmann, Franziska Preuß und Vanessa Hinz. Es muss also ausnahmsweise nachnominiert werden. Eine Rekordausbeute an WM-Medaillen erwartet diesmal niemand.

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SZ vom 27.01.2020
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