Bewerbung für Olympia 2024:Hamburg und Berlin rätseln über Wahlverfahren

Bewerbung für Olympia 2024: Berlin oder Hamburg? Eine Stadt geht wohl ins Rennen um Olympia 2024.

Berlin oder Hamburg? Eine Stadt geht wohl ins Rennen um Olympia 2024.

(Foto: Maurizio Gambarini/dpa)
  • Das Präsidium des Deutschen Olympischen Sportbundes entscheidet, welche Stadt sich für Olympia 2024 bewerben soll.
  • Doch sind einige der zehn Mitglieder befangen? Welche Kriterien gelten? Transparency Deutschland fordert Aufklärung.

Von Johannes Aumüller und Thomas Kistner, Frankfurt

In knapp vier Wochen steht die aus nationaler Sicht wichtigste sportpolitische Wahl des Jahres an. Dann soll die Frage geklärt werden, ob sich Deutschland mit Berlin oder Hamburg für die Olympischen Sommerspiele 2024 bewirbt. Doch obwohl bis dahin nur noch wenig Zeit ist, rätseln selbst unmittelbar Beteiligte noch über das konkrete Verfahren - und bemängeln Unklarheiten im Vorgehen und in den Vorgaben des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB).

Als entscheidendes Datum gilt allgemein der 16. März. Dann kommt das Präsidium des DOSB zu einer Sitzung zusammen, berät sich noch einmal mit einigen Experten und verkündet anschließend seinen Vorschlag; dieses Votum soll dann fünf Tage später eine außerordentliche Mitgliederversammlung in Frankfurt nur noch absegnen. Allerdings ist noch unklar, welche Mitglieder des Präsidiums formal überhaupt abstimmungsberechtigt sind.

Aktuell umfasst das Gremium zehn Personen. Thomas Bach, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), votiert sicher nicht mit, verbleiben also noch neun. In einem der SZ vorliegenden Brief von Sylvia Schenk, Sport-Expertin von Transparency Deutschland, an den DOSB heißt es zu möglichen Interessenskonflikten von Einzelpersonen: "Es ist zu prüfen, ob Wohn- und/oder Arbeitsort in einer der beiden Städte eine Teilnahme an den Beratungen und der Abstimmung ausschließt."

Es gibt in der Tat diverse Mitglieder des DOSB-Präsidiums, denen eine mehr oder weniger große Nähe zu einem der beiden Kandidaten attestiert werden kann. Gudrun Doll-Tepper etwa, Vizepräsidentin für Bildung, sitzt im Präsidium des Landessportbundes Berlin. Der frühere Judo-Olympiasieger und jetzige Leistungssport-Vertreter Ole Bischof wohnt in Hamburg, Finanz-Vize Stephan Abel wiederum ist kürzlich nach Berlin umgezogen.

"Wenn wir ganz scharfe Kriterien anwenden, bleiben am Ende nur noch vier Leute übrig", spottet ein Verbandspräsident. Der DOSB teilt mit, dass er das Thema erst bei einer Präsidiumssitzung am 10. März abschließend klären möchte. Vermutlich läuft es darauf hinaus, dass der Wohnort nicht als ausreichend für die Befangenheit eines Präsidiums-Mitglieds gilt.

Wer ist befangen und wer nicht: Für manche Beobachter wirkt alleine die Tatsache befremdlich, dass kurz vor der Kandidatenkür in dieser Frage noch nichts entschieden ist. Ebenso monieren sie, dass auch die inhaltliche Grundlage für das Votum noch immer nicht klar kommuniziert ist. In dieser Woche endete eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa, in beiden Städten wurden je 1500 Bürger nach ihrer Zustimmung zu den Spielen befragt. Die Bedeutung dieser Umfrage stufen DOSB-Verantwortliche mal als sehr stark, mal als nicht ganz so stark ein.

"Wir brauchen eine öffentlich nachvollziehbare Debatte"

Daneben sollen auch noch andere Kriterien wie Nachhaltigkeit oder Sportstättenbau zählen. Welche das konkret sind und vor allem welche wie stark zählen, ist aber unklar. Ein Sprecher des Sportdachverbandes teilt mit, dass auf der Grundlage eines 13 Themenfeldern umfassenden Fragenkatalogs, den beide Bewerber im Herbst schon einmal beantwortet hätten, auf der kommenden Präsidiumssitzung noch einmal ein Kriterienkatalog erarbeitet würde.

Kritiker monieren daher mangelnde Transparenz. "Wir brauchen eine öffentlich nachvollziehbare Debatte, was bewertet wird und warum wie entschieden wird", sagt Transparency-Expertin Schenk der SZ. "Was wird höher bewertet, die Hotels, die Infrastruktur, die Internationalität einer Stadt? Soll eine Hansestadt für Deutschland stehen, soll es eine Stadt sein, die bei allen Problemen für den Ost-West-Ausgleich steht? All das sind Fragen, die breit und deutschlandweit diskutiert werden müssen. Warum findet dazu keine öffentliche Debatte statt?"

Diskussionen gibt es auch über die Bedeutung der außerordentlichen Mitgliederversammlung am 21. März. Die bisher veröffentlichte Tagesordnung deutet darauf hin, dass sich dort nur noch ein Kandidat präsentieren kann - die vom Präsidium bereits vorgeschlagene Stadt. Mancherorts wird dies mit Blick auf gängige demokratische Gepflogenheiten kritisch gesehen. Ein DOSB-Sprecher sagt, dass sich die Tagesordnung auf Antrag ändern ließe. Jedoch hätten beide Städte erklärt, dass sie das Votum des Präsidiums am 16. März akzeptieren würden.

Eine Vertreterin der Stadt Hamburg bestätigte diese Aussage. Der stellvertretende Sprecher des Berliner Senates, Bernhard Schodrowski, teilt indes mit: "Die Stadt Berlin arbeitet bei all ihren Olympia-Aktivitäten auf eine Entscheidung des DOSB bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung am 21. März hin."

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