Biathleten bei Olympia:Auf dem Neuschnee gleiten nur die anderen

Biathleten bei Olympia: Zu viel Schnee: Denise Herrmann in Zhangjiakou.

Zu viel Schnee: Denise Herrmann in Zhangjiakou.

(Foto: Hendrik Schmidt/dpa)

"Sowas von nicht konkurrenzfähig": Weder die deutschen Frauen noch die deutschen Männer kommen in China mit den Bedingungen zurecht.

Von Saskia Aleythe, Zhangjiakou

So richtig ungemütlich wurde es, als das Verfolgungs-Rennen der Frauen bereits absolviert war. Wer nur zwei Minuten stehen blieb in der Interviewzone der Biathlon-Arena in Zhangjiakou, der bekam eine stattliche Schneeschicht ab, der Wind pfiff dazu. Denise Herrmann war gerade 17. geworden, weit weg von dem, was sie eigentlich kann. Und als sie dann vor den Fernsehkameras stand, wurde die Deutsche deutlich: "Ich war mit dem Material sowas von gar nicht konkurrenzfähig", sagte sie. Statt in den Abfahrten aufzuholen auf die Besten, fiel Herrmann zurück.

Die 33-Jährige ist schon viele Rennen in ihrem Leben gelaufen, 149 im Weltcup allein als Biathletin, sie hat ein Gefühl für ihren Körper und das Material. An den nächsten Mikrofonen angekommen, schwächte sie ihre Kritik schon ab, natürlich: Die eigenen Techniker, die immer an den Belägen und den Wachsen feilen, will niemand öffentlich angreifen, "es arbeiten alle jeden Tag hart vom ganzen Team", sagte Herrmann.

Doch dass der Neuschnee die Deutschen vor Probleme gestellt hatte, das merkte man ja nicht nur an Herrmanns Abschneiden, auch im folgenden Rennen der Männer blieben die Athleten hinter ihrem Vermögen zurück. Roman Rees wurde dank seiner Geduld am Schießstand Sechster, Interpretationen zu den Skiern seien nicht seine Aufgabe sagte er, aber auch das: "Es scheint so zu sein, dass wir mit den stumpfen Neuschneebedingungen richtig Probleme haben."

Einmal Erste, einmal 22. - "physiologisch ist das nicht möglich", wundert sich Denise Herrmann

Herrmann konnte man schon nach dem Rennen im Sprint entnehmen, dass ihr nicht plötzlich der Sprit ausgegangen war nach ihrem Olympiasieg im Einzel: Bei ihrer Fahrt zu Gold am vergangenen Montag hatte sie mit der drittschnellsten Laufzeit geglänzt, es waren kalte Bedingungen, ohne frischen Schnee. Dann stiegen die Temperaturen, vier Tage später waren auf der Strecke 14 Konkurrentinnen schneller als sie. "Physiologisch" nicht möglich fand Herrmann das, in so kurzer Zeit so viel zu verlieren, man müsse "Ursachenforschung" betreiben. Von Platz 22 aus ging es für sie in dieses Verfolgungsrennen, der Rückstand auf die Spitze riesig - doch Herrmann lächelte, als sie die Stöcke in den Schnee haute und sich beschleunigte, die ganze Jagd noch vor sich. Der Olympiasieg hat ihr schon Frieden beschert.

Marte Olsbu Röiseland war an diesem Sonntag nun nicht zu schlagen, mit einem Vorsprung von 30,9 Sekunden war sie gestartet, 1:36 Minuten vor Elvira Öberg aus Schweden kam sie ins Ziel, Bronze gewann Tiril Eckhoff, ebenfalls Norwegerin. Bereits vier Olympia-Medaillen hat Röiseland damit bei den Peking-Spielen abgestaubt - im vierten Rennen -, als erste Biathletin bei den gleichen Winterspielen überhaupt. Die 31-Jährige hatte lange den Schießstand verlassen, als ihn Herrmann das letzte Mal an diesem Tag anfuhr. "Ich habe dann gesehen, dass ich Tuchfühlung zu den Top Ten habe", sagte Herrmann später, "dann habe ich einfach das Risiko genommen." Belohnt wurde das nicht, insgesamt drei Strafrunden an diesem Tag waren zu viel für einen Platz ganz vorne. Vanessa Voigt, die Olympia-Debütantin, wurde erneut beste Deutsche: Sie ist keine Risikoschützin, sie trifft dafür sicher. Nur einer von 20 Schuss ging daneben, am Ende Platz zwölf.

Biathleten bei Olympia: In jedem Rennen eine Medaille: Marte Olsbu Röiseland.

In jedem Rennen eine Medaille: Marte Olsbu Röiseland.

(Foto: Joel Marklund/Bildbyran/Imago)

"Dass ich in jedem Rennen jetzt Top 20 gelaufen bin, ist einfach überragend", sagte die 24-Jährige, "aber natürlich sieht man auch, was möglich ist, wenn alles zusammenpasst." Die Aufregung rund um ihre ersten Spiele schlägt schon bei ihr durch, in der Mixed-Staffel machte sie mit zwei Strafrunden schlechte Erfahrungen, dann gab es beinahe Einzel-Bronze, nun merke sie, "dass der Körper nicht ganz so funktioniert, wie der Kopf das will. Es ist ganz schön viel Trubel, es ist ganz schön viel Stress, das alles zu verarbeiten, ist nicht leicht." Ihre Kolleginnen Franziska Preuß und Vanessa Hinz sind schon erfahrener, sie konnten sich im Vergleich zum Sprint ebenfalls steigern - der war aber auch so schlecht wie kein Olympia-Sprint deutscher Biathletinnen zuvor. Preuß kam nun in der Verfolgung mit nur einem Fehler auf Platz 15, genauso viele Plätze hatte sie auch gutgemacht. Hinz holte gleich 34 Ränge auf und wurde 21. (1 Fehler).

Roman Rees war im Verfolgungsrennen am Sonntag bester Deutscher auf Rang sechs

Näher an der Weltspitze dran war Roman Rees, der sich Platz sechs sicherte (1), Johannes Kühn wurde Zwölfter (4) vor Philipp Nawrath (19./7) und Benedikt Doll (32./7). Gold gewann Frankreichs Quentin Fillon Maillet - auch für ihn war es die vierte Medaille im vierten Rennen -, Silber ging an Tarjei Bö aus Norwegen vor dem Russen Eduard Latypow. 2018 war Rees als Ersatzmann bei Olympia dabei, nun erfüllte er sich mit dem guten Verfolgungsrennen eines seiner persönlichen Ziele. Ein anderes ist allerdings noch offen, betrifft: das Staffelrennen am Dienstag. "Das Ziel ist, eine Medaille zu machen, ganz ehrlich. Ich bin optimistisch, dass wir, wenn wir gut arbeiten, das auch schaffen können", sagte der 28-Jährige. Vorausgesetzt, dass die Skier dann wieder besser gleiten.

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