Biathlet Michael Greis:"Ich war wie Pudding"

Vor einem Jahr stand Olympiasieger Michael Greis kurz vor dem Rücktritt, doch er läuft und schießt immer noch: Im Interview kurz vor dem Saisonstart spricht Greis über seine Selbstzweifel, den Weltcup als "Casting-Show" und die neue Perspektive als alternder Biathlet.

Von Volker Kreisl

Michael Greis

"Der Blickwinkel ist erweitert": Biathlet Michael Greis.

(Foto: dpa)

Einer niederschmetternden Saison folgte die vielleicht wichtigste Vorbereitung seiner Karriere, aber nun sagt Michael Greis, es gehe ihm gut. Der 36-Jährige hat das volle Programm des Sommer- und Herbsttrainings absolviert, hat einen kleinen Schnupfen überstanden und startet am heutigen Mittwoch um 17.30 entspannt in seine dreizehnte Weltcup-Saison.

Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung äußert er sich über die Rückschläge des vergangenen Winters, seine Selbstzweifel, die Entscheidung, es doch noch einmal zu versuchen und seine neue Perspektive: "Der Blickwinkel ist erweitert." Greis ist 36, er hat seine Motivation verändert: "Früher habe ich mich stärker mit meiner Konkurrenz verglichen und daraus Rückschlüsse gezogen. Als erstes kommt jetzt mein Gefühl. Auch wenn ich nur 25. werde, weiß ich, das ist mein Leistungsstand, und damit kann ich weiterarbeiten."

Dass sein Sport immer mehr Show-Charakter bekommt sieht er mit entsprechender Distanz: "Es ist eben eine Unterhaltungssendung wie eine dieser Casting-Shows." Die klassische Motivation im Leistungssport, nämlich der Sieg, steht für Greis nicht mehr an erster Stelle: "Als ich über den Rücktritt nachgedacht hatte, war das Training entscheidend", sagt er. "Das war mir wichtiger als die Hoffnung, oben auf dem Treppchen zu stehen und zu sagen: Ich bin der Beste."

Die Erkenntnis reifte auch wegen der Enttäuschungen des vergangenen Winters. Greis war mit klassischem Ehrgeiz an seine Grenzen gestoßen. Er war nach seiner Sprunggelenksoperation zu früh in den Weltcup eingestiegen und dann in ein rätselhaftes Formtief geraten: "Ich war wie Pudding", erzählt er. "Ich hatte keine Spannung, nix ging nach vorne. Wenn du in Form bist, kannst du dich quälen und es tut nicht weh, weil du weißt, du kommst in eine Euphorie rein."

Im Rennen im Januar in Antholz habe er dagegen nur noch gedacht: "Du bist zu langsam, du bist zu langsam - und dann frisst du dich fest. Ich hab' mich ein paar Wochen leer gefühlt. Wenn ich trainiert habe, ging nix, wenn ich nicht trainiert habe, bekam ich ein schlechtes Gewissen." Ein völliger Neustart brachte ihn zurück. Viel hat er verändert und sich nun gegen eine zehn Jahre jüngere Generation im Weltcup-Team durchgesetzt. Er sagt: "Ich habe die komfortable Rolle des Jokers." Ob Greis seine Karriere noch bis zu den Olympischen Spielen in Sotschi 2014 fortsetzt, hängt allein von der Form und seinem eigenen Gefühl ab, Olympia allein reizt ihn nicht mehr: "Da bin ich geheilt."

Das vollständige Interview lesen Sie in der Mittwochausgabe der Süddeutschen Zeitung oder auf Ihrem iPad und Windows 8.

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