Biathlon bei Olympia:Herr Pichler und die schnellen Schweden

Pyeongchang 2018 - Biathlon

Schwedens deutscher Coach Wolfgang Pichler.

(Foto: Michael Kappeler/dpa)
  • Der 20-jährige Schwede Sebastian Samuelsson holt Silber in der Biathlon-Verfolgung.
  • Trainer Wolfgang Pichler führt den Erfolg darauf zurück, dass die Bedingungen denen im schwedischen Östersund ähnelten.
  • Dass Pichler überhaupt nach Pyeongchang reisen konnte, war im Januar gar nicht klar. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hatte ihm die Akkreditierung entzogen.
  • Alle Ergebnisse und den Medaillenspiegel finden Sie hier.

Von Saskia Aleythe, Pyeongchang

Benedikt Doll musste sich zunächst orientieren. Es war noch leer auf der Tribüne für die Pressekonferenz, als Erster war er ins Zelt gekommen, und nun wollte er darüber referieren, wie er auf der Schlussrunde doch noch eingeholt worden war von seinem Konkurrenten aus Schweden. "Jaaaa...", setzte Doll an und zog das Wort ganz lang, dann schaute er nach rechts auf das Namensschild des Zweitplatzierten. Diesen Samuelsson kannte er schon, "aber der Vorname war mir gerade entflogen".

Doll ist kein unhöflicher Mensch, er hatte ja auch gerade Bronze in einem Rennen bei minus zehn Grad gewonnen und musste nun erst wieder zu Kräften und auf Temperatur kommen. Und doch war es eine Szene, die ziemlich deutlich machte: Diese Silbermedaille des Sebastian Samuelsson war eine sehr ungewöhnliche.

Pichler hat schon Magdalena Forsberg trainiert

Das beginnt schon mal damit: Samuelsson ist Schwede und kein Norweger, er ist erst 20 Jahre alt, bestreitet gerade seine erste komplette Weltcupsaison. Seinen ersten Podiumsplatz ergatterte er aber nun bei Olympia. "Ich gucke immer wieder auf den Monitor und die Ergebnisliste", sagte Samuelsson nach seinem Erfolg, fast erschrocken war er über die Ziellinie gehuscht. "Ich werde es erst realisieren, wenn ich meine Medaille habe."

Biathlon - Winter Olympics Day 3

Der Musterschüler: Silbergewinner Sebastian Samuelsson.

(Foto: Franck Fife/AFP)

Noch am Dienstag bei der Übergabe schnappte er ungläubig nach Luft. Er, der 50. im Gesamtweltcup, stand neben Goldgewinner Martin Fourcade, dem Führenden und Olympiasieger. Samuelsson hatte schon eine fröhliche Nacht hinter sich gebracht. Am Morgen danach tauchte sein deutscher Trainer Wolfgang Pichler, 63, im schwedischen Haus auf. Er trug eine pink umrandete Sonnenbrille.

Natürlich ist Samuelsson in der Szene kein Unbekannter, mit einem 23. Platz als bestem Einzelresultat vor Olympia sitzt der Vorname aber eben noch nicht bei jedem. Pichler hat schon Magdalena Forsberg trainiert, die sechsmalige Gesamtweltcupsiegerin, und Anna Carin Olofsson, die 2006 in Turin Olympiasiegerin im Massenstart wurde - es war das erste Olympia-Gold für Schweden seit 46 Jahren.

Und als er vor drei Jahren nach einem Abstecher zu den Russen wieder in Schweden anheuerte, traf er auf diesen flinken 17-Jährigen. "Wir haben gewusst, dass er ein Talent ist, und ihn deshalb schon so jung in die Nationalmannschaft genommen", sagt Pichler, "der war schon richtig gut, er hat im Sprint die drittbeste Zeit gehabt."

Pichler hatte gar keine Akkreditierung

Wenn Skandinavier auf dem Podest stehen, dann sind das in der aktuellen Saison bei den Männern in der Regel Norweger. Doch die haben bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang bisher noch so ihre Probleme. Dass Pichlers Schweden so gut mit den Bedingungen klar kommen, liegt auch an Östersund, wo sie ihre Vorbereitung bestritten haben. "Da sind die Bedingungen so ziemlich die gleichen wie hier", sagt Pichler, das Profil der Strecke ähnle sich und vor allem: "Wind hatten wir da auch."

Und weil Samuelsson ein guter Läufer ist, musste er am Montagabend nur die Sache mit dem Schießen noch in den Griff bekommen. Im Sprint hatte er sich mit zwei Fehlern um die Medaille gebracht und war 14. geworden, nun kam er nach einem Fehler in einer Verfolgergruppe von Martin Fourcade zum letzten Schießen. "Ich habe versucht, in meinem Tempo zu schießen", sagte Samuelsson, womit er gut beraten war: Benedikt Doll ging zwar schon vor ihm wieder auf die Strecke, doch auch der Schwede blieb ohne Fehler - und schnappte sich den Deutschen noch.

Er wolle sich die kinnlangen Haare abschneiden, hatte Samuelsson angekündigt, für den Fall, dass er eine Medaille hole. Eine Idee, die seinem Trainer gar nicht gefällt. "Das ist Schmarrn", knurrte Pichler, "ich weiß ja auch nicht, was sie aushecken, aber mir gefällt das schon. Muss ja nicht jeder gleich aussehen."

Dass Pichler überhaupt nach Pyeongchang reisen konnte, war im Januar gar nicht klar, weil das Internationale Olympische Komitee (IOC) ihm die Akkreditierung entzogen hatte. Drei russische Sportlerinnen, die er von 2011 bis 2014 noch trainiert hatte, waren mit lebenslangen Sperren für Olympia belegt worden. Pichler wehrte sich dagegen, in das Betrugssystem der Russen in Sotschi involviert gewesen zu sein und hatte sich in der Vergangenheit als Anti-Doping-Kämpfer dargestellt. "Ich habe die Sache von den Athleten komplett ferngehalten", sagte er nun, per Anwalt hatte er sich gegen den Beschluss des IOC gewehrt und durfte dann doch nach Südkorea. Wo er bisher eine recht schöne Zeit hat.

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